Sexismus in der Schule: Wenn aus Spaß Ernst wird

In der Schule erfahren viele Mädchen Sexismus. Eine neue Broschüre soll Lehrern helfen.
von  Christina Hertel
Eine neue Broschüre der Stadt soll Lehrkräften helfen, besser auf Sexismus  reagieren zu können. (Symbolbild)
Eine neue Broschüre der Stadt soll Lehrkräften helfen, besser auf Sexismus reagieren zu können. (Symbolbild) © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

München - Ist das ein Kamelhaarpullover, den du da an hast?", fragt ein Junge eine Mitschülerin. Sie antwortet: "Nein, wieso?" "Na wegen der Höcker." Der Junge lacht, zeigt auf ihre Brust. "War doch nur Spaß."

Szenen wie diese, die nur einer lustig findet, spielen sich oft auf Pausenhöfen ab. Das Schulreferat hat deshalb nun mit der städtischen Gleichstellungsstelle für Frauen ein neues Handbuch herausgebracht.

Neue Broschüre soll Pädagogen unterstützen 

"War doch nur Spaß" lautet der Titel. Die Broschüre soll Lehrern und Lehrerinnen helfen, mit solchen Verletzungen besser umzugehen. "Denn jeden Tag erfahren Mädchen in der Schule, dass sie aufgrund ihres Geschlechts gekränkt, geärgert und verunglimpft werden", sagt Nicole Lassal, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt.

Allerdings herrsche auch unter den Lehrkräften oft eine Unsicherheit, wo genau die Grenzüberschreitung beginne, sagt die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Ist es okay, wenn die Schüler auf dem Pausenhof "Jungs fangen Mädchen" spielen? Und warum wird dieses Spiel so selten umgekehrt gespielt? Wann müsste die Lehrkraft einschreiten?

Studie: Viele Mädchen erfahren sexualisierte Gewalt

Mit dem neuen Handbuch sollen Lehrkräfte bei diesen Fragen mehr Unterstützung bekommen. Es enthält sowohl Adressen als auch praktisches Übungsmaterial, das sie im Unterricht anwenden können.

Wie viele Mädchen an Münchner Schulen Gewalt erfahren, werde nicht erfasst, sagt Stadtschulrat Florian Kraus (Grüne). Laut einer Studie, die in dem Handbuch zitiert wird, hat jedes dritte Mädchen unter 14 schon sexualisierte Gewalt erfahren. Jedes dritte wurde schon einmal an Brust oder Po angefasst. Und eines unter 30 Mädchen schon einmal vergewaltigt.

Auch "klassische" Rollenbilder sollen aufgebrochen werden

An ihre Lehrer wenden sich Mädchen demnach selten. Verhindern will die Stadt aber nicht nur schwere Übergriffe. Auch die typischen Rollenbilder, die an Mädchen und Jungen herangetragen werden, sollen aufbrechen. Dazu gehört für Schulrat Kraus auch, dass Lehrerinnen und Lehrer sensibler mit Sprache umgehen sollen. Eine Pflicht, dass Lehrer gendern müssten, gibt es allerdings nicht.

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