Senioren geprügelt: "Geh'n wir Omas klatschen!"
Drei Schüler (13) aus Germering greifen wahllos ältere Frauen an, schlagen sie und filmen sich dabei. „Happy-Slapping“ werden solche Attacken genannt. DIe Burschen gestehen 30 Taten
Germering - Andere Buben in ihrem Alter treffen sich nachmittags zum Fußballspielen, sie trafen sich zum „Omas klatschen“. So nannten drei 13-jährige Schüler aus Germering ihre Freizeitbeschäftigung. Bei der Vorstellung des Sicherheitsberichtes der Polizei in Germering am Donnerstag, berichtete Polizeichef Frank Walter von einer erschreckenden Serie von Jugendkriminalität, die seine Beamten 2012 wochenlang beschäftigt hatte. Als die Burschen ermittelt waren, konnten sie nicht bestraft werden: mit damals 13 Jahren waren sie noch strafunmündig.
Im Sommer häuften sich bei der Polizei in Germering Anzeigen von älteren Frauen. Alle berichteten, dass sie von Jugendlichen angegriffen worden waren. Die Buben kamen auf ihren Rollerblades oder Fahrrädern meist von hinten angerollt und schlugen unvermittelt auf die Frauen ein. „Sie schlugen auf den Kopf, ins Gesicht, auf den Rücken oder das Gesäß“, so Vize-Inspektionsleiter Andreas Ruch zur AZ. Zehn Rentner kamen aufs Revier, erstatten Anzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung.
Mehrere Opfer beschrieben einen der Täter als sehr klein mit auffälliger Frisur. Die Polizei setzte auch Jugendbeamte ein. Sie ermittelten in den Jugendtreffs in Germering.
Die entscheidende Spur führte zu einer Mittelschule in Germering. Am 4. Juli holten Zivilfahnder dort drei Teenager aus dem Unterricht und brachten sie im Streifenwagen aufs Revier. Dort gaben die Buben 30 Taten zu – weit mehr als Anzeigen vorlagen.
Auf einem Handy fanden die Polizisten zudem ein Video, das eine Attacke dokumentierte – auch sie war nicht angezeigt worden. Auf dem Film war eines der Kinder zu sehen, wie es in den Garten eines älteren Ehepaars eindrang. Die Rentner saßen auf ihrer Terrasse bei Kaffee und Kuchen. Der Bub beleidigte das völlig perplexe Paar, räumte den Kaffeetisch ab und kippte den Müll aus einem Abfalleimer über den Gartenzaun. Dann verschwand er. Das Rentnerpaar blieb fassungslos zurück.
Solche Überraschungsangriffe werden weltweit als „Happy Slapping“ bezeichnet, erste Fälle gab es in den 90er Jahren in Großbritannien. Die Reaktion der Opfer wird gefilmt und im Internet veröffentlicht oder per Handy verbreitet, um damit anzugeben und die Opfer zu erniedrigen. Erfahrungsgemäß erstatten viele Opfer keine Anzeige.
Auf der Polizeiwache wurden die drei jungen Schläger fotografiert, außerdem mussten sie ihre Fingerabdrücke abgeben. „Der eine war so klein, dass er sich dafür auf die Zehenspitzen stellen musste“, sagt Andreas Ruch. Nach der erkennungsdienstlichen Behandlung wurden die drei von ihren Müttern abgeholt.
Der Ausflug zur Polizei hat offenbar Eindruck hinterlassen. „Seitdem ist Ruhe“, sagt Andreas Ruch.
Die Daten der Buben sind nun bei der Polizei gespeichert. Mit 14 sind sie strafmündig. Dann kommen sie nicht mehr so glimpflich davon.
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