Sechs Wochen Odyssee im Rollstuhl
MÜNCHEN - „Ich find’, das ist eine Frechheit!“ – Was der zwölfjährige Julian, der an der Glasknochen- Krankheit leidet, mit dem dauer-defekten Aufzug am U-Bahnhof Frankfurter Ring erleben musste.
Julian Heppner neigt nicht zum Wehklagen. Der zwölfjährige Bub ist resolut, er kann sich durchsetzen. Doch manchmal, da hat er einfach keine Chance.
Von Geburt an leidet Julian Heppner an der Glasknochenkrankheit. Deswegen sitzt er im Rollstuhl. Der Schüler lässt sich von seiner Behinderung so wenig wie möglich einschränken. Alleine setzt er sich in die U-Bahn und fährt zu seinen Freunden. Oder er geht mit ihnen ins Kino. Doch in den letzten Wochen kamen diese Aktivitäten für ihn einer kleinen Odyssee gleich.
Der Grund: Ausgerechnet am U-Bahnhof Frankfurter Ring, der in der Nähe von Julians Zuhause liegt, streikte der Aufzug. Immer wieder. Und zwar sechs Wochen lang. Ein unüberwindbares Hindernis. „Ich kann und darf keine Rolltreppe alleine fahren“, erzählt Julian. Zu groß ist die Gefahr, dass er stürzt. Und dass seine Knochen wieder brechen.
18 Minuten Umweg mit dem Bus
„Also muss ich rumkutschieren“, schimpft der Zwölfjährige. Mit dem Bus – 18 Minuten dauert es, bis Julian an einer anderen Haltestelle der U-Bahnlinie 2 ankommt. Und dort endlich den Aufzug zum Bahnsteig benutzen kann. „Ich kann meine Verabredungen nicht einhalten. Meine Freunde müssen warten.“
Sechs Wochen lang war der Aufzug am Frankfurter Ring immer wieder außer Betrieb. Er lief nur an vereinzelten Tagen. Doch die meiste Zeit musste Julian sich anders behelfen – und brauchte eine ganze Stunde bis zum Hauptbahnhof. „Das ist eine Frechheit, find’ ich!“
Die Stadtwerke sprechen von „einer Verkettung unglücklicher Umstände“. Zuerst hätten die gesamte Steuerung und die Verkabelung des Lifts ausgetauscht werden müssen. Es dauerte, bis die Ersatzteile geliefert wurden. Dann gab es den Angaben nach auch noch einen Defekt an der Hydraulik. „Wir bedauern die Unannehmlichkeiten, die den Kunden entstanden sind“, heißt es bei den Stadtwerken. Unannehmlichkeiten?
Für Julian war der Aufzug, der erst seit dieser Woche wieder funktioniert, mehr. Eine echte Barriere.
Julia Lenders
- Themen:
- U-Bahn