Sepp Krätz eröffnet Samenbank

 Der Gastronom, zuletzt wegen einer Steuer-Razzia im Gespräch, verwirklicht eine Geschäfts-Idee: Er verkauft demnächst das Sperma seiner Wagyu-Zuchtbullen.
Kimberly Hoppe, John Schneider |
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Der Gastronom, zuletzt wegen einer Steuer-Razzia im Gespräch, verwirklicht eine Geschäfts-Idee: Er verkauft demnächst das Sperma seiner Wagyu-Zuchtbullen.
Mike Schmalz Der Gastronom, zuletzt wegen einer Steuer-Razzia im Gespräch, verwirklicht eine Geschäfts-Idee: Er verkauft demnächst das Sperma seiner Wagyu-Zuchtbullen.

 MÜNCHEN - Wer seinen Namen hört, denkt an die Wiesn, Maßkrüge voller frisch gezapftem Bier und knusprige Hendl – und nicht etwa an: eine Samenbank. Doch der Gastronom Sepp Krätz (56, Hippodrom, Waldwirtschaft, Andechser am Dom) eröffnet jetzt eine Samenbank.

Der Wiesn-Wirt, der von Steuer-Razzien geplagt ist und im vergangenen Jahr allein drei Groß-Untersuchungen über sich ergehen lassen musste, meint es ernst und baut sich ein neues Standbein.

Geschäfts-Idee Samenbank.

Dabei dreht es sich freilich nicht um menschliches Sperma, sondern um das von seinen selbst gezüchteten Wagyu-Rinder vom Ammersee (AZ berichtete). Auf der Ranch, also dem elterlichen Anwesen, hat er 57 Rinder.

Seit vier Jahren plant er seine Wagyu-Zucht, hat sich in Japan und Amerika umgeschaut, Wagyu-Experten getroffen und für sich gewonnen. Das so genannte Wagyu-Fleisch, bekannt für seine feine Fett-Marmorierung und das daraus entstehende tiefe Aroma, kommt aus Japan.

Bayerische Rinder haben keine der drei Hauptblutlinien der Wagyu-Rinder in sich.

Die Lösung: Krätz kreuzt bayerisches Fleckvieh mit japanischen Rindern und generiert so Tiere, die das immer beliebtere Wagyu-Fleisch liefern sollen. Jahrelang hat sich Krätz (mit 20 war er Bayerns jüngster Metzgermeister) mit der Genetik beschäftigt. Jetzt ist es so weit mit der Samenbank.

„Ja, das wird eine große Premiere“, bestätigt der als Landwirts-Sohn geborene Krätz der AZ. „Es ist wirklich eine lang angelegte Geschichte. Aber nun gehe ich zum Start mit meinen drei besten Zuchtbullen im April zur Besamungsstation. Vier Wochen werden sie dort abgesamt – und dann kann ich den besonders guten Samen an Landwirte weiterverkaufen.“

In Grub, in der Nähe von München, steht die Besamungsstation. „Ich hoffe natürlich, dass wir so viele Portionen wie möglich bekommen können. Sie alle werden in kleine Röhrchen abgepackt und in Stickstoff-Tanks gelagert“, erklärt Krätz.

Ein Mini-Strohhalm mit Sperma soll je nach DNA und Wertigkeit zwischen 10 und 100 Euro kosten. „Der Markt macht den Preis. Die Nachfrage ist riesig“, sagt Krätz. „Besonders aus Österreich bekomme ich Unterstützung. Dort scheint viel Bedarf an Wagyu-Fleisch zu sein. Das freut mich. Ich will gutes Fleisch zum fairen Preis bieten.“
Sein erstgeborener Zuchtbulle (13 Monate) heißt übrigens Opus Ecki – die Patenschaft schenkte Krätz Jahrhundert-Koch Eckart Witzigmann zu dessen 70. Geburtstag. Die anderen beiden Zuchtbullen haben japanische Namen.

Worauf der neue Cowboy vom Ammersee viel Wert legt: „Unsere Tiere haben wirklich ein glückliches Leben. Sie sind nicht importiert, sondern hier geboren, gefüttert und groß gezogen worden. Neun Monate waren sie an der Seite der Mutter.“

Das solle ihm erstmal jemand nachmachen, findet Sepp Krätz – und geht in seinem Zweitjob als Züchter richtig auf: „Das ist Spannung pur.“ So gibt’s zwar einige Wiesn-Wirte – aber nur einen Wagyu-Wirt.

 


1,68 Millionen Mal wurden bayerische Kühe im Jahre 2010 besamt, zu 93,5 Prozent auf künstliche Weise. Sepp Krätz steigt jetzt in dieses lukrative Geschäft ein. Und das passiert mit seinen Bullen, die im April auf der Besamungsstation in Grub abgesamt werden.

Wenn der Bulle sexuell stimuliert und bereit ist, eine Kuh zu bespringen, wird er auf ein „Phantom” oder einen anderen Bullen gesetzt. Sein Ejakulat wird in einer künstlichen Vagina aufgefangen.

Jetzt beginnt die Arbeit der Laboranten. Die Qualität des Ejakulats muss ermittelt werden. Die Spermienkonzentration, beim Bullen etwa 0,8 bis 2,5 Milliarden pro Milliliter, und der Anteil beweglicher Spermien – 60 bis 80 Prozent sollen es sein – sind wichtige Kriterien.

Besteht das Sperma die Prüfungen, wird die Samenflüssigkeit mit Nähr- und Schutzstoffen verdünnt (Eigelb und Zucker, Pufferlösung, Antibiotika, Glyzerin), um die Lebensdauer zu erhöhen. Das Sperma wird in kleine Plastikröhren abgefüllt, etwa 0,25 bis 0,5 ml pro Paillette.

Dann wird’s kalt. Sehr kalt. In speziellen Tiefgefriermaschinen oder im Stickstoffdampf eines Spezialcontainers wird das Sperma eingelagert und ist bei minus 196 Grad Celsius unbegrenzt haltbar.

Jetzt können sich Rinderzüchter auf der Website oder Katalogen der Besamungsstation die Bullen anschauen. Hier kann man sich die im Labor festgestellten Zuchtwerte für Milch- und Fleischleistung der Nachkommenschaft, Fruchtbarkeit, Melkbarkeit und anderes informieren.

 

Wenn der Züchter sich für einen Bullen entscheidet, zückt der Besamungstechniker die jeweiligen Pailletten und kommt in den Kuhstall.

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