Sex-Show vor der Webcam: Ist das Homeoffice?

Seit über einem Jahr kämpft Pornodarstellerin Natalie Hot für ihr Recht, in ihrem Haus in Ampfing Webcam-Shows zu machen. Bewohner und Landratsamt machen ihr einen Strich durch die Rechnung. Jetzt landet der Fall in München vor Gericht.
dpa/az |
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Natalie Hot (3.v.l) demonstrierte im Juli 2015 mit Kolleginnen vor dem Landratsamt in Mühldorf.
Fib/Ess Natalie Hot (3.v.l) demonstrierte im Juli 2015 mit Kolleginnen vor dem Landratsamt in Mühldorf.

Seit über einem Jahr kämpft Pornodarstellerin Natalie Hot für ihr Recht, in ihrem Haus in Ampfing Webcam-Shows zu machen. Bewohner und Landratsamt machen ihr einen Strich durch die Rechnung. Jetzt landet der Fall in München vor Gericht.

München/Ampfing – Natalie Hot ist eine gefeierte Porno-Darstellerin und verdient ihr Geld vor allem als Webcam-Girl. Für ein zahlendes Publikum räkelt die 24-Jährige sich nackt vor der Kamera. Die Kulisse: Ein Zimmer ihres schmucken Einfamilienhauses in Ampfing, einer 6000-Seelen-Kommune im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn. Und genau das ist das Problem. Seit Nachbarn sich bei der Gemeinde über den Beruf der jungen Frau beschwert haben, tobt ein Streit.

Das Landratsamt hat Hot per offiziellem Bescheid verboten, sich in ihrem Haus vor der Kamera auszuziehen und ein Zwangsgeld von 2000 Euro angedroht, sollte sie sich daran nicht halten. Die Begründung: Ihr Haus befindet sich in einem Baugebiet - und der Bebauungsplan sieht eine gewerbliche Nutzung nicht vor. Das Zimmer, in dem die Frau sich räkelt, sei als Kinderzimmer vorgesehen.

Webcam-Shows im Wohnviertel - die Nachbarschaft rebelliert

Anwohner hatten zuvor beispielsweise "Lärmentwicklung" beklagt, wie es im Bescheid der Behörde heißt. Nachbarn gaben demnach an, dass dort Pornos gedreht werden - und belegten das mit einer Fotostrecke. Sie sagten, dass Kinder wegen des Jobs ihrer freizügigen Nachbarin in der Schule gehänselt würden. "Stöhnverbot für Webcam-Girl", hieß es bei Sat.1.

"Es beschweren sich ständig irgendwelche Leute wegen irgendwelcher Gründe", sagt Natalie Hot, die ihren echten Namen ungern in der Zeitung lesen will, der Deutschen Presse-Agentur. "Lichtbelästigung, ich sei zu laut, die Kinder könnten nicht schlafen - lauter solche Sachen." Im vergangenen Jahr, so sagt sie, sei ihr sogar die Haustür eingeschlagen worden. Die Nachbarn hätten Unterschriften gegen sie gesammelt. "Die schreiben die Kennzeichen der Leute auf, die zu uns kommen und hetzen andere Nachbarn gegen uns auf", erzählt die junge Frau, die gemeinsam mit ihrem Ehemann, der auch ihr Manager ist, in ihrem Haus lebt.

Die 24-Jährige, die sich in dem Streit als Vorkämpferin gegen die oberbayerische Prüderie inszeniert, wehrt sich nun juristisch gegen den Bescheid des Landratsamtes und zieht vor das Verwaltungsgericht München. An diesem Mittwoch (5. Oktober) kommt es zur Verhandlung. Dabei wird es vor allem um die Frage gehen: Wenn sie sich zu Hause vor der Kamera auszieht - ist das dann Homeoffice?

Sex-Shows von zuhause aus - ist das Homeoffice?

Natalie Hot meint: ja - schätzt ihre Chancen vor Gericht aber "fifty-fifty". "Da die Gegenseite gerade diesen Punkt bestreitet, wird dies Gegenstand der gerichtlichen Klärung sein", sagt eine Sprecherin des Landratsamtes.

Die Behörde meint: Das Chat-Zimmer könne "nicht als herkömmliches Arbeitszimmer oder Telearbeitsplatz" betrachtet werden, weil die Arbeit von Natalie Hot (nach deren Angaben acht Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche - "wie ein normaler Arbeiter auch") "Außenwirkung entfaltet".

Als freiberufliche Tätigkeit könne das Ganze ebenfalls nicht gelten, weil "nicht erkennbar ist, dass bei einem Erotikchat im Wege freier schöpferischer Gestaltung Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen der Bauherrin durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht würden". So heißt es im Bescheid, den Natalie Hot zwischen unzähligen freizügigen Selfies auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hat.

Auch eine "freiberufsähnliche" Tätigkeit liege nicht vor, "da auch hierfür ein gewisser Standard an individueller geistiger oder schöpferischer Qualifikation verlangt wird", steht im Bescheid. Und weiter: "Solche Qualifikationen erfordert eine solche Tätigkeit aber nicht."

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