Sexismus-Vorwürfe! Grüne rüffeln Monatzeder

Der Möchtegern-OB-Kandidat präsentiert die Aktion „Deine Isar“. Seine Münchner Parteikollegen geißeln diese Kampagne: „Da werden Frauen als Sexobjekte dargestellt“  
von  Julia Lenders
Hep Monatzeder posiert mit zwei Müll-Feen — wovon eine übrigens die Tochter von Hartmut Keitel ist, dem Mit-Begründer der Kampagne.
Hep Monatzeder posiert mit zwei Müll-Feen — wovon eine übrigens die Tochter von Hartmut Keitel ist, dem Mit-Begründer der Kampagne. © Petra Schramek

Möchtegern-OB-Kandidat Hep Monatzeder präsentiert die Aktion „Deine Isar“. Seine Münchner Parteikollegen geißeln diese Kampagne: „Da werden Frauen als Sexobjekte dargestellt“

MÜNCHEN Die Kampagne „Deine Isar“ kämpft gegen die Vermüllung der Fluss-Kiesstrände an. Ein Ziel, an dem niemand etwas Schlechtes finden kann (AZ berichtete). Trotzdem sorgt die Aktion für Riesen-Zoff. „Sexismus-Alarm bei städtischer Kampagne!“ war gestern auf der Homepage von Grünen-Chefin Katharina Schulze zu lesen.

Pikant: Niemand anders als der grüne Bürgermeister (und Bewerber um die grüne OB-Kandidatur) Hep Monatzeder hatte bei der Auftaktveranstaltung der Initiative am Wochenende Grußworte gesprochen. „Ich hätte das an seiner Stelle nicht gemacht“, sagt Schulze. Was ist da los? Konkret geht es um die Idee, dass „Müll-Feen“ mit einer Rikscha an der Isar unterwegs sein und Mülltüten verteilen sollen. Auf ihren T-Shirts stehen dabei zum Beispiel Sätze wie „Dreckskerle kriegen nie was rein“, oder „Mach’s dir doch selbst.“ Bei der Präsentation trugen die Vorführ-Mädels Hot Pants und einen kurzen Rock. Laut einem Medienbericht so eine Art Arbeitskleidung der Feen.

„Willkommen im 18. Jahrhundert!“, schrieb Grünen-Chefin Schulze daraufhin in einer Pressemitteilung. „Unmöglich, dass ein städtisches Referat diese sexistische Kampagne unterstützt, in der Frauen als Sexobjekte dargestellt werden.“ Ihr grüner Amtskollege Sebastian Weisenburger schließt sich der Kritik an. In der Fraktionssitzung gestern wollten beide das Thema auf den Tisch bringen – und Monatzeder persönlich darauf ansprechen. Weisenburger sagt, er wisse zwar nicht, ob dieser gewusst habe, was auf den T-Shirts steht. „Aber wenn er es gewusst hat, hätten bei ihm alle Alarmglocken schrillen müssen.“ So wie die Kampagne jetzt sei, „sollte er sich davon distanzieren“.

Die AZ hat bei Hep Monatzeder nachgefragt. „Beim Pressetermin, auf dem ich dabei war, war von Hot Pants oder leicht bekleideten Mädchen gar nicht die Rede“, sagt er. Und die Slogans auf den T-Shirts? „Über geschmackvolle und weniger geschmackvolle Sprüche kann man natürlich streiten“, sagt er. Die PR-Leute, die die Kampagne entworfen haben, hätten erklärt, dass es nur mit Provokation funktioniere. Die Stadt würde auch nur Teile der Kampagne unterstützen – wie Plakate, Flyer und Fahnen. Ob die Rikscha-Idee mit gefördert werde, sei noch gar nicht geklärt. Voriges Jahr erhielt die Kampagne 6000 Euro – aus Mitteln des Baureferats. Ideengeber ist die Agentur Keitel & Knoch. Dort findet man den Wirbel gar nicht lustig.

„Das ist an den Haaren herbeigezogen“, sagt Hartmut Keitel über die Sexismus-Vorwürfe. „Es ist nicht Teil der Kampagne, dass die Feen HotPants tragen.“ Sie könnten anziehen, was sie wollen. Zumal es auch Shirts mit weniger provokativen Sprüchen gebe, wie: „Deine Isar ist auch meine.“ Die Freiwilligen-Teams, die mit der Rikscha an die Isar ausrücken, müssten auch nicht nur aus jungen Frauen bestehen. „Ich glaube aber, wenn’s Mädels sind, wird die Kommunikation leichter“, sagt Keitel. Bisher sei wenig Unterstützung von den Grünen gekommen: „Wir besetzen ein grünes Thema. Vielleicht wird das nicht gern gesehen.“

OB Christian Ude, Schirmherr der Kampagne, kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Er sei in Fragen sexistischer Werbung nach 20 Jahren Gleichstellungsstelle „sehr sensibilisiert“. Ude: „Ich habe hier die Kritik aber nicht verstanden.“ Es sei zu loben, dass die Aktion durch bürgerschaftliches Engagement entstanden ist. Sie versuche, jugendliche Gruppen in einer angemessenen Sprache am „Krawattl zu packen“, meint Ude. „Das sollte man nicht so humorlos angreifen.“

 


 

Eine Doppelspitze und drei Fehler

Michael Schilling, AZ-Lokalchef, über Grüne, Isar und Sexismus.

Es ehrt Katharina Schulze und Sebastian Weisenburger, die jungen Doppelspitzen-Grünen, dass sie sich stets trauen, den Mund aufzumachen. Frisch und unverbraucht setzen sie mitunter Duftmarken im Polit-Mief. Welpenschutz bekommen (und wollen) sie nicht. Ihren Vorstoß gegen die vermeintlich sexistische Müllvermeidungs-Kampagne „Deine Isar“ sollten sie daher als Fehler eingestehen. Um genau zu sein, sind es sogar drei:

 

 

  • Die forschen Grünen dreschen verbal auf die Aktion ein, ehe sie sich akkurat über deren Inhalt und Umsetzung informiert haben. Hot Pants sind kein Teil davon.
  • Sie attackieren eine Aktion, die – selbst in ihrer diskutablen Form – ein klassisch grünes Thema im Sinn hat. Da wirkt die Kritik stutenbissig und beleidigt.
  • Der Grüne Hep Monatzeder geht als Unterstützer der „Deine Isar“-Kampagne tendenziell beschädigt aus dem Eklat hervor – nur zwei Tage, bevor er zum ersten OB-Forum der Grünen antritt.

Ob Schulze und Weisenburger dies bei ihrer Kritik im Sinn hatten? Möglich. Nachhaltig clever ist es nicht. 

 

 

 

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