Shopping-Nacht: Streit über den Ladenschluss

Obwohl andere Bundesländer viel flexibler beim Ladenschluss sind, schalten die CSU und die Stadt München auf stur. Die Kirchen sind sowieso dagegen. Dabei bietet das geltende Recht eine skurrile Lücke.
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Einkaufen bis spät abends? Das fordert der Einzelhandelsverband.
dpa Einkaufen bis spät abends? Das fordert der Einzelhandelsverband.

MÜNCHEN - Obwohl andere Bundesländer viel flexibler beim Ladenschluss sind, schalten die CSU und die Stadt München auf stur. Die Kirchen sind sowieso dagegen. Dabei bietet das geltende Recht eine skurrile Lücke.

Warum gibt es die Shopping-Nacht nur einmal im Jahr? Weil sowohl die CSU-geführte Staatsregierung aber auch die von der SPD regierte Stadt München blockieren. Dabei gäbe es genug Möglichkeiten, die Lage zu ändern.

Die Rechtslage: Seit 2006 sind die Bundesländer für Öffnungszeiten zuständig. Andere Länder haben die Zeiten flexibler gestaltet (siehe unten). Bayern nicht: Um 20 Uhr schließen die Geschäfte. Sonntags bleiben die Läden zu.

Die Sonntags-Ausnahme: An vier Sonntagen im Jahr dürften die Geschäfte öffnen. Während in Münchens Umland Geschäfte aufmachen, macht München dicht. Für die Sonntagsregelung wäre der Stadtrat zuständig. „Leider ist in München die Genehmigungspraxis streng. Kollegen aus anderen Großstädten schütteln den Kopf, wenn sie hören, dass München keine verkaufsoffenen Sonntage hat“, kritisiert Bernd Ohlmann vom bayerischen Einzelhandelsverband.

Die Reformvorschläge: „Warum überlässt man die Öffnungszeiten nicht den Unternehmen?“, sagt Wolfgang Fischer, der mit seinem Verein „City Partner“ die Shopping-Nacht organisiert. Auch eine Verschiebung des Ladenschlusses auf 22 Uhr können sich Reformer vorstellen. Die FDP war mit der Freigabe-Forderung in den Landtagswahlkampf gezogen – und in der Regierung gelandet. Bislang konnten sich die Liberalen nicht gegen die CSU durchsetzen. Trotzdem fordert FDP-Sprecher Lars Pappert: „An Werktagen sollen die Öffnungszeiten freigegeben werden, an Sonn- und Feiertagen sollen die Gemeinden und Städte selbst entscheiden können.“ Das wolle die FDP „im Lauf der Legislaturperiode“ wieder ansprechen. Der Einzelhandelsverband fordert mehr verkaufsoffene Sonntage: „Ich denke an besondere Ereignisse wie das Stadtgründungsfest, das Oktoberfest oder die Handwerksmesse“, sagt Sprecher Ohlmann.

Die Reform-Gegner: Gewerkschafter befürchten, dass länger Öffnungszeiten zulasten der Arbeitnehmer gehen: Die Beschäftigten müssen länger arbeiten – für gleich viel Geld. Auch Kirchen-Vertreter stellen sich quer: „Wie viel Zeit bleibt dann noch für die Familie ober ehrenamtliche Tätigkeiten?“, sagt Edgar Schiedermeier vom katholischen Arbeitnehmerverband. Wer von sechs bis 20 Uhr nicht einkauft, der braucht auch nichts.“ Auch Ministerpräsident Horst Seehofer schließt eine Aufweichung des Ladenschlussgesetzes aus.

Die Gesetzes-Lücke: Skurril ist, dass Devotionalien sonntags verkauft werden können. Laut Ladenschlussverordnung dürfen Shops mit Heiligenbildern und Rosenkränzen „an jährlich höchstens 40 Sonn- und Feiertagen bis zur Dauer von acht Stunden“ öffnen. Auf der anderen Seite machen Kirchen Stimmung gegen den verkaufsoffenen Sonntag. „Diese Argumentation halte ich für ambivalent“, sagt Wolfgang Fischer von „City Partner“.

Die Entscheidung: Solange sich die FDP in der Regierung nicht durchsetzt, werden Geschäfte werktags um 20 Uhr zusperren. Was den Sonntag angeht, liegt es an der Stadt München. Vielleicht warten die Verantwortlichen auch auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Die Richter prüfen gerade das Berliner Ladenschlussgesetz, das zehn verkaufsoffene Sonntage erlaubt.

So läuft der Ladenschluss in anderen Ländern

Baden-Württemberg: Läden dürfen montags bis samstags rund um die Uhr geöffnet sein. Bis zu drei verkaufsoffene Sonntage. Berlin: Montag bis Samstag rund um die Uhr. Zehn Sonntage im Jahr möglich, darunter die vier Adventsonntage von 13 bis 20 Uhr, zusätzlich vier von der Stadt sowie vier von Einzelhändlern bestimmte (Straßenfeste, Firmenjubiläen). Brandenburg: Werktags rund um die Uhr, sechs Sonntage. Hessen: Werktags rund um die Uhr, zusätzlich vier verkaufsoffene Sonntage möglich. Thüringen: Werktags bis 20 Uhr durchgehend geöffnet, jährlich vier Mal Sonntagsöffnung möglich, ausnahmsweise auch Samstag bis 24 Uhr. Österreich: Läden haben montags bis freitags 6 bis 21 Uhr offen. Samstags bis 18 Uhr. Ausweitungen sind möglich. Frankreich: Ladenöffnungszeiten sind generell freigegeben. Belgien: 5 bis 21 Uhr, Night-Shops öffnen von 18 bis 7 Uhr, bis zu neun Sonntage. Dänemark: durchgehend außer montags ( 6 bis 24 Uhr) und samstags (0 bis 17 Uhr), bis zu acht Sonntage. Italien: 7 bis 22 Uhr (maximal 13 Stunden), Sonntag meist geschlossen. Schweden: keine generelle Einschränkung. USA: Shoppen ist 24 Stunden möglich.

Vanessa Assmann, Volker ter Haseborg

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