So engagiert sich die Stadt gegen häusliche Gewalt

München - Angela R. (Name geändert) ist nicht der Typ, den man sich normalerweise als Opfer vorstellt. Als Führungskraft in der Stadtverwaltung hat sie etwa 30 Leute unter sich, die Mitte 40-Jährige erzieht ihre Kinder alleine, das Scheidungsverfahren gegen ihren Mann läuft. Doch der will nicht locker lassen, bedroht sie und ihre Kinder. Sie zieht um, er stellt ihr nach – immer wieder.
Fälle wie diese hat Susanne Henke von der Zentralen Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung der Stadt oft erlebt. Angela R. vermittelte sie Hilfsangebote, zog die Polizei hinzu. „Was es nicht gab, war die Möglichkeit, von der Dienststelle zu helfen“, sagt Henke.
Das hat sich jetzt geändert. Seit gestern gibt es für Stadtangestellte eine Beschwerdestelle für häusliche Gewalt.
Betroffene, die von ihrem aktuellen oder Ex-Partner bedroht oder misshandelt werden, können sich während ihrer Arbeitszeit an Henke und ihre Kollegen, zwei Juristen, wenden (Tel. 233 26 44 8). Dort wird geschaut, welche Hilfsangebote den Betroffenen nützen könnten – und wie die Stadt als Arbeitgeber helfen kann. Etwa, indem die Betroffene an einen anderen Dienstort versetzt wird, damit der Peiniger ihr nicht mehr so einfach auflauern kann: „Eine Kindergärtnerin können wir beispielsweise mehrere Kilometer weiter in einer anderen Kita einsetzen“, sagt Henke. Andere Möglichkeiten sind eine neue Telefonnummer oder ein Hausverbot für den Peiniger.
Dass die Stadt das Angebot für notwendig hält, hat einen traurigen Grund: 2013 wurden bei der Münchner Polizei mehr als 3500 Fälle häuslicher Gewalt angezeigt. Jede vierte Frau wird in Deutschland in ihrem Leben Opfer von häuslicher Gewalt, schätzt das Familienministerium. „Ich halte das für ziemlich alarmierend“, sagt Personalreferent Thomas Böhle.
Rechnet man die Bundeszahlen auf die 18 000 weiblichen städtischen Beschäftigten um, hieße das: 4500 Frauen sind gefährdet. Aber zu einem kleineren Anteil auch Männer.
Einem Arbeitgeber kann das nicht egal sein, glaubt Böhle: „Natürlich leiden die Betroffenen auch im Beruf, die nehmen das mit auf die Dienststelle.“ Wer Angst hat, kann nicht gut arbeiten.
Die Stadt hofft, dass Betroffene durch die Beratungsstelle den Mut finden, sich Hilfe zu holen – oder Kollegen aufmerksam werden, dass etwas nicht stimmt und sich melden.