So jagt die Bahn Bayernticket-Betrüger

Seit dem Tarifwechsel der Bahn am Sonntag hat sich bei den Tickets einiges geändert. Für Bayernticket-Fahrer heißt das: Alle Mitfahrer müssen jetzt ihren Namen auf das Ticket schreiben. Dazu gibt es eine Kampagne.
von  Eva von Steinburg
Reisende buchen an einem Automaten der Deutschen Bahn eine Zugfahrkarte.
Reisende buchen an einem Automaten der Deutschen Bahn eine Zugfahrkarte. © dpa

 Alle Mitfahrer müssen jetzt ihren Namen aufs Ticket schreiben. Dazu gibt es eine Kampagne.

München - Früher hießen sie „Taxifahrer“. Inzwischen nennt man sie „Schlepper“, was schon härter klingt. Im bahninternen Jargon sind das betrügerische Bahnfahrer, die ihr Bayern-Ticket illegal zum Geldverdienen nutzen. „Hier gibt es ein geschäftsmäßiges Täuschen der Bahn.

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Wir möchten diesen Sumpf austrocknen“, sagt Bernd Honerkamp, Bayern-Sprecher der Deutschen Bahn (AZ berichtete). Die Strategie: Bahn-Mitarbeiter waren und sind im roten Anorak und mit einer knalligen DB-Umhängetasche unterwegs. Vor vielen Fahrkartenautomaten am Hauptbahnhof verteilen die Zweierteams „Ehrlich fährt am längsten“-Flyer. Sie informieren die Reisenden, dass es beim Bayern-Ticket immer mehr Betrug gibt.

„Eine spontane Gruppe aus Unbekannten fährt nur dann legal mit dem Bayern-Ticket, wenn sie ein frisches, jungfräuliches Ticket hat“, erklärt Bahn-Sprecher Honerkamp. „Beim Bayern-Ticket ist ein Austausch der Mitfahrer nicht zulässig“, steht auf dem Flyer, den Anna-Lena Zaschke (19), Medizin-Studentin in München, gerade mit ernster Miene überfliegt. „Ich hatte auch schon so ein Angebot, aber die Sache erschien mir nicht ganz koscher“, sagt sie der Bahn-Mitarbeiterin Gabriele Mathes (57).

Fahrgast Amelie Rusche (23), die in Passau studiert und auf ihren Zug wartet, berichtet, auch sie sei schon von Männern angesprochen worden, „die angeboten haben, dass wir auf ihr Ticket mitfahren. Aber, nee, wir suchen uns dafür lieber andere Studenten.“ „Nach Passau?“, will eine Frau von den Wartenden wissen. Der Zug fährt um 15.24 Uhr von Gleis 24 ab.

Prinzipiell ist es ihr erlaubt, für diese Fahrt eine Gruppe zu suchen. So können bis zu fünf Bahnfahrer Geld sparen – und um einiges preiswerter durch den Freistaat fahren. Junge Leute verabreden sich deshalb über Facebook zum Bayern-Ticket-Sharing. Auf der sicheren Seite fährt aber nur, wer ein Bayern-Ticket gemeinsam mit dem Anbieter am Automaten zieht oder die Kaufzeit genau überprüft. „Jedes Ticket, das älter als zwei Stunden ist, sollte man ablehnen“, rät DB-Mitarbeiterin Gabriele Mathes.

Wenn auffliegt, dass Mitfahrer ausgetauscht worden sind, gilt das als Fahren ohne Fahrkarte. Die gutgläubigen Mitfahrer der professionellen Schlepper zahlen dann ein Bußgeld von 40 Euro für Fahren ohne Fahrkarte. Kommt wegen des Verdachts auf Betrug die Bundespolizei ins Spiel, muss die Reise mitunter unterbrochen werden. Als hauptberufliche Bahnfahrer verdienen die so genannten Schlepper mehr als 100 Euro am Tag.

Mit ihrem ganztags gültigen Bayern-Ticket pendeln sie ab 9 Uhr morgens vor allem zwischen den bayerischen Knotenpunkten Würzburg, Nürnberg, Regensburg, München und Augsburg. Von jedem neuen Mitfahrer kassieren sie im Schnitt acht Euro. Der Bahn entsteht dadurch in Bayern jährlich ein Schaden zwischen 500000 und 1,5 Millionen Euro. 

35 bis 50 Betrüger sollen aktuell zwischen den wichtigsten bayerischen Bahnhöfen unterwegs sein. Neu seit dem Tarifwechsel der Bahn gestern ist: Ab sofort müssen erstmals alle Mitfahrer ihren Namen auf das Bayern-Ticket schreiben. Das Betrugs-Problem sollte damit eigentlich gelöst sein. Doch die DB-Mitarbeiter, die am Hauptbahnhof für mehr Ehrlichkeit beim Bahnfahren werben, sind da allerdings ziemlich skeptisch: „Schon mal etwas von Kugelschreibern mit Tinte zum Wegradieren gehört?“

 

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