Sigi Sommer zieht auf den Viktualienmarkt

AZ-exklusiv: Der „Blasius“ bekommt einen neuen Ehrenplatz. Marktfrauen holen die umgelegte Statue aus dem Bauhofkeller zu sich. Für immer?
München - Auf dem Viktualienmarkt, wo das Herz Münchens am stärksten schlägt, ist es auch besonders groß für Bronze-Geschöpfe mit Wassergeflüster. Die stummen Stars Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Ida Schumacher, Elise Aulinger und Roider Jackl kriegen jetzt einen neuen Nachbarn, der es locker verdient, in den Markt-Olymp aufgenommen zu werden.
Die vereinigten Standl-Frauen mit Duft-Königin Elke Fett an der Spitze wollten es nicht länger zulassen, dass Sigi Sommer – der aus Bronze – im Bauhof vor sich hinstaubt. Diese Woche, so der Geheimplan, kommt die Statue mit dem Segen der Sponsorin Konsulin Marian Schulz (Verlag Schulz, bei dem die Sigi-Sommer-Bücher erschienen) auf den Viktualienmarkt. Die zuständige Stadtbehörde zeigt sich erfreulich verständnisvoll und kooperativ.
Sigi Sommer soll, laut Wunsch der Markt-Damen, die Sommerfrische noch miterleben. Der Metall-Kolumnist (von Bildhauer Max Wagner) wird den Bauch von München schmücken. Der polarisierende Poet hatte stets für Stadtgespräch gesorgt. Manchmal war er selbst stark verwickelt. „Die Sigi-Sommer-Figur soll vorübergehend auf dem Markt stehen, und wir hoffen, dass sie dann für immer dort bleibt. Im Moment ist es auf jeden Fall besser, dass wir Sigi Sommer rausholen, ehe er in einem staubigen Bauhofkeller vergessen bleibt“, sagt Marktsprecherin Elke Fett.
Das „Blasius, der Spaziergänger“-Monument am Roseneck in Richtung Sendlinger Straße mir nichts dir nichts wegen irgendwelcher Kabel einfach umzulegen und abzutransportieren ist genau so schlimm, als würde man das Max-II-Denkmal wegen neuer Trambahnschienen auslagern.
„Liegen bleiben ist eine Sünde“, hatte Freizeit-Philosoph Sigi zu Lebzeiten immer gesagt, der 40 Jahre lang in seiner Freitags-Kolumne in der Abendzeitung Münchner Schmelz bündelte, nicht selten grantelte und mit Flaucher-Charme das Weltstadtleben widerspiegelte, das im Moment sehr verdörflicht.
Der Standort für die Wiederauferstehung des aufs Kreuz gelegten Sommers ist einer der sonnigsten Plätze des Markts. Dort, wo gerade Star-Regisseur Franz Xaver Bogner mit Hauptdarstellern wie Andreas Giebel (ausgezeichnet mit dem Sigi-Sommer-Taler 2011) und Monika Gruber die Polizisten-Serie „München 7“ drehen. Das Gedenk-Platzerl hat einen eigenen Brunnen und ist von Standln der Suppenküche, den quirligen Kartoffelhändlern und von Bio-Trübenecker umgeben – genau 53 Blasius-Schritte vom neuen Maibaum des Viktualienmarkts entfernt.
„Und keiner weint mir nach“ lautet der Titel eines Buches von Sommer, der von Bert Brecht belobigt wurde: „Der beste Roman, der nach dem Krieg in Deutschland geschrieben wurde.“ Man sieht bis heute: Sie weinen ihm nach.