SEK stürmt Haus im Olympischen Dorf
Es war um 4 Uhr morgens: Plötzlich wird die Münchnerin Sabine K. (Name von der Redaktion geändert) von lauten Schlägen an ihre Tür geweckt. Dann stehen auch schon schwarz gekleidete und schwer bewaffnete SEK-Beamte in ihrer Wohnung im Olympiadorf. Sie durchsuchen die Zimmer, beschlagnahmen Gegenstände, darunter wohl auch zwei Schreckschusspistolen. Doch der Mann, den sie suchen, ist nicht da.
Der Einsatz in dem Hochhaus in der Connollystraße 22 – dort genau gegenüber haben vor 40 Jahren palästinensische Terroristen das Olympia-Attentat verübt – ist Teil einer Durchsuchungsaktion von Bundesanwaltschaft und Staatsanwaltschaft Stuttgart.
Hintergrund sind bekanntgewordene Pläne von mindestens zwei Männern tunesischer Herkunft, Anschläge vorbereitet zu haben. Sie seien mehr ein Jahr lang beobachtet worden, nachdem sie durch ein gesteigertes Interesse an Sprengstoff und Modellflugzeugen aufgefallen waren.
Auch Haus in Karlsfeld bei Dachau wurde durchsucht
Insgesamt durchsuchten gestern 90 Spezialbeamte aus Baden-Württemberg und Bayern neun Wohnungen im Großraum München, im Großraum Stuttgart, in Sachsen sowie in Belgien. Im Münchner Raum wurde neben der Wohnung im Olympiapark noch ein Haus in Karlsfeld bei Dachau durchsucht, in dem auch ein Tunesier wohnen soll. Hier sollen die Beamten angeblich 15000 Euro in bar gefunden haben. Eine offizielle Festnahme gab es nicht; allerdings wurde in Fellbach bei Stuttgart ein Mann in Handschellen abgeführt. Bei den mehrstündigen Razzien sollen viele Unterlagen und Computer beschlagnahmt worden sein.
Wie üblich hält sich die bei den Durchsuchungsaktionen federführende Bundesanwaltschaft zurück, was Gründe der Aktion betrifft. Nur so viel ist bekannt: Die Durchsuchungen im Raum Stuttgart und Belgien richteten sich gegen die zwei Männer tunesischer Herkunft. Sie werden verdächtigt, sich gezielt Informationen und Gegenstände beschafft zu haben, um Sprengstoffanschläge mit ferngesteuerten Modellflugzeugen durchführen zu können. In Stuttgart und in München wurden zudem die Wohnungen von vier Kontaktpersonen der beiden Tunesier durchsucht. Gegen sie besteht vor allem der Verdacht, dass sie Gelder zur Finanzierung des „Heiligen Krieges“ eingetrieben haben.
Nach AZ-Informationen handelt es sich bei dem in der Connollystraße – vergeblich – gesuchten Verdächtigen ebenfalls um einen Tunesier. Er soll sich nur zeitweise in der Wohnung im Olympiapark aufgehalten haben – sonst nahe Stuttgart.
Im Studium für die Anschläge gelernt
Laut Generalbundesanwaltschaft richtete sich die Aktion zudem gegen fünf Personen aus dem Umfeld der Beschuldigten, gegen die wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt wird. Nach Informationen des SWR studieren mehrere der Verdächtigen, darunter Luft- und Raumfahrttechnik. Sie hätten im Rahmen ihres Studiums Übungen gemacht, die missbraucht werden könnten. Darunter seien Methoden gewesen, Modellflieger mittels GPS bestimmte Routen fliegen zu lassen.
In einer Erklärung des Generalbundesanwaltes heißt es: „Ziel war es, Beweismittel für etwaige Anschlagpläne und -vorbereitungen zu gewinnen sowie Erkenntnisse über die Finanzierungswege des radikal-islamistischen Terrorismus zu erlangen.“
Nichts zu tun haben die gestrigen Razzien offenbar mit der Rückkehr von etwa 20 kampfbereiten Islamisten von Einsätzen im syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland. Viele der Rückkehrer seien emotional so aufgeladen, dass die Gefahr bestehe, dass sie hier Anschläge vorbereiteten, sagte Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen.
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