Seine Liebe zum Pelz bleibt: Kürschnermeister Albert Fröhlich geht in Rente

Kürschnermeister Albert Fröhlich verkauft den betuchten Münchnern über ein halbes Jahrhundert seine Pelzwaren. Mit 80 geht er in den Ruhestand. Ein AZ-Besuch im Atelier.
von  Carmen Merckenschlager
Albert Fröhlich in seiner kleinen Werkstatt. Nur Kleinigkeiten macht er hier. Gerade arbeitet er an einer Mütze. Für die AZ legt er die Schablonen bereit.
Albert Fröhlich in seiner kleinen Werkstatt. Nur Kleinigkeiten macht er hier. Gerade arbeitet er an einer Mütze. Für die AZ legt er die Schablonen bereit. © Bernd Wackerbauer

München - "Ich muss nicht aufhören, ich kann", sagt Albert Fröhlich (80) entschlossen. Wie sehr in dem Können auch ein Wollen steckt, kommt im Gespräch nur selten durch. Über 50 Jahre hat Kürschnermeister Fröhlich in München seine Pelze verkauft, immer in exklusiven Boutiquen an Münchens schicksten Ecken. Ende März schließt er seinen Laden in der Pfisterstraße. "Mit 80 ist es ja vielleicht doch mal an der Zeit", sagt er.

Albert Fröhlich liebt seinen Beruf 

Fröhlich ist einer von der Sorte, der jünger wirkt. Zwar ist sein Haar weiß und auch Falten findet man schon in seinem Gesicht. Fröhlichs Augen sind wach und freundlich, nehmen Anteil an der Welt, dezent umrahmt von einer modernen Brille. Immer wieder lässt er mal flapsig ein Schimpfwort fallen, immer wieder sagt er "das ist ja schon geil". Er lacht viel. Österreicher halt.

"Es steht jedem alles, gefallen muss es einem halt", findet Fröhlich. Zum Spaß setzt er für die AZ die bunte Mütze auf.
"Es steht jedem alles, gefallen muss es einem halt", findet Fröhlich. Zum Spaß setzt er für die AZ die bunte Mütze auf. © Bernd Wackerbauer

Wenn Fröhlich gestikuliert, scheppert es immer ein bisschen. Er trägt ein Armband aus türkisen Steinen, samt kleiner Schelle. Sein Revers schmückt eine Brosche mit dem Wort "Love", also Liebe. Und wenn eines klar wird, wenn man mit dem Kürschner spricht: Seinen Beruf, den liebte er, und tut es heute noch.

Über London und Paris kommt Fröhlich nach München 

Gelernt hat Fröhlich in Österreich. Der Vater war Kürschnermeister in Graz, also lernte der Sohn dasselbe. "Das war halt damals so. Basta. Aber ich hatte Scheuklappen auf, ich hätte gar nicht gewusst, was ich sonst hätte machen sollen. Deshalb ging ich mit 14 in die Lehre", erzählt Fröhlich mit leichtem österreichischen Einschlag. Bei dem Wort "Basta" winkt er ab, es schellt leicht. 1967 macht er seine Meisterprüfung. Seine Stationen führen ihn nach London und Paris und schließlich nach München. Da gefiel es ihm so gut, dass er blieb. Bis heute.

"Deutschland war damals einer der größten Pelzverbraucher überhaupt. In einem Karree zwischen Theatinerstraße, Maffeistraße und Brienner gab es sicher 15 Pelzgeschäfte", erzählt er. In vielen der namhaften Läden hat er gearbeitet. "150 Mark hab ich damals verdient pro Woche. Ein Persianer kostete 5.000 Mark. Schon Wahnsinn eigentlich."

Unverarbeitete Chinchilla-Pelze.Fröhlich liebt die Arbeit mit dem Material.
Unverarbeitete Chinchilla-Pelze.Fröhlich liebt die Arbeit mit dem Material. © Bernd Wackerbauer

Albert Fröhlich machte sich 1970 selbstständig 

1970 macht er sich schließlich selbstständig – in München die goldene Zeit des Pelzes. "Mei, das war halt so die natürliche Konsequenz", findet der 80-Jährige. Über ein duzend Angestellte hat Fröhlich zeitweise. Der Kürschner traut sich damals an grelle Farben, ausgefallenere Schnitte. Nach und nach werden große Modezeitschriften auf ihn aufmerksam, er arbeitet mit Lagerfeld, Newton. Seine Kreationen, die zum Beispiel in der Vogue veröffentlicht wurden, hat er gesammelt auf Karton in seinem Laden stehen. "Das sind redaktionelle Beiträge, das ist schon geil", sagt er, daran erinnert er sich gerne.

"Ich würde schon sagen, alles was in München Rang und Namen hatte, hat bei mir eingekauft", sagt er stolz, aber nicht arrogant. Anselm Kiefer ist ein Name, der ihm da einfällt, die Familie Piëch sei oft da gewesen, "das war so eine liebe Kundschaft", erinnert sich Fröhlich. Genauso wie der Politiker Rainer Barzel, dessen Frau habe seinen Pelz getragen.

