Silvester: Drei Tage Ausnahmezustand für einen Münchner Pyrotechniker
München - "So wie beim Polt soll's halt ned sein", findet Peter Ruppert (62). Er ist Pyrotechniker und verkauft seit den 70ern seine Raketen und Kracher. Seinen Laden "Himmelsschreiber" hat er in Unterhaching. Jetzt darf er bis Samstag wieder Kracher, Raketen und Vulkane verkaufen.
Münchner Pyrotechniker: Peter Ruppert hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht
Mit Polt meint er den Sketch, als der zu Silvester eine Rakete nach der anderen abfeuert, dann noch einen Kanonenschlag hinterher schickt und wieder in die Wohnung zurückkehrt; ohne auch nur einmal in den Himmel zu schauen und dann erleichtert sagt: "So, dann ham mer des aa!"
Feuerwerk ist für Ruppert Leidenschaft, das merkt man, wenn er erzählt, wie er als Kind die ersten Kracher beim Nachbarskiosk in Schwabing vom wenigen Taschengeld gekauft hat oder von einem Film mit Robert De Niro schwärmt. "Die Musik von Ennio Morricone mit einem Feuerwerk, da kann ich schon mal ein Tränchen verdrücken", sagt der 62-Jährige.
Feuerwerk ist für Ruppert ebenso Beruf, er verdient sein Geld damit. Auch der Sohn arbeitet im Familienbetrieb als Pyrotechniker. Feuerwerke für Hochzeiten, Volksfeste, Pyrotechnik für Fernsehshows – sein Geschäft macht er nicht nur die Tage um Silvester. Das sei aber mit Abstand die Haupteinnahmequelle.
Das Verkaufsverbot habe die Branche hart getroffen. Ruppert weiß das von sich selbst, aber auch von Kollegen deutschlandweit. Man kennt sich im Metier, ist befreundet. Ruppert ist außerdem Mitglied im VPI, dem Verband der pyrotechnischen Industrie.

Argumente gegen Feuerwerk? "Hexenjagd begann vor mehreren Jahren"
Aber nicht erst mit der Pandemie sei das Geschäft schwierig geworden. "Die Hexenjagd begann schon vor mehreren Jahren", sagt Ruppert. Das Wort benutzt er häufig. Umweltschutz, Tierwohl, Feinstaub – alles werde verwendet, um gegen Feuerwerk zu argumentieren. Das stört ihn und er hält dagegen.
"Überall geistern irgendwelche Zahlen durch die Medien, wie viel Feinstaub wir an Silvester in die Luft blasen. Die Zahlen sind oft falsch, halten sich aber in den Köpfen", so der Unternehmer. Dabei trage die Schießerei nur zu einem Prozent zur jährlichen Feinstaub-Emission in Deutschland bei. Davon geht auch das Umweltbundesamt aus.
"Was aber zum Beispiel beim Grillen rausgeblasen wird, das interessiert wieder keinen mehr", findet Ruppert. Er verteidigt Feuerwerk vehement, findet aber auch: "Schneller, höher weiter – das ist ein Schmarrn. Lieber ein bisschen weniger und dafür das Ganze mehr würdigen. Eben nicht so wie beim Polt. Und wenn ich nicht wenigstens einmal im Jahr ein Feuerwerk genießen kann, ja, was wollen wir denn dann noch alles verbieten", sagt er.
Feuerwerk gehört für ihn zu Silvester. Ohne sei möglich, aber eben nix Richtiges. "Ich kann mir zu Weihnachten auch ein Holzbrett mit Kugeln dran in die Wohnung stellen, statt einem Baum. Kann ich, ist aber halt ein Schmarrn, weil es nicht das Gleiche ist!"
Verpackungsmüll werde in der Brache seit Jahren reduziert. Laut VPI sind die Schutzkappen für Zündschnüre seit 2022 aus Altpapier gefertigt. Freilich sei es viel Müll, der anfällt. Aber das Problem seien hier vor allem die Menschen selbst.
Ruppert ärgert sich über Leute, die ihren Müll liegenlassen
"Viel ist aus Papier und Holz, aber zu Neujahr liegen überall Flaschen und Verpackungen. Ich verstehe nicht, warum das die Leute nicht einfach selber wieder mitnehmen", sagt Ruppert. Das ärgert ihn, weil es auf seine Branche zurückfällt.
