SEK-Einsatz am Ostbahnhof: Amokalarm an Münchner Berufsschule
Ein martialisch, in Schwarz gekleideter 18-Jähriger erscheint an seiner ehemaligen Schule am Ostbahnhof und löst damit Angst und Schrecken aus. Am Ende entpuppt sich alles als Missverständnis.
München - Der junge Mann ist von Kopf bis Fuß komplett in Schwarz gekleidet, Springerstiefel, eine Art Schutzweste am Oberkörper mit zwei außen angebrachten Funkgeräten. Ein Draht lugt verdächtig aus seiner Kleidung. Dazu trägt der Besucher einen Rucksack. So ausgestattet taucht der 18-Jährige aus München Montagmorgen unangemeldet an seiner früheren Schule in der Orleansstraße auf.
Er hat dort bis vor einem halben Jahr eine Ausbildung für zahnmedizinische Fachangestellte absolviert, aber nicht abgeschlossen. Kurz vor 9 Uhr betritt der 18-Jährige das Sekretariat. Dort hat man ihn wegen seines früheren Auftretens nicht unbedingt in guter Erinnerung. "Wegen wiederholter Disziplinlosigkeiten wurde er im Dezember 2016 suspendiert", sagt ein Sprecher des Schulreferats. Sein "dominantes Auftreten", so heißt es an der Schule, habe keine andere Wahl gelassen.
Martialisches Outfit erschreckt Sekretärin
Der 18-Jährige soll sich aggressiv gegenüber Mitschülern und Lehrern verhalten haben. Als er zudem seine Lehrstelle verliert, darf er schließlich auch nicht mehr die Schule besuchen. Die Mitarbeiterin im Sekretariat erkennt den 18-Jährigen sofort wieder. Sie weiß auch von seiner unrühmlichen Vorgeschichte. Er will mit der Schulleitung sprechen, sagt er, aber er hat keinen Termin, und er nennt auch nicht den Grund seines Besuchs.
Was die Mitarbeiterin aber vor allem erschreckt, ist das martialische Outfit des ehemaligen Schülers. Früher lief er wie alle anderen Teenager auch in Jeans herum. Jetzt erinnert seine Kleidung eher an einen Ninja-Kämpfer. Der 18-Jährige kommt der Sekretärin unheimlich vor. Geradezu gefährlich, obwohl der der junge Mann ruhig und gefasst wirkt. Er schreit nicht wirr herum, bedroht auch niemanden an der Schule. Aber er sieht gefährlich aus. Fast wie einer jener jungen Männer, die in jüngster Vergangenheit mit Amokläufen für Schlagzeilen gesorgt hatten.
Jeder verfügbare Streifenwagen fährt in die Orleansstraße
Aus Angst, die Situation könnte aus dem Ruder laufen, bittet ihn die Mitarbeiterin, das Sekretariat zu verlassen. Der 18-Jährige tut, worum er gebeten wird. Er geht runter ins Foyer des Schulzentrums. Dort läuft er dem Hausmeister über den Weg. Auch der ist angesichts der merkwürdigen Ausstaffierung des Besuchers alarmiert. Der 18-Jährige gibt sich allerdings auch ihm gegenüber völlig friedlich.
Im Haus läuft dagegen längst das an allen Schulen inzwischen übliche Notfallprozedere. Eine Durchsage erfolgt, ein Codewort wird durchgegeben und informiert die Lehrer. Sie wissen, es gilt Amok-Alarm an der Schule. Jedem ist klar, was er in so einer Situation zu tun hat. Die Schüler bleiben sicherheitshalber in ihren Klassenzimmern, sämtliche Türen werden abgeschlossen. Alle warten auf Hilfe. Die ist unterwegs. Die Polizei ist verständigt. Jeder verfügbare Streifenwagen rast in die Orleansstraße.
18-Jähriger wollte sich entschuldigen
Bei den Beamten weckt der Einsatz sofort böse Erinnerung an den Amoklauf im OEZ. Dabei erschoss im vergangenen Juli ein 18-Jähriger neun Menschen. Um das Schulzentrum werden Straßensperren errichtet. Die Polizisten umstellen das Gebäude. Spezialkräfte aus der Polizeikaserne in der Rosenheimer Straße treffen ein. Der 18-Jährige wird überwältigt und abgeführt. Schnell ist klar, er ist weder bewaffnet noch geht von ihm eine Gefahr aus.
Die Polizisten suchen das gesamte Gebäude ab, vom Keller bis zum Dach. Nirgendwo finden sie Waffen, Sprengstoff oder Ähnliches. Der Alarm wird abgeblasen. Er entpuppt sich als Missverständnis, eines mit weitreichenden Folgen. "Die Schule hat sich in der Situation richtig verhalten", sagt Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins.
Auch dem 18-Jährigen kann man juristisch kaum etwas Vorwerfen – abgesehen von seinem fragwürdigen Kleidungsstil. Gegen ihn wird lediglich wegen Hausfriedensbruch ermittelt, weil er trotz Verbot die Schule betreten hat. Eigentlich, so erzählt er später der Polizei, habe er sich bei seinem Besuch an der Schule nur für sein schlechtes Benehmen in der Vergangenheit entschuldigen wollen.
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