Sechs Jahre für Gigolo-Sgarbi: Sein mageres Geständnis

MÜNCHEN - Nach wenigen Stunden ist der Fall erledigt. Gigolo Helg Sgarbi, wegen Erpressung der Quandt-Erbin Susanne Klatten in München vor Gericht, entschuldigt sich "bei den Damen". Er wird verurteilt - Fragen bleiben offen.
Er wirkt normal und unauffällig, so gar nicht wie ein Herzensbrecher. Helg Sgarbi – Verführer, Betrüger und Erpresser von Deutschlands reichster Frau, Susanne Klatten, und weiteren wohlhabenden Damen – legt am Montag vor dem Landgericht München I ein Geständnis ab und erspart den Opfern eine Aussage. Damit wird es ein sehr kurzer Prozess, denn schon nach wenigen Stunden fällt das Gericht sein Urteil: Sgarbi soll für sechs Jahre in Haft – drei Jahre weniger als von der Staatsanwaltschaft gefordert und ein Jahr mehr als von der Verteidigung beantragt.
Die Frauen glaubten an Liebe, gaben ihm sechs- und siebenstellige Summen, doch er wollte noch mehr: Klatten und eine weitere Frau versuchte Sgarbi mit intimen Videos zu erpressen. Im schwarzen Anzug und weißen Hemd ist der 44-jährige Schweizer vor Gericht erschienen, er trägt eine dunkelrandige Brille, das kurze Haar glatt gekämmt. „Er sieht viel spießiger aus, als ich dachte“, raunt jemand im Zuschauerraum, als sich Sgarbi minutenlang scheinbar entspannt dem Blitzlichtgewitter der Fotografen stellt.
"In der Schweiz kein Betrug"
Der Anklage lauscht er mit teils gesenktem Kopf. Erst als Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sein Plädoyer mit der Forderung nach neun Jahren Haft beendet, legt er den Kopf in den Nacken, schließt halb die Augen und beginnt tief zu atmen. Seine Anwälte plädieren auf fünf Jahre. Zumindest Klatten sei ja „Gottseidank“ unbeschadet aus der Sache herausgekommen, sagt Verteidiger Egon Geis. Und sein Kollege Till Gontersweiler aus Zürich ergänzt: „In der Schweiz ist einfache Lüge kein Betrug.“
Sgarbi, Jurist und Dolmetscher, der sechs Sprachen fließend spricht, lernte die Damen in edlen Wellness-Hotels kennen, umgarnte sie und brachte sie dann stets mit der rührenden Geschichte von einem von ihm verursachten Unfall mit einem schwerverletzten Kind zur Zahlung sechs- bis siebenstelliger Beträge. Klatten weist ihn erst ab. „Darum wirst Du Dich selbst kümmern müssen“, sagte sie laut Aussageprotokollen, und er: „Nach allem, was wir hatten, lässt Du mich jetzt im Stich.“ In den nächsten Tagen gerät sie ins Grübeln. „Ich warf mir vor, einen Menschen im Stich gelassen zu haben, der mir besonders nahe war“, gab die Milliardärin später bei der Polizei an.
Tatsächlich wird sie weich: Sieben Millionen gibt ihm alleine Klatten - in einem Umzugskarton voller 500-Euro-Scheine, überreicht in der Tiefgarage eines Hotels. Insgesamt kassiert Sgarbi von Klatten und zwei der Frauen laut Staatsanwaltschaft rund 9,3 Millionen Euro.
Er fühlt sich sicher
Doch das reicht ihm nicht: Mit heimlich gedrehten Videos von intimen Begegnungen versucht er nun, Klatten und eine weitere Frau zu erpressen. Offenbar fühlt er sich sicher – ist es doch unwahrscheinlich, dass eine Frau wie Klatten die Sache auffliegen und die peinliche Öffentlichkeit riskieren würde. Doch er hatte sich getäuscht: Klatten zeigt ihn an.
„Ich bedauere das Vorgefallene zutiefst und entschuldige mich hier in dieser Hauptverhandlung und in aller Öffentlichkeit bei den geschädigten Damen“, sagt Sgarbi vor Gericht. Das ist alles. Offen geblieben sei das „Nennen von Ross und Reiter“, sagt Ankläger Steinkraus-Koch. „Erstens: Wo ist das Geld? Zweitens: Wo sind die Videos?“ Und drittens: Was ist mit einer weiteren Tatbeteiligung eines Herrn B., des Sektenchefs? Denn die Ermittler vermuten, dass das Geld an die Sekte ging. Der Sekte soll auch Sgarbis Frau angehören.
Neben den reichen Frauen gibt es offenbar auch eine echte Liebe im Leben des Betrügers, mit ihr hat er eine dreijährige Tochter. (dpa)