Schwitzkasten bei Polizeikontrolle
MÜNCHEN - Die Zuschauer im Saal A22 des Amtsgerichts sind empört, schnauben verächtlich. Der Polizist, der auf der Zeugenbank sitzt, schüttelt den Kopf und sagt, er könne sich nicht so recht an die Einzelheiten des Vorfalls erinnern; er widerspricht sich. Eine „bodenlose Unverschämtheit”, so zischt es aus den Zuschauerreihen. Der Richter mahnt laut zur Ruhe.
Der Angeklagte Willi Kling (67) bleibt ruhig. Er geriet letzten August in eine Handgreiflichkeit mit dem Polizisten auf der Zeugenbank, weil ein Fahrzeug den Radweg, auf dem er fuhr, versperrte. Gestern kam es zur Verhandlung – Kling erinnert sich offenbar noch gut, schildert den Vorfall präzise.
Er fuhr auf der Richard-Strauss-Straße mit seinem Elektro-Rad, Richtung Effnerplatz, als ihm ein Kastenwagen an einer Baustelle den Weg versperrte. Der Rentner rief in die Baustelle hinein, der Wagen behindere ihn.
Da sei ein Polizist aus der Baustellen-Einfahrt gestürmt, der schrie: Halt, Polizei. Kling blieb stehen, wollte das Fahrrad abstellen, der Ständer hielt nicht. Er rollte es ein Stück weiter – Widerstand gegen die Staatsgewalt, soll der 34-jährige Beamte daraufhin gerufen haben. Er wollte Klings Ausweis sehen, Kling zückte sein Portemonnaie, wollte aber auch den Dienstausweis des Polizisten sehen. Der habe Kling den Geldbeutel aus der Hand gerissen und den Personalausweis an sich genommen, so Kling.
Als der Polizist dem Rentner den Geldbeutel zurück gibt, steckt dieser ihn ein. Er sei ein Stück zurück gegangen, worauf der Polizist Fluchtgefahr erkannt haben soll: Er nahm Kling in den Schwitzkasten. Kling hat einen Wirbelsäulenschaden, er wurde kurz ohnmächtig.
Er habe sich durch Kling bedroht gefühlt, rechtfertigt sich der Polizist vor Gericht. Der Angeklagte habe eine Handbewegung gemacht, als wenn er zum Schlag ausholen würde.
Aussage gegen Aussage, lückenhafte Erinnerungen – der Fall wird eingestellt. Den Zuschauern gefiel das übrigens gar nicht.