"Ein Leopardenmantel für 80.000 Euro. Das war halt so"

Ende der 70er ändert sich das Verhältnis zu Pelz in einem großen Teil der Bevölkerung. "Vorher war das Statussymbol. Da bekam die Tochter zum 18. einen Wildnerz für 5.000 Mark geschenkt. Andere kauften sich einen Breitschwanz Leopardenmantel für 80.000 Euro. Das war halt so."

Die kritische Auseinandersetzung begann für Fröhlich mit weißen Seehundbabys, welche brutal erschlagen wurden und dies an die Öffentlichkeit gelang. "Slogans wie 'Bist du gut zu Tieren, bist du gut zu Menschen' waren plötzlich präsent. Und dann ging's los mit den Anti-Pelz-Kurzfilmen", sagt Fröhlich.

Pelzfetzen, Mannequins und Schnittmuster: In der kleinen Werkstatt probiert der Kürschner Neues aus.
Pelzfetzen, Mannequins und Schnittmuster: In der kleinen Werkstatt probiert der Kürschner Neues aus. © Bernd Wackerbauer

Gab immer wieder Angriffe auf seinen Laden 

Wenn er darüber spricht, redet er ein bisschen schneller. Es scheint ihm nahe zu gehen, wenngleich er es heute voller Humor erzählt und dabei immer wieder lacht. Er liebt eben den Beruf des Kürschners, die Felle, das Verarbeiten, das Ergebnis. Heute wie damals. Er musste sich zu der Zeit einiges anhören, wüste Beschimpfungen in der Presse lesen. 

Ein bisschen habe sich der Sturm wieder gelegt. Manche Attacke auf sein Geschäft gab es aber immer wieder. "Mei, die schmeißen dann mit Farbe oder kleben solche Aufkleber hin, die ganz schwer nur wieder abgehen. Ein paar Blöde finden sich halt immer", sagt er. Verstehen kann er das nicht.

An der speziellen Nähmaschine werden Fellteile zusammengenäht.
An der speziellen Nähmaschine werden Fellteile zusammengenäht. © Bernd Wackerbauer

"Ein Pelzmantel wird über Generationen getragen"

"Pelz ist nachhaltig. Kunstpelz ist ein Frevel. Das Plastik geht alles in die Umwelt, vergiftet die Meere. Ein Pelzmantel wird über Generationen getragen." Das ein Tier leiden müsse, für die Pelzhaltung, das denkt Fröhlich nicht. Er hat selbst schon Pelzfarmen besucht, zum Beispiel in den 80ern in Ungarn. "Zwischen Hamburg, Shanghai und Feldmoching ist mir nicht untergekommen, dass ein Tier für den Pelz gequält wurde. Das würde der Qualität schaden", findet Fröhlich.

Und die Qualität ist ihm wichtig. Die komme beispielsweise aus Pelzfarmen in Dänemark oder Schweden. "Aber da nimmt sich ja wieder keiner die Zeit, die zu besichtigen. Da werden brutale Filme gezeigt, die aber nicht der Norm entsprechen. Dieser Quatsch muss aufhören", sagt er.

"Auf diese Unsicherheit habe ich keine Lust mehr"

Die Diskussionen rund um seinen Werkstoff lassen ihn nicht kalt, raubten ihm bis jetzt aber keinsterweise die Freude am Kürschnerdasein: "Ich liebe, was ich tue!" Mit 80 sei aber eben alles nicht mehr ganz so lässig zu bewerkstelligen wie noch vor zehn oder 20 Jahren.

Außerdem: "Ich weiß nicht, was die neue Saison bringt. Auf diese Unsicherheit habe ich keine Lust mehr", so Fröhlich. Stattdessen will der in der Freizeit noch ein bisschen an eigenen Sachen arbeiten, also Hobby. "Da mach ich dann was, was nur mir gefällt; und sonst keinem", scherzt er. Wenn ein Stammkunde eine Frage habe, sei sein Ohr natürlich auch immer offen.

Nach Rente: Albert Fröhlich will seine Verwandtschaft in der Welt besuchen

Was er sonst in seinem Ruhestand geplant hat? Ob er es vielleicht mit einem Sport versucht? "Nein, beim Yoga und beim Tennis bin ich nur unangenehm aufgefallen", erzählt er und lacht. Er habe viel Verwandtschaft in der Welt, die er besuchen wolle. Angst vor Langeweile habe er weniger.

"Da wird schon was kommen, was ich mache", sagt der 80-Jährige. Am ehesten kann man sich bei Fröhlich aber vorstellen, dass er in seiner Werkstatt doch immer ein wenig weiter arbeiten wird. Um es ganz zu lassen, liebt er seinen Beruf zu sehr.

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