Seine Kugeln töteten 9 Menschen: OEZ-Waffenhändler zeigt Reue

Am 22. Juni 2016 richtete David S. am OEZ ein Blutbad an. Der Mann, der ihm die Waffe beschaffte, wurde nun verurteilt.
Nina Job |
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Drei Stunden lang begründete Richter Frank Zimmer das Urteil.
Sven Hoppe/dpa 3 Drei Stunden lang begründete Richter Frank Zimmer das Urteil.
Das Denkmal für die Opfer des Anschlag.
Tobias Hase/dpa 3 Das Denkmal für die Opfer des Anschlag.
Polizisten vor dem McDonald's am OEZ.
Karl-Josef Hildenbrand/dpa 3 Polizisten vor dem McDonald's am OEZ.

Das Urteil ist gesprochen. Zurück bleiben Enttäuschung und Resignation bei den Hinterbliebenen und ihr unendlicher Schmerz über den Verlust ihrer Kinder.

Nach 21 Verhandlungstagen hat das Landgericht München den 33-jährigen Marburger Philipp K., der David S. († 18) die Glock 17 für den Massenmord am Olympia-Einkaufszentrum verkaufte, wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen, fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen und diverser Waffendelikte zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

Philipp K. zeigt sich reumütig

Das Gericht blieb dabei sogar noch unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die sieben Jahre und zwei Monate gefordert hatte. "Ich habe das nie gewollt", sagt der Angeklagte am Schluss.

Fast drei Stunden lang begründet der Vorsitzende Richter Frank Zimmer am Freitag die Entscheidung der Kammer. Doch seine Worte erreichen nur ganz wenige der Angehörigen von acht Jugendlichen und einer Mutter, die am 22. Juli 2016 am Olympia-Einkaufszentrum von David S. erschossen wurden, weil sie in dessen Augen türkisch aussahen.

Schon einige Zeit vorher, haben sie den Gerichtssaal verlassen - unmittelbar, bevor die Verteidiger von Philipp K. plädieren. An ein in ihren Augen gerechtes Urteil glaubt von den Hinterbliebenen zu diesem Zeitpunkt offenbar niemand mehr.

Am Vormittag hatten noch einmal zwei Mütter unter Tränen das Wort ergriffen. "Man hat uns unsere Zukunft genommen. Ich weiß nicht, wie wir damit leben sollen. Unser Leben ist sinnlos geworden", sagte Machinte M., die Mutter von Hussein Daitzik († 17).

"Ich bin seit dem Mord in der Dunkelheit begraben"

"Ich bin die Mama von Selcuk", begann Yasemin Kilic. "Mein Sohn wurde von der Kugel des Angeklagten ermordet." Wie könne dieser Mann überhaupt jemals wieder aus dem Gefängnis kommen, fragte sie anklagend. Dieser Mann, der zu einem Mithäftling gesagt haben soll, er wolle das Denkmal für die Opfer am OEZ schänden, wenn er wieder aus dem Gefängnis kommt.

"Ich bin seit dem Mord an meinem Sohn in der Dunkelheit begraben. Es ist nichts mehr wie früher, wird es auch nie wieder sein." Danach verließ auch sie den Gerichtssaal.

Philipp K.s Verteidiger hielten eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren wegen einfachen Waffenhandels für angemessen. Anwalt David Mühlberger meinte, im Prozess sei häufig nicht unterschieden worden zwischen dem Mörder David S. und seinem Mandanten. Philipp K. habe "lediglich" die Glock 17 verkauft. "Dieser Nebensachverhalt ist rechtlich zu würdigen." Es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass K. die Waffe an einen "kranken Psychopathen verkaufte", der damit "losgeht, einen Amoklauf begeht und Kinder erschießt".

Es könne nicht sein, dass jeder, der eine Waffe illegal verkauft, wegen Beihilfe zum Mord "dran sei". Er verwies auf die Amnestie-Regelung für Besitzer von illegalen Waffen, die diese straffrei bei den Behörden abgeben können. Im Jahr 2009 gab es schon einmal eine. 200.000 Stück wurden damals bundesweit abgegeben. "Mit keiner wurde solch eine abscheuliche Tat begangen", so der Anwalt. Sein zweiter Verteidiger Sascha Marks mahnte, ein Prozess sei kein persönliches Tribunal.

Erstmals meldet sich der Angeklagte zu Wort

Fünf Monate lang hatte der Mann auf der Anklagebank geschwiegen. Am Schluss sagte er dann doch noch etwas: "Ich möchte den Angehörigen und Hinterbliebenen mein Beileid aussprechen. Ich habe das nie gewollt. Es tut mir leid", sagte er an die Angehörigen gewandt.

Niemand reagierte darauf. Es gab keine Zwischenrufe, niemand sprang auf, um unter Protest den Saal zu verlassen - wie häufig in den vergangenen Monaten. Der Vorsitzende Richter Frank Zimmer hatte ruhig und geduldig darauf reagiert. Erst am drittletzten Tag brummte er zwei Zuschauern eine Geldbuße auf, weil sie geklatscht hatten.

Auch für den letzten Tag rechnete das Gericht offensichtlich mit sehr emotionalen Ausbrüchen - wenn nicht Tumulten. Fast 30 Justizbeamte waren allein im Gerichtssaal eingesetzt, draußen warteten weitere.

Doch am Schluss des aufreibenden Prozesses war dann kaum noch jemand da.

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