Schwesternschülerin Sophia am Klinikum Bogenhausen: Stationsleiterin auf Probe
München - Dienstanfang ist um 6.30 Uhr. Die 22-jährige ist Pflegeschülerin Sophia in ihrem dritten Ausbildungsjahr – und hat quasi Blitzkarriere gemacht: