Shoppen bis Mitternacht
MÜNCHEN - Fällt der Ladenschluss? In Bayern gibt es viele Befürworter, aber auch Kritiker der aktuellen Regelung. Der Handel ist für längere Öffnungszeiten, Gewerkschaften und Personalvertretungen dagegen.
Einkaufen jeden Werktag bis 22 Uhr, dazu noch an einigen verkaufsoffenen Sonntagen – was in anderen Bundesländern längst möglich ist, ist in Bayern noch immer die absolute Ausnahme: Weiterhin gilt, dass Geschäfte montags bis samstags ihre Waren lediglich bis 20 Uhr verkaufen dürfen. Die einzigen Ausnahmen sind Bahnhöfe und Flughäfen.
Selbst die lange Einkaufsnacht am Freitag durfte nur stattfinden, weil mit dem Oktoberfest ein besonderer Anlass bevorsteht. Eine zweite Shopping-Nacht wurde Anfang des Jahres gestoppt. Ob sich das bald ändern wird? Das sagen die Experten:
PRO
Shoppen bis zur Geisterstunde! Wenn es nach Münchens Kaufleuten geht, könnte das schon bald öfter im Jahr der Fall sein. „Die Stadt braucht eine zweite Shopping-Nacht“, fordert Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Bayerischen Einzelhandelsverbands. „Eine liberalere Genehmigungspraxis, als wir sie derzeit in Bayern haben, wäre durchaus angebracht.“ Ohlmann ist sich bewusst, dass man den Bogen nicht überspannen sollte: „Es darf keinen Wildwuchs an Shopping-Nächten in München geben“, sagt er. So lange es sich dabei aber um einen besonderen Anlass handelt, sei dies allerdings „ein riesiger Imagegewinn für München“. Deshalb bedauern die Einzelhändler auch, dass die fürs Frühjahr geplante lange Einkaufsnacht vom Bayerischen Arbeitsministerium in letzter Sekunde verboten wurde. Am Stadtgründungsfest sollten damals die Öffnungszeiten in der ganzen Stadt verlängert werden. Erstmals hätte es dann in einer bayerischen Stadt zwei Shoppingnächte in einem Jahr gegeben.
„Das soll eine kleine Tradition werden“
Deshalb strebt der Einzelhandelsverband jetzt eine Gesetzesinitiative an, die bereits in zahlreichen anderen Bundesländern Gültigkeit hat. Zu Straßenfesten, Jubiläen von Kaufleuten oder herausragenden Festen soll es den Kaufleuten leichter möglich sein, ihre Öffnungszeiten auszuweiten. Auch Oberbürgermeister Christian Ude kann diesem Vorschlag durchaus etwas abgewinnen: „Mehr von solchen Angeboten in geringer Zahl wären ein großartiges Angebot“, sagte er zur AZ. Auch City-Partner, der Zusammenschluss der Kaufleute der Innenstadt, will bereits in der kommenden Woche über weitere Shoppping-Nächte im nächsten Jahr beraten. „Das soll eine kleine Tradition werden“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Fischer.
CONTRA
„Der Fachbereich Handel spricht sich nach wie vor gegen Sonderöffnungszeiten aus. Wir haben festgestellt, dass sie weder mehr Personal noch mehr Umsatz bringen“, sagt Georg Wäsler, stellvertretender Geschäftsführer von verdi München. Die Shopping-Nacht sei nichts anderes als der Versuch, ein Image zurückzuholen. „Betriebswirtschaftlich bringt das überhaupt nichts.“ Das Problem des Einzelhandels sieht Wäsler woanders: Die Öffnungszeiten sind nicht zu kurz, sondern die Gewinne einfach zu gering. „Natürlich machen die Geschäfte zwischen 20 und 24 Uhr Umsatz – der fehlt aber in der Woche davor oder danach.“ Die bestehenden Öffnungszeiten seien ausreichend. Es werde spannend, wie sich die bayerische Diskussion ums Ladenschlussgesetz nach der Wahl entwickelt. „Schließlich gibt es bei den bestehenden Mehrheitsverhältnissen Sympathien für Sonderöffnungszeiten.“ Davor warnt verdi: „Denn irgendwann wird die Ausnahme zum Maßstab.“
"Für die Mitarbeiter sind die langen Arbeitszeiten eine zusätzliche Belastung"
Herta Heuberger, Sprecherin des Arbeitskreises der Betriebsräte in der Innenstadt, äußert sich ebenfalls kritisch: „Wir betrachten das aus der Sicht der Mitarbeiter, für sie sind die langen Arbeitszeiten eine zusätzliche Belastung.“ Heuberger geht davon aus, dass – wie bei der letzten Shopping-Nacht – nur einige Händler mehr Umsätze machen. „Die Leute wollen sich amüsieren, nicht einkaufen“, meint Heuberger. Gewinner dagegen seien die Wirte. Winfried Röhmel, Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats in München, sagt: „Wer es toll findet, nachts einzukaufen, soll es auch tun.“ Die Kirche sorgt sich vor allem um die Sonn- und Feiertage. „Wir achten darauf, dass der verfassungsgemäße Schutz dieser Tage nicht ausgehöhlt und ad absurdum geführt wird.“
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