Semesterticket 50 Prozent teurer? Was der MVV alles plant

MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag will den Preis für das Semsterticket um bis zu 50 Prozent erhöhen. Fahrkarten-Automaten sollen allmählich verschwinden - welche Änderungen noch kommen.
von  Nina Job
Heute will der MVV erstmals konkrete Zahlen vorlegen. Dass das Ticket teurer wird, scheint klar. Die Frage ist nur um wie viel.
Heute will der MVV erstmals konkrete Zahlen vorlegen. Dass das Ticket teurer wird, scheint klar. Die Frage ist nur um wie viel. © az

München - Sechzehn Ringe, vier Zonen, 107 Seiten Beförderungs- und Tarifbestimmungen: Im Tarifdschungel des MVV den Durchblick zu behalten, ist bekanntermaßen eine Wissenschaft für sich. Vor einem Jahr wurde in einer Klausurtagung eine Tarifstrukturreform beschlossen.

Wie ist der Stand der Dinge? Darüber sprach MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag am Donnerstag in einer Sitzung des Regionalen Planungsverbands München (RPV) im Rathaus. Lange bevor beim MVV große Veränderungen Realität werden, müssen sich die 113.000 Münchner Studenten schon bald auf eine saftige Erhöhung des Semstertickets gefasst machen: Der MVV-Geschäftsführer hat einen Brandbrief an Oberbürgermeister Dieter Reiter geschickt, in dem er eine deutliche Erhöhung fordert. Wenn es allein nach ihm ginge, müssten die Studenten künftig 20 bis 50 Prozent mehr berappen.

 

Das Semesterticket als Pilotprojekt

 

Das Semesterticket wurde zum Wintersemester 2013/14 zunächst als Pilotprojekt eingeführt. Alle Studenten zahlen mit Semesterbeginn automatisch einen Solidarbeitrag von derzeit 62,50 Euro. Dafür können sie am Wochenende sowie von 18 Uhr bis 6 Uhr des Folgetags im gesamten MVV-Gebiet sechs Monate lang fahren. Für zusätzliche 157,60 Euro pro Semester können sie jederzeit ohne Einschränkungen fahren. Das Ticket hat sich zum absoluten Erfolgsmodell entwickelt. „75 Prozent der Studierenden, also 87.000 Studenten, haben es im Wintersemester gekauft“, bestätigte MVV-Sprecherin Beate Brennauer der AZ.

Lesen Sie hier: So sollen Münchens Tiefbahnhöfe aufgehübscht werden

Das Pilotprojekt läuft mit diesem Semester aus. Die Entscheidung, wieviel das Ticket künftig kosten, muss bald fallen.

 

München soll Europas modernstes Tarifsystem bekommen

 

Neue Preise und andere Tarifmodelle werden aber nicht nur für Studenten kommen. Im Januar wurde „civity intraplan“, ein Beratungsunternehmen für öffentliche Dienstleistungen, mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Ergebnisse sollen in den kommenden zehn Monaten vorliegen. Parallel dazu laufen Arbeiten zu einem Dachtarif für die gesamte Metropolregion München. „Unsere Vision ist das modernste Tarifsystem Europas“, sagt Alexander Freitag. „Wie 1972 stehen wir vor entscheidenden Weichenstellungen, die über die nächsten 20, 30 Jahre bestimmen.“

Sozial ausgewogen, transparent, anpassungsfähig, komfortabel – das sind nur einige der vielen Anforderungen an das neue Tarifsystem. „Es wird immer Kompromisse und Abwägungen geben müssen“, sagt der MVV-Chef. Als sicher gilt schon jetzt: Fahrkarten-Automaten werden langsam verschwinden: „Der Automat der Zukunft ist die Chipkarte. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Leute das wollen.“

 

Wie machen es andere?

 

In Paris zahlt ein Fahrgast für einen Kilometer Fahrt den selben Preis wie für 60 Kilometer. Im Gegensatz dazu wird in Frankfurt entfernungsabhängig abgerechnet. Jeder Fahrgast zahlt einen Grundpreis von 1,69 Euro und dann je nachdem, ob er innerhalb oder außerhalb der Stadt unterwegs ist, knapp 22 Cent oder 11 Cent pro Kilometer. Ähnlich läuft es in Südtirol: Der Fahrtpreis wird über ein sogenanntes Checkin-Checkout-System berechnet.

Lesen Sie hier: So soll der U-Bahnhof Sendlinger Tor aussehen

„Bei Zeitkarten-Kunden muss man anders reagieren“, sagt Alexander Freitag. Könnte hier vielleicht Wien als Vorbild dienen? Dort gibt es eine ÖPNV-Jahreskarte für sensationelle 365 Euro – wer täglich fährt, zahlt also nur einen Euro. „Wir haben den einigermaßen rationalsten Tarif“, findet der MVV-Geschäftsführer. „Was nicht über die Einnahmen hereinkommt, geht auf Kosten der Steuerzahler.“

 

Neu im MVV: „Filzenexpress“ zwischen Tulling und Wasserburg

 

Der Verbund wächst weiter. Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres gehört der „Filzenexpress“ zwischen Tulling und Wasserburg am Inn im Landkreis Rosenheim zum MVV. Aber auch die Städte und Landkreise Landsberg am Lech, Landshut, Pfaffenhofen und Rosenheim wollen dazu gehören.

Ein einheitlicher Dachtarif in der Metropolregion München wurde 2015 beschlossen. Realisiert wird er aber frühestens 2019. OB Dieter Reiter sagte am Ende der Sitzung: „Ich glaube nach wie vor, dass der Tarif vor allem einfacher werden muss und gerecht ist für alle. Auf das Wiener Modell werde ich mindestens einmal im Monat angesprochen. Das hätten wir auch gern.“

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.