Sex-Anklage: Ein Richter tritt als Zeuge auf
München Peter F. (54, Name geändert) hat sicher schon angenehmere Momente erlebt. Am Mittwoch nahm der Richter am Münchner Landgericht im Zeugenstand Platz. Gegenstand der Vernehmung: Seine Beziehung zu einer Staatsanwältin. Nicht zu irgendeiner Staatsanwältin, sondern der Frau, die mit dem Gutachter Thomas S. (59) später ebenfalls eine Beziehung hatte und diesen jetzt auf die Anklagebank gebracht hat.
Der Psychiater muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht verantworten (AZ berichtete). Die Ankläger werfen ihm vor, dass er als Arzt der medikamentensüchtigen Frau das Behandlungsverhältnis ausgenutzt habe. „Du stellst mir Rezepte für das Beruhigungsmittel Tavor aus, dafür kriegst du Sado-Maso-Sex“, soll das Arrangement gelautet haben.
Doch Thomas S. wehrt sich gegen die Vorwürfe, spricht von einer Liebesbeziehung. Er habe sich auch nicht als behandelnder Arzt gefühlt. Auch wenn er ihr nach einem erneuten Zusammenbruch geholfen habe und sie einweisen ließ. „Das hätte ich auch für jeden anderen getan“, erklärte der Psychiater.
Die 43-Jährige war selber am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit zur Sache befragt worden. Dabei soll sie auch von ihrer Beziehung zu dem Richter geredet haben.
Der gab zwar die Beziehung zur Ex-Staatsanwältin zu. Peter F. tat sich ansonsten aber schwer, etwas zur Wahrheitsfindung beizutragen. Weder konnte er die Zeiten seiner On-/Off-Beziehung näher eingrenzen, noch konnte er sich daran erinnern, dass sie mal als „Drittfrau“ des Gutachters bezeichnet wurde.
Selbst bei der Frage nach dem Charakter seiner ehemaligen Freundin tat sich der 54-Jährige sehr, sehr schwer. „Höflich, sprunghaft, nicht dumm“, viel mehr als solche Floskeln war ihm nicht zu entlocken. Bis ihn sogar der Vorsitzende Richter Martin Rieder ermahnte: „Die Wahrheitspflicht gilt auch für Vorsitzende Richter.“
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.
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