Sepp Krätz: Morgens auf der Wiesn

Sepp Krätz’ liebste Zeit ist um 10 Uhr morgens, wenn die Wiesn langsam in Fahrt kommt. Da schaut er nach, ob ums Zelt alles sauber ist, und nimmt sich kurz Zeit für sich: Draußen, am Kaffeestandl vor dem Hippodrom trinkt er seinen ersten Kaffee; manchmal gibt’s einen Millirahmstrudel dazu.
„Da laufen die Mitarbeiter und Bedienungen von anderen Zelten zur Arbeit: Man kennt sich, und da ist oft kurz Zeit für ein nettes Gespräch“, sagt der Wirt. Der Kaffee in seiner Tasse wird dieses Jahr von Dallmayr sein – „Das passt zu uns, ein Münchner Traditionsunternehmen. So wie man sie aus der Werbung kennt, wollen wir sie anziehen!“ Ganz traditionell, mit weißen Schürzen.
Nebenan bei Schuhbeck gibt’s dann endlich die Wagyu-Burger zu probieren, an denen die Gastronomen seit Wochen tüfteln und in der Waldwirtschaft servieren. „Wagyu-Pflanzerl im Weckerl“ heißt ihre Kreation jetzt. Drinnen, im Zelt, empfiehlt der Wirt zum Snacken seinen Radi von einem Moosacher Landwirt, damit etwas Gesundes hinkommt an die Wiesngäste – Vitamin C, Kalzium. Das lassen sich auch die Promis schmecken, für die die Einkehr im roten Zelt beim Haupteingang eine absolute Pflicht ist.
Noch sitzt Sepp Krätz aber auf der Terrasse von seinem Andechser am Dom, es ist ein schöner Tag. Mal macht er eine Bedienung aufmerksam, wenn sie einen winkenden Gast nicht gleich sieht, wechselt ein paar Worte mit Stammgästen, die nach Wiesntischen fragen, dann klingelt sein iPhone, das er in eine rote Hippodrom-Hülle gepackt hat.
Nichts ist davon zu merken dass es knapp aussah für Krätz, außer vielleicht, dass er seine Worte mit Bedacht wählt. „Schmuckstück der Wiesn“ ist das Hippodrom-Motto heuer, „Ein Schmuckstück natürlich, nicht DAS Schmuckstück“, sagt Krätz. Bescheiden. Goldketten umspielen das Pferdelogo auf den Halstüchern der Saison.
Zur Wiesn stärkt ihm eine Frauen-Mannschaft den Rücken: Schwester Johanna Bayer, die sonst das Ausflugslokal Forst Kasten betreibt, und seine Frau Tina, zum ersten Mal offiziell mit Gastgeberin. „Die Johanna hat die Berufserfahrung und das Know-How, die Tina kann gut mit den Gästen“, sagt Krätz.
Aufregend ist die Wiesn auch für einen, der seit 17 Jahren mitmischt. „Da ist schon viel Anspannung dabei. Aber im dem Moment, wo es angegangen ist, ist es okay, dann stellt sich die Sicherheit, die Befriedigung ein – und mittags beginnt dann die Zeit, wo man auch mal einen Gast besuchen kann.“
Samstagfrüh fährt der Wagen vom Andechser aus los. „Wir sind die letzten in der Reihe beim Einzug, weil wir das erste Zelt auf der Wiesn sind – aber die Letzten werden die Ersten sein“, sagt er. Und grinst dann doch noch ein schelmisches Krätz-Grinsen.