Ein weiterer Teil der "Hexenjagd" sei laut Ruppert das Thema Tierwohl. "Es ist ja wohl klar: Wenn ich weiß, der Nachbar hat einen Hund, schmeiße ich ihm keinen Böller in den Garten. Man muss Rücksicht nehmen. Aber dass reihenweise Tiere traumatisiert werden, halte ich für Schmarrn. Was ist denn dann beispielsweise bei einem Gewitter", sagt der 62-Jährige. Dann betont er wieder: Silvester ist nur einmal im Jahr.
Seine Argumente unterfüttert er mit Zahlen, zieht Studien der VPI aus einem Ordner, verteidigt seine Leidenschaft. Feuerwerk liegt ihm am Herzen, das merkt man daran, wie seine Gesichtszüge offener werden, mit jedem Satz, der von Feuerwerk handelt.
"Sowas kann ein Feuerwerk niemals ersetzen"
Eine Lasershow als umweltfreundlichen Ersatz für ein Feuerwerk – davon hält Ruppert auch wenig. "Sowas kann ein Feuerwerk niemals ersetzen. Außerdem braucht es eine Nebelwand, damit man die Laser sehen kann. Die werden dann mit Dieselgeneratoren betrieben. Das ist dann auch wieder nicht nachhaltig. Das regt mich wirklich auf", sagt er.
Und wie steht er zu städtisch organisierten Feuerwerken für die Allgemeinheit, statt einzelnen Feuerwerken in jedem Garten? Ruppert: "Die Idee finde ich nicht schlecht. Das Problem: Das muss von einem Feuerwerker durchgeführt werden. Und wenn jede Gemeinde ein Feuerwerk möchte, ist das personell schon gar nicht leistbar."
Und nur an wenigen Orten ein besonders großes Feuerwerk abzuschießen, funktioniere auch nicht: "Die Leute wollen doch Silvester nicht erst irgendwo eine halbe Stunde hinfahren wegen 20 Minuten und dann wieder heim", sagt Ruppert. Dass er seine Raketen und Kracher nur an drei Tagen im Jahr in seinem Laden verkaufen kann, findet Ruppert völlig in Ordnung. Ein ganzjähriger Verkauf, wie zum Beispiel in Österreich erlaubt, wäre nichts für ihn. "Da bin ich schlicht dagegen. Ich könnte zwar mehr Umsatz generieren, aber dann ist es ja nichts Besonderes mehr", findet der Feuerwerker.

Illegale Böller: "Die sind brandgefährlich bis tödlich!"
Auch eine Abgabe von sogenannten F2 Feuerwerken, also Kleinfeuerwerke an unter 18-Jährige findet Ruppert nicht gut. Beim Thema Alkohol und Feuerwerk sagt Ruppert nur: "Dummheit stirbt halt nie aus!" Wer stark alkoholisiert sei, solle nicht mit Sprengstoff hantieren. Punkt.
Eine große Gefahr stellen für Ruppert aber auch illegale und/oder ungeprüfte Feuerwerkskörper dar. "Die sind brandgefährlich bis tödlich. Da würde ein jeder Profi die Finger davon lassen." Was ihn daran besonders ärgert: "Dann passiert irgendwo in Castrop-Rauxel ein Unfall mit einem illegalen Böller, die Medien stürzen sich darauf und das fällt dann wieder auf unsere Branche zurück."
Feuerwerk ist Rupperts Leben. Und das verteidigt er. Nicht nur, weil er bei einem tollen Feuerwerk sogar mal ein Tränchen verdrückt, sondern weil es ihm wichtig ist, Tradition zu bewahren. "Wir bringen Licht in der dunklen Zeit. Das geht auf die Raunächte zurück. Und etwas, was es schon so lange gibt, kann ja so schlecht nicht sein", findet er. Freude sei sein Job. Für die Leute am Boden und vielleicht auch für "die da oben im Himmel, die uns auch zuschauen", sagt Ruppert.
Ob er nun aufgeregt ist nach zwei Jahren Verkaufsverbot? "Dafür mach ich das schon zu lange", sagt er gelassen. Und die Nachfrage in den letzten Tagen war bis jetzt sehr gut. "Viele Stammkunden haben schon vorbestellt", erzählt er. Ruppert und seine Familie freuen sich schon wirklich sehr. "Und wenn wir dann an Silvester um 16 Uhr den Laden zusperren, dann sind wir ganz schön platt. Aber das ist okay, am Ende ist Silvester eben nur einmal im Jahr."