Sealife München öffnet wieder: "Den Haien fehlen die Menschen"

Das Sealife München ist in der Pandemie in Probleme geraten. Mit nur mehr der Hälfte der Mitarbeiter wird versucht, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Ein AZ-Besuch kurz vor der Wiedereröffnung.
von  Hüseyin Ince
Patrick Verbaast, General Manager des Münchner Sealife. Trotz zweier Lockdowns kann er noch lachen. Dass ab Freitag wieder offen sein wird, hebt seine Laune.
Patrick Verbaast, General Manager des Münchner Sealife. Trotz zweier Lockdowns kann er noch lachen. Dass ab Freitag wieder offen sein wird, hebt seine Laune. © Sigi Müller

München - Patrick Verbaast (47), Chef des Sealife München, ist ein Mann mit ansteckendem Optimismus in seiner Stimme. Das merkt man schnell, trotz der Maske, die einen ja immer ein wenig dumpfer klingen lässt - und trotz der dramatischen Lage in seiner Unterwasserwelt, von der Verbaast erzählt.

"Auf, zu, auf, zu, das ist fürchterlich. Hoffentlich bleiben wir jetzt offen"

"Wir haben seit der Pandemie nur noch etwa die Hälfte aller Mitarbeiter", sagt der Sealife-Chef, "bei manchen konnten wir die Verträge nicht verlängern, einigen mussten wir kündigen." Derzeit seien 26 Mitarbeiter beschäftigt. Im Normalbetrieb sind bis zu 65 Fachleute im Sealife tätig. Den Notbetrieb sieht man mit bloßem Auge. Viele Scheiben der Aquarien sind wegen der fehlenden Belegschaft trübe geworden, müssen innen dringend gereinigt werden.

Sealife-Mitarbeiterinnen bei der Fütterung der Fische im Isarbecken.
Sealife-Mitarbeiterinnen bei der Fütterung der Fische im Isarbecken. © Sigi Müller

Verbaast hofft und sorgt sich derzeit. Er hofft, weil ab Freitag dieses vielfältige Kino der Wassertiere wieder eröffnet. Und er sorgt sich, weil die Infektionszahlen ja derzeit wieder steigen. "Zum Glück sind wir abhängig von der Inzidenz der Stadt München. Eine sehr sinnvolle Regelung", sagt Verbaast, "aber wir wünschen uns wirklich sehr, dass wir nicht mehr schließen müssen. Auf - zu - auf - zu ..., das ist fürchterlich."

Das Sealife München öffnet am Freitag wieder.
Das Sealife München öffnet am Freitag wieder. © Sigi Müller

Vor der Pandemie hatte das Sealife einen Millionenumsatz

Der Münchner Sealife-Chef kam mit großen Perspektiven, wechselte 2019 von den Bavaria Film Studios hierher. Vor allem Kinder lieben ja dieses unterirdische Riesenaquarium voller Haie, Schildkröten, Oktopusse, Seepferdchen und Dutzender Fischarten. Dazu die Laufkundschaft rund um das Olympiagelände. Ein boomendes Geschäft war das mal. Und das ist gar nicht lange her.

Genaue Zahlen darf man hier nicht nennen. Das erlaubt die Muttergesellschaft Merlin Entertainments offenbar nicht. Nur so viel: "Vor der Pandemie hatten wir einen jährlichen Millionenumsatz. Und der fehlte plötzlich von heute auf morgen, jeweils nach dem Lockdown", sagt Verbaast und weist auf die Betriebskosten hin: "Wir können ja nicht einfach Strom und Wasser abschalten."

Sealife München erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Dieser Umsatz von einst rief damals sogar einen milliardenschweren Privatinvestor auf den Plan: die dänische Aktiengesellschaft Kirkbi, und ihren Boss Kjeld Kirk Kristiansen, besser bekannt als einer der Erben des Lego-Gründers. Ende 2019 hat sich Kirkbi bei Merlin Entertainments eingekauft. Aber zurück nach München. Wann wieder ein Millionenumsatz gemacht werden kann, ist völlig unklar. Denn sobald die Tore öffnen, kann man mit den Grenzen, die das Hygienekonzept setzt, gerade einmal ein Drittel der Besucher einlassen. Dennoch: endlich. In den Lockdowns, dem "Dornröschenschlaf", wie es Verbaast nennt, sei die große Leere der schlimmste Aspekt gewesen.

Das beliebte Becken mit Mini-Hai und Rochen.
Das beliebte Becken mit Mini-Hai und Rochen. © Sigi Müller

"Stellen Sie sich vor, Ihr Geschäft ist darauf ausgelegt, Gäste zu empfangen, Ihnen eine schöne Zeit im Sealife zu bieten. Und plötzlich dürfen sie das nicht mehr, so ähnlich, wie die ganzen Kollegen aus der Gastronomie und Hotellerie", sagt Verbaast. Am Montag herrscht Hochbetrieb im Sealife München, bevor am Freitag wieder die ersten Münchner das Riesenaquarium betreten - natürlich nur mit FFP2-Maske und den üblichen geltenden Abstands- und Hygieneregeln. Überall im Sealife sind Desinfektionsspender aufgestellt. Der Staub wird gewischt, die vereinzelten Spinnweben werden entfernt. Und vor allem: Die Innenseiten der Aquarien müssen bald wieder glänzen.

Sealife München ist fast 15 Jahre alt: Geburtstagsfeier muss ausfallen

Aquarist und Kurator Serdar Karagöz (41) ist einer der wichtigsten Mitarbeiter von Verbaast. Das sagt der Chef selbst. "Da kommt der Mann, ohne den hier nichts gehen würde", sagt Verbaast. Seit 13 Jahren arbeitet Karagöz hier. Also fast von Anfang an. Denn das Sealife München ist fast 15 Jahre alt. Diesen runden Geburtstag wollte man eigentlich am 8. April ausgiebig feiern, zusammen mit Besuchern und vielen eingeladenen Gästen. Aber daraus wird wohl vorerst nichts. Man ist ja schon froh über die Wiedereröffnung in dieser Woche.

Sealife-Kurator Serdar Karagöz, am Panoramabecken der Wolfsbarsche.
Sealife-Kurator Serdar Karagöz, am Panoramabecken der Wolfsbarsche. © Sigi Müller

Den Besuchern soll hierzu auch im Freien etwas Neues geboten werden. "Wir haben eine Kooperation mit der Reptilienauffangstation vereinbart", sagt Verbaast. Genaueres möchte er noch nicht verraten. Nur so viel: "Es werden Frösche und Echsen dabei sein." Jedes Hotel und jede Wirtschaft konnte beim Lockdown einfach zusperren, um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten - immerhin, auch wenn das natürlich ein sehr kleiner Trost ist. Dem Sealife aber geht es da ähnlich wie dem Tierpark Hellabrunn.

 "Auch den Tieren fehlen die Menschen", sagt Karagöz

Die Meeres-, See sowie Flussbewohner - und auch die vielen Pumpen und Generatoren - brauchten ja weiterhin die routinierte Aufmerksamkeit und Pflege des geschrumpften Sea-life-Teams. Karagöz kontrollierte also das Wasser, die Qualität, die Temperatur, checkte die Zahl der Tiere, die Funktion der Geräte. Jeden Morgen, so, als ob gleich die vielen Kinder und Erwachsenen hineinströmen würden.

Auch die Haie bekommen endlich wieder Besucher zu sehen.
Auch die Haie bekommen endlich wieder Besucher zu sehen. © Sigi Müller

Aber es blieb eben leer, wie in der unendlichen Stille der Ozeantiefen. Nur das Surren der Pumpen und Generatoren war zu hören. "Das ist eine sehr ungewohnte Situation", sagt Karagöz, dem die sozialen Kontakte sehr fehlen. "Auch den Tieren fehlen die Menschen", sagt Karagöz, "Haie können deinen Herzschlag spüren, viele Fische können Farben unterscheiden und folgen den Besuchern, wenn sie vorbeilaufen. Das vermissen sie natürlich."

Seltener Anblick: Aus solchen Hai-Eiern schlüpft oft Nachwuchs.
Seltener Anblick: Aus solchen Hai-Eiern schlüpft oft Nachwuchs. © Sigi Müller

Nur Online-Tickets für Sealife

Wer ab Freitag wieder das Sealife im Olympiapark besuchen möchte, muss zuvor ein Online-Ticket gekauft haben. Hier muss ein freies Zeitfenster ("Zeitslot") gewählt werden. Achtung: Vor Ort an den Kassen können Sie keine Eintrittskarten kaufen, ohne Ausnahme. Nur wer zuvor ein Online-Ticket bucht, zeigt den Beleg vor und kann seine Karte an der Kasse abholen. Der Zugang ist beschränkt auf 60 Personen je 30 Minuten. Zu beachten sind die üblichen AHA-Regeln. Innerhalb des Sealifes sind Markierungen angebracht. An ihnen kann man sich orientieren, um den richtigen Abstand zu halten. Haushalte, die gemeinsam ankommen, müssen in der Unterwasserwelt keinen Abstand untereinander halten. Wer bereits ein Ticket hat (Jahreskarten, Behindertentickets, Kinder-Geburtstags-Tickets), muss online ebenfalls ein Zeitfenster wählen. Hier gibt es Karten und mehr Infos.

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