"Sensationelle Entwicklung für München": München Klinik

Wenn es um Kliniken geht, zeigen sich bei Politikern schnell Sorgenfalten auf der Stirn. Umso schöner also, wenn ein Klinik-Termin einmal ein erfreulicher ist - da waren sich OB Dieter Reiter (SPD) und Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) am Mittwoch einig.
Der Anlass, der beide an einem Ort zusammenbrachte: die feierliche Einweihung der neuen Frauen- und Kinderklinik der München Klinik Schwabing.
Auch Münchens Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) kam, sowie diverse Stadträtinnen und Stadträte der Rathaus-Fraktionen. Dazu viele Gäste aus der Klinikwelt, Vertreter der Belegschaft und sogar ehemalige Patienten, gut 150 Gäste insgesamt.
Über 140 Millionen hat sie gekostet, so Dieter Reiter. 82 Millionen habe der Freistaat für die Maßnahmen auf dem Gelände bewilligt, sagt Ministerin Judith Gerlach und lobt das Projekt als Beispiel gelungener Zusammenarbeit zwischen Staat und Kommune. Reiter betont, wie wichtig es sei, dass Kliniken in kommunaler und auch staatlicher Hand seien und blieben. "Eine gute Gesundheitsversorgung kann man am besten mit eigenen Kliniken und eigenem Personal machen", so der OB.
Als "sensationelle Entwicklung für München" bezeichnet auch Martin Siess, ärztlicher Direktor des Klinikums rechts der Isar der TU München, die neue Klinik. Die sei "außerordentlich patientenorientiert gebaut". Das Rechts der Isar ist der akademische Partner der München Klinik Schwabing, die TU schickt ihre Studenten zur Ausbildung hierher.
München-Klinik-Chef Götz Brodermann betonte, der Neubau sei "ein Meilenstein" für die München Klinik. "In diesem Gebäude nehmen die Visionen, Planungen, Ideen und Wünsche der letzten zehn Jahre konkrete Form an." Man löse hier das Versprechen eines optimalen Behandlungsumfelds für die Patienten und hochmoderner Arbeitsplätze für die Mitarbeitenden ein.
2017 war Baubeginn dieses ersten Großbauprojekts der München Klinik. Ab Mitte Mai findet nun an vier Tagen der Umzug der Stationen in den Neubau statt - im laufenden Betrieb.
Ist das geschafft, beginnt auf sechs Ebenen mit einer Bruttofläche von 20.000 Quadratmetern, insgesamt 1033 Räumen, rund 150 Betten, sechs Kreißsälen und sechs Operationssälen inklusive Sectio-OP für die Geburtshilfe ab Mitte Mai die Patientenversorgung im neuen Haus. Rund 125.000 Patienten werden in Schwabing pro Jahr versorgt. Rund 2500 Kinder kommen hier pro Jahr zur Welt.
Der Standort ist schon jetzt über die Stadtgrenzen hinaus für seine Expertise bekannt, denn hier wird das komplette Spektrum der Kinder- und Jugendmedizin angeboten. "Ich freue mich auf eine neue Ära in der Kindermedizin", sagte Julia Hauer, die Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Schwabing. Mehr als 15 Fachbereiche allein in der Kinder- und Jugendmedizin kämen hier nun zusammen, so Hauer.
Sie prophezeit, die Rahmenbedingungen für die neue Klinik würden sich in Zukunft ändern, sei es auf Bundesebene durch die Krankenhausreform, oder auch durch den perspektivischen Wegzug der Hauner'schen Kinderklinik aus der Innenstadt in den Südwesten.
Im Neubau sind nun anders als zuvor die Kinder-Notfallzentren der internistischen und chirurgischen Nothilfe zusammengeführt. Das Klinikum Schwabing gehört außerdem zu den größeren kinderonkologischen Zentren in Deutschland. Im Neubau findet sich daher auch das zertifizierte kinderonkologische Zentrum mit dem Bereich der Knochenmarkstransplantation. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder, eine der größten Spezialeinheiten für Kinder mit Verbrühungen und Verbrennungen in Deutschland.
Die neue und hochmoderne Geburts- und Wochenbettstation ist nun größer und komfortabler. Bis
zu 3000 Geburten können hier stattfinden. Die Klinik ist zudem als "babyfreundliches Krankenhaus" zertifiziert. Jede Entbindung soll individuell, familienorientiert und natürlich gestaltet werden können, es gibt Familienzimmer und Hebammen-Unterstützung auch auf der Wochenbettstation.
Für unvorhergesehene Notfälle oder Risikoschwangerschaften ist dennoch direkt nebenan die Kinderintensiveinheit mit Neonatologie untergebracht. Nicole Ferschl, Stationsleiterin der Neonatologie, freut sich: "Bisher musste ich die Eltern abends nach Hause schicken - bald kann die Mama, wenn sie möchte, direkt bei uns übernachten und ihr Kind stillen."
Schwabing ist als Perinatalzentrum Level 1 ein Zentrum der höchsten Versorgungsstufe. Über 40 Frühchen unter 1250 Gramm werden hier jährlich versorgt. Auch Gebärende können, falls nötig, direkt im Kreißsaal intensivmedizinisch versorgt werden. Trotzdem sie jederzeit einsatzbereit ist, so betont man, bleibe die Hochleistungsmedizin hier diskret im Hintergrund.
Neben der Frauen- und Kinderklinik wird auch der zentrale OP-Bereich in dem Neubau untergebracht. Fünf Operationssäle stehen hier bereit für Patienten vom Frühgeborenen bis zum Erwachsenen. Die Ausstattung ist auch hier hochmodern - eine gesteuerte Lichtstimmung etwa macht Kontraste besser sichtbar. Perspektivisch soll auch ein OP-Roboter für millimetergenaues Arbeiten dazukommen.
Neben all der Technik wurde im Neubau auch viel Wert auf die Innenausstattung gelegt. "Man weiß ja, dass das Umfeld sich auch positiv auf die Genesung auswirkt", sagt Irene Teichert von Lüttichau dazu. Sie ist Vorständin der Stiftung Kinderklinik München, die sich mit vielen Spendern und viel bürgerschaftlichem Engagement besonders für die kinderfreundliche Gestaltung des Baus eingesetzt hat.
Auf den Fluren und in den Zimmern der Kinderstationen geht es bunt und kindgerecht zu, mit kräftigen Farben. Auf der Geburts- und Wochenbettstation sind die Farben eher warm und gedeckt gehalten. In die Ausstattung des Mutter-Kind-Zentrums wurden rund eine Million Euro investiert. An die Decken in den Patientenzimmern wird ein Sternenhimmel projiziert, damit die Kleinen in der fremden Umgebung gut einschlafen. Drei "digitale Wände" stellen ein Aquarium dar. Bewegt man die Hand über die Wand, kommt ein digitaler Fisch angeschwommen, das lenkt beim Warten ab.
Auch wenn jetzt der Umzug ansteht - fertig ist das Großprojekt nicht.
Nach der Klinik-Eröffnung folgt der zweite Bauabschnitt. In diesem wird die Kinderklinik erweitert und die Gynäkologie sowie das Unfallzentrum für Erwachsene untergebracht, erklärt Götz Brodermann, Chef der München Klinik.
Das angrenzende Haus 25 wird abgerissen und durch einen Erweiterungsbau ersetzt. Zugleich wird der Altbau Haus 24 an der Parzivalstraße saniert und durch verglaste Übergänge mit dem Neubau verbunden. Dies bildet dann die komplette neue Klinik. Ist alles fertig, wird auch der Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des neuen Gebäudes liegen.
Die Gebäude, die durch den Neubau frei werden und erhalten bleiben, werden von der Stadt zu einem Gesundheitscampus für alle Münchner Bürger entwickelt. Drei ehemalige Bettenhäuser werden außerdem zu rund 200 Wohnungen für Pflegekräfte der München Klinik und der Münchenstift umgebaut. "Wir brauchen dringend Personal und daher auch Wohnungen, die sich die Leute leisten können", sagt OB Dieter Reiter dazu.
Zum Abschluss der Eröffnungsfeier schickten Mitarbeiter, aber auch ehemalige Patienten ihre persönlichen Wünsche für die neue Klinik, ihre zukünftigen Patienten und Beschäftigen auf Karten an Luftballons in den Himmel. Eine rührende Aktion, die zwischen all den Grußworten und Danksagungen zeigt, dass es hier eben um wirkliche Schicksale geht.