Singspiel-Autor im AZ-Interview: Völlig losgelöst
MÜNCHEN - Singspiel-Autor Alfons Biedermann bricht mit alten Traditionen auf dem Nockherberg und derbleckt mit einer Castingshow à la Dieter Bohlen KT zu Guttenberg, Seehofer und Ude . Mit Video.
AZ: Herr Biedermann, wie oft haben Sie das Buch schon umgeschrieben?
ALFONS BIEDERMANN: Ich schreibe noch und möchte es mir bis zum Schluss offen halten, tagesaktuelle Gags einzubauen. Das passt auch ins Konzept.
Wie sieht das aus?
Ich wollte einen Sinn haben, warum die Politiker-Doubles singen. Das Singspiel wird deshalb eine Castingshow, in der die Politiker sich vor einer Jury als Superpolitiker beweisen müssen. Ich wollte eine moderne Show, kein Kulissentheater. Zusammen mit Martin Lingnau und Heiko Wohlgemuth haben wir Songs komponiert, die auf jeden Politikercharakter zugeschnitten sind. Und natürlich gibt es auch eine Dieter Bohlen-Figur.
Ein großer Schnitt im Vergleich zu den vorherigen Jahren. Warum machen Sie das?
Die Show soll bei vielen ankommen und auch jüngere Menschen dazu bringen, das Singspiel zu schauen. Was da entsteht, würde – denke ich – auch Bully gefallen. Es ist völlig losgelöst von dem was meine Vorgänger gemacht haben. Ich hoffe natürlich, dass es funktioniert.
Sie haben Zweifel?
Ungewissheit gibt es immer. Ich habe gemacht, was ich für richtig halte, auch wenn es immer Leute gibt, die einem in die Suppe rein quatschen wollen. Das war schon so, als ich mit Bully Herbig zum Beispiel den Schuh des Manitu entwickelt habe. Man darf sich davon nicht beirren lassen.
Hat Ihnen Paulaner reingequatscht?
Eine Anspielung auf den Zensurvorwurf? Nein, hat Paulaner nicht. Ich schätze die Zusammenarbeit mit Paulaner sehr.
Haben Sie ein Lieblingsopfer unter den Politikern?
Viele. Mein absoluter Favorit ist Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mächtigste Frau der Welt. Auch zu Guttenberg hat einen Auftritt, wo sich der echte Freiherr im Publikum vor Lachen hoffentlich wegschmeißt.
KT, der Castingstar?
Logo. Die Frauen fliegen auf ihn, in dem Moment, wo er die Bühne betritt. Er sieht so gut aus, dass es egal ist, was für schlechte Nachrichten es über ihn gibt.
Über Guido Westerwelle gibt es derzeit auch eine Menge Nachrichten.
Auch einer meiner Favoriten. Er wollte immer an die Macht, schießt aber nun über sein Ziel hinaus. Wie ein Spätpubertierender, er will ständig Aufmerksamkeit und versucht etwas verkrampft, staatsmännisch zu wirken. Es war mir wichtig, zu zeigen, wie die Politiker als Menschen funktionieren.
Statt Uli Bauer wird heuer André Hartmann Ude spielen...
Hartmann passt sehr gut in die Nummer. Er ist jung und spritzig. Er wird als OB Ude in seiner letzten Amtszeit nochmal richtig Vollgas geben.
Wie wichtig ist Respekt beim Singspiel?
Total wichtig. Für mich liegt der Reiz beim Austeilen darin, dass man sich amüsieren kann, ohne verbittert zu sein. Wenn man in Macken rumstochert, muss das mit einem Augenzwinkern sein, man darf niemanden unter der Gürtellinie angreifen. Das ist schwer, weil mich auch politische Umstände nerven. Aber ich versuche charmant zu bleiben. Musik schafft ohne Umwege eine gute Stimmung, selbst wenn das Lied einen unguten Hintergrund hat. Die Politiker stellen sich durch ihre persönliche Art dann von alleine bloß.
Haben Sie da ein Vorbild?
Bruno Jonas als Barnabas. Er hat Böses gesagt, aber mit viel Charme und ohne erhobenen Zeigefinger.
Welches Thema eignet sich nicht für das Singspiel?
Es eignet sich alles. Auch Afghanistan. Das kennt jeder. Außerdem sieht man da, dass Guttenberg der Shootingstar in Schwierigkeiten gerät. Es ist die politische Elite des Landes, da kann man nicht Romantic Comedy machen.
Das Singspiel wird erstmals live übertragen. Ihr Tipp an die Politiker, damit sie bis zum Ende die Fassung wahren:
Sich zurücklehnen, die Musik genießen und über sich selber lachen. Int: A. K. Koophamel