Schwimmbäder seit Monaten dicht: "Im Sommer drohen viel mehr Badeunfälle"

München - Seit 2. November sind die Bäder in München erneut geschlossen. Einige Schwimmschulen mussten seitdem dicht machen, andere kämpfen ums Überleben, da seit vielen Monaten die Einnahmen fehlen und die staatlichen Finanzhilfen hinten und vorne nicht ausreichen, um die trotzdem anfallenden Kosten zu decken.
Doch selbst wenn die Schwimmbäder wieder öffnen könnten, hätten sehr viele Kleinkinder nichts davon, denn sie haben ein Problem – sie können nicht schwimmen. Und von den begehrten Schwimmkursen können derzeit keine stattfinden.
Bäder-Betreiber ruft Crowdfunding ins Leben
Sebastian Korp und seine Schwester Liliane Tu, Geschäftsführer und Kursleiter der "Aqua & Soul"-Familienbäder, die in München insgesamt drei Bäder betreiben, haben auf der Internet-Plattform "Start Next"daher nun ein Crowdfunding ins Leben gerufen, um durch Spenden durch den Lockdown zu kommen um schon bald wieder Schwimmkurse für Kinder anbieten zu können.

Das erste Spendenziel in Höhe von 9.500 Euro wurde schon erreicht. Mit diesem Erlös werden die aktuelle Kursplanung, -einteilung und Kundenbetreuung während des Lockdowns gesichert, damit eine reibungslose Wiederöffnung organisiert werden kann.
Das neue Ziel wurde auf 37.700 Euro festgelegt. Von diesem Geld sollen notwendige Reparaturen und Renovierungen finanziert werden. Diese finden normalerweise in den Sommermonaten statt, nun will Geschäftsführer Christian Korp die Maßnahmen in die Lockdown-Phase vorverlegen, um im Sommer, wenn die Bäder dann vielleicht wieder öffnen dürfen, keine Schließzeiten zu haben und möglichst viele Schwimmkurse für Kinder anbieten zu können.
Und wie begehrt solche Kurse in München sind, zeigt die lange Wartezeit auf einen freien Platz. "Im Moment beträgt die Wartezeit auf einen Schwimmkurs etwa ein bis anderthalb Jahre", so Korp. Sobald die Bäder wieder ihren Betrieb aufnehmen dürfen, wird sich diese Zeit wahrscheinlich noch verlängern, da nun ja zwei Jahrgänge das Schwimmen lernen wollen.
Seit dem ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr musste man alleine bei "Aqua & Soul" 1.000 Schwimmkurse für 7.000 Kinder absagen.
Zwar sehen die generellen Corona-Regeln vor, dass ab dem 22. März bei einer Inzidenz unter 50 in Innenräumen wieder kontaktfreie Sportarten betrieben werden dürfen (bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 mit tagesaktuellem Schnelltest), aber es ist eben eine Definitionssache, ob ein Schwimmkurs ein kontaktfreier Sport ist. Für Sebastian Korp steht fest, dass er sich beim Anfängerkurs nicht 1,5 Meter von seinen kleinen Schülern entfernen kann. "Solch ein Abstand könnte für Schwimmanfänger gefährlich werden", so Korp.
"Es lohnt sich nicht zu öffnen, um kurz darauf wieder schließen zu müssen"
Ständig neue Verordnungen, Regeln, Maßnahmen und Anpassungen machen es dem Geschäftsführer schwer, langfristig planen zu können. "Woran ich absolut kein Interesse habe, ist, meine drei Schwimmbäder wieder zu öffnen und kurz darauf wieder schließen zu müssen. Ein Bad zu öffnen bringt jede Menge Arbeit und Organisation mit sich. Es entstehen vor einer Wiederöffnung auch sehr hohe Kosten, z.B. muss das Wasser eine Woche lang geheizt werden, bis es die richtige Temperatur hat, da lohnt es sich nicht, nur für ein paar Tage aufzumachen."

Nach Angaben der "Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft" (DLRG) waren im Jahr 2019 bundesweit bereits 59 Prozent der Schüler und Schülerinnen am Ende der Grundschule keine sicheren Schwimmer mehr - und die Lage dürfte sich zukünftig noch verschlechtern. "Wir werden zumindest einen kompletten Jahrgang nicht ausgebildet haben können", sagte DLRG-Sprecher Achim Wiese der dpa.
Dieses Versäumnis in den letzten zwölf Monaten wird auch nicht mit Schwimm-Crash-Kursen aus der Welt zu schaffen sein. "Das ist nicht mit schnellen Schwimmkursen erledigt. "Bis ein Kind eine gewisse Schwimmsicherheit erreicht, dass dauert mindestens sechs Monate", weiß Sebastian Korp.
Anzahl der Ertrinkungsvorfälle bei kleinen Kindern könnte ansteigen
Die mangelnde bis gar nicht vorhandene Schwimmerfahrung könnte sich in den Sommermonaten durchaus als Gefahr herausstellen. Schwimmunfälle oder gar Ertrinken könnten die schlimmen Folgen sein.
"Ja, die Gefahr ist durchaus gegeben. Es wäre für mich nicht verwunderlich, wenn die Anzahl von Ertrinkungsvorfällen bei kleinen Kindern ansteigen würde. Eltern müssen daher beim Schwimmen noch mehr Vorsicht und Aufmerksamkeit walten lassen, damit ihren Kindern nichts passiert", warnt Kursleiter Korp.
Um aus der aktuellen Misere herauszukommen, sieht Korp auch die Städte und Gemeinden in der Verantwortung. "In Frankfurt sind die Schwimmbäder für Schwimmvereine wieder geöffnet und auch Schwimmkurse dürfen unter Auflagen stattfinden. Dies sollte doch auch in München möglich sein. Die Stadtwerke sollten ihre Bäder öffnen, damit wenigstens Schwimmkurse angeboten werden können".
Am liebsten wäre es Sebastian Korp allerdings, wenn er selbst so schnell und so lang wie möglich seine drei Familienbäder in München wieder eröffnen und zahlreiche Kinder-Schwimmkurse anbieten könnte. An jungen Seepferdchen-Anwärtern wird es auf alle Fälle nicht mangeln.