Interview

So hat Alt-OB Ude den Nockherberg erlebt

Alt-OB Christian Ude hat den Abend nur mäßig begeistert verfolgt. Hier spricht er über einen ganz persönlichen Nockherberg 2021 - und darüber, was in diesen Zeiten fehlt.
von  Felix Müller
Christian Ude allein daheim: So war das am Freitagabend bei der Nockherberg-Übertragung. Nur der AZ-Fotograf schaute kurz vorbei.
Christian Ude allein daheim: So war das am Freitagabend bei der Nockherberg-Übertragung. Nur der AZ-Fotograf schaute kurz vorbei. © Sigi Müller

München - Er genoss das Spektakel jahrzehntelang in der ersten Reihe, wurde gedoubelt und derbleckt. Am Freitag saß Christian Ude alleine in Hausschuhen daheim vor dem Fernseher. Ohne Uli Bauer. Ohne Fernsehkameras. Ein Gespräch über einen Nockherberg-Abend, wie ihn der Alt-OB noch nicht erlebt hat.

Christian Ude: "Es war ein einziger Aufschrei"

AZ: Herr Ude, einen Saal ohne Publikum, aber auf der Bühne geht die Post ab - so hat es der BR vorab versprochen. Maxi Schafroth war dann aber recht brav, oder?
CHRISTIAN UDE: Es war ein einziger Aufschrei. Ohne Publikum geht es nicht. Es gibt Veranstaltungen, die halt nicht nur vom Wortlaut der Reden und Einfällen wie beim Singspiel leben, sondern auch vom Publikum, das die Stimmung mitträgt. Und die Lebendigkeit der Veranstaltung garantiert. Das hat schmerzhaft gefehlt.

War die Sendung zu lang?
Der BR muss doch gewusst haben, wie lange das dauert. Da noch eine halbe Stunde Vorprogramm zu machen, das den Reiz einer Eröffnung der Messe mit protokollarischen Pflichtübungen hat, das war eine strapaziöse halbe Stunde. Das hat mich erinnert an Kinoabende, an denen ein Dokumentarfilm kein Ende nehmen will. Ich bin gespannt, wie viele Menschen der BR in dieser halben Stunde verloren wurden.

Christian Ude: "...dann wurde es ein wenig moralinsauer"

Was war noch am lustigsten?
Ich fand die Rede hatte sehr unterschiedliche Elemente. Die musikalisch untermalten Phasen fand ich noch am gelungensten. Und manchmal hat er wirklich geredet, als würde er die Plattform nutzen, um wertvolle Sätze von sich zu geben. Dann wurde es ein wenig moralinsauer.

Wie schmerzhaft ist es als SPD-Mann, dass in so einer langen Rede Dieter Reiter und die Landtags-SPD nur ganz, ganz am Rande aufschimmern?
Das war wie im wirklichen Leben. Das kann man dem Maxi Schafroth nicht vorwerfen. Das ist ja bei der Zeitungslektüre oder im sonstigen Fernsehprogramm auch nicht sehr viel anders.

Christian Ude: "Ich habe schon ein Bier dazu getrunken"

Die Politiker hatten für die Übertragung allein im Büro oder im Wohnzimmer Brotzeit und Bierkrüge platziert. Fanden Sie das zünftig - oder eher gewollt und peinlich?
Gelungen war das nicht. Das hat sowas Bemühtes. Wie Oktoberfest in amerikanischen Hotels. Da soll dann eine weiß-blaue Tischdecke bayerische Atmosphäre schaffen. Auf der anderen Seite ist es halt wahnsinnig schwer, in Zoom-Konferenzen ist die Stimmung auch nie wie bei einer geselligen Zusammenkunft.

Wie war's im Hause Ude? Weißwein statt Starkbier? Katzen auf der Couch statt Anstoßen mit den Großkopferten?
Ich habe schon ein Bier dazu getrunken, weil es dazu gehört. Ich habe aber keinen Paulaner-Krug in der Wohnung gefunden.

Ist der Nockherberg vielleicht gar nicht so wichtig, wie man immer dachte?
Er war eine Zusammenkunft, die die Starkbierzeit wirklich eröffnet. Da komme ich zur ersten Bemerkung zurück. Dieses Mal war es ein einziger Aufschrei. Der Abend hat gezeigt, was fehlt, wenn Menschen nicht mehr zusammenkommen.

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