Sendlinger Moschee vor dem Aus - zu teuer, zu groß zu protzig

Die neue Moschee am Gotzinger Platz wird immer mehr zur Fata Morgana. Denn jetzt gibt es selbst in der türkischen Gemeinde Ditim große Vorbehalte: Zu groß, zu teuer, zu protzig. 500 000 Euro hat man schon ausgegeben. Aber das Geld versiegt.
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Die Moschee am Gotzinger Platz wird wohl deutlich bescheidener ausfallen.
az Die Moschee am Gotzinger Platz wird wohl deutlich bescheidener ausfallen.

Die neue Moschee am Gotzinger Platz wird immer mehr zur Fata Morgana. Denn jetzt gibt es selbst in der türkischen Gemeinde Ditim große Vorbehalte: Zu groß, zu teuer, zu protzig. 500 000 Euro hat man schon ausgegeben. Aber das Geld versiegt.

In der Schublade liegen schon genehmigte und kostengünstige Pläne, die alte Moschee umzubauen. Vor wenigen Wochen hat die türkische Gemeinde Ditim einen neuen Vorstand gewählt. Mit dem Dolmetscher Recet Dereli wurde ein Moschee-Skeptiker Vorsitzender. „Ich bin Realist. Man kann keine Luftschlösser bauen. Wie konntet ihr so waghalsig sein?“ fragt er die Vorgänger. Die wollen raus aus dem alten Möbellager in der Schanzenbachstraße – und am Gotzinger Platz für zwölf Millionen Euro eine repräsentative Moschee bauen. Für Dereli ist das Projekt schlecht vorbereitet. Er hat auch OB Ude gefragt, warum er die Pläne unterstützt. Dereli: „Ude ist begeisterter dabei als viele Türken.“

Heute hat der Verein leere Kassen und kann nicht einmal die Grunderwerbssteuer von rund 90 000 Euro zahlen. Alle Spenden sind für Architekten, Anwälte und Gerichtskosten draufgegangen. Bislang 500 000 Euro. „Ich könnte mir die Haare raufen“, sagt Dereli. „Wenn ich damals im Vorstand gewesen wäre, hätte ich mich gegen das Projekt gewehrt. Und wenn wir weiter träumen, kommen noch mehr Verluste dazu.“ Seit dem Streit um die Moschee sei die Spendenbereitschaft gleich Null.

Dereli hätte im Streit um den Bebauungsplan nicht geklagt. Ditim solle sich darauf besinnen, was möglich ist. Und da gibt es bereits von der Stadt genehmigte Pläne, die alte Moschee umzubauen: für 1,2 Millionen Euro. Damit könnte auch das Platzproblem gelöst werden. In den jetzigen Gebetsraum passen 500 Gläubige, Platz für 1000 wird gebraucht. Dereli: „Das Problem haben wir aber nur beim Freitagsgebet.“ Der Plan: Das Gebäude wird um eine Etage aufgestockt und bekommt eine kleine Glaskuppel, so dass es mehr wie eine Moschee aussieht – aber kein Minarett. Der Keller wird als Freizeitheim für Jugendliche ausgebaut, der Hof bekommt ein Vordach – und es soll einen Lärmschutz für die Nachbarschaft geben.

Ditim-Vorsitzende zeigt sich skeptisch

Zu dem Neubau am Gotzinger Platz meint der Ditim-Vorsitzende: „Ich hätte kleiner angefangen, ich bin gegen Protzbauten.“ Vor allem dort, wo es Widerstand aus der Bevölkerung gibt. Denn Dereli legt großen Wert auf gute Nachbarschaft. „Man muss auch nicht schon von weitem sehen, dass dort eine Moschee steht.“ Die hohen Minarette brauche es nicht – und die Kaufhaus-Fassade mag er nicht. OB Ude hatte immer für die Moschee gekämpft – ein Aus für das Projekt würde ihn treffen: „Ich wäre persönlich enttäuscht“, sagt er. „Ich habe immer unterstellt, dass der Bauherr sein Projekt realisieren kann.“ Der Verein habe das finanzielle Problem früher als lösbar dargestellt. Die Stadt habe gezeigt, dass das Projekt nicht an ihr scheitern werde. „Für die Finanzierung ist der Moscheeverein zuständig.“ Ditim-Chef Dereli will nicht sofort kapitulieren. „Es wäre leicht für mich zu sagen, es ist aus.“ Er setzt auf den neuen Religionsattaché im türkischen Konsulat in München und dessen Kontakte zum türkischen Religionsamt. „Ich werde überall hingehen und für das Projekt werben.“ Er hat noch zehn Monate, dann muss die Finanzierung stehen.

„Wollen würde ich schon, nur muss man es realistisch einschätzen“, sagt Dereli. „Vielleicht kommt ja einmal eine reifere und reichere Zeit, um eine Moschee zu bauen, die passt. Aber nicht am Gotzinger Platz. Irgendwann werden wir salonfähig sein, um nicht in einem Hinterhof eine Moschee zu bauen.“ Dereli spielt auf Zeit: „Wir sind keine obdachlose Gemeinde, wir haben auch jetzt eine Moschee."

Willi Bock, Julia Lenders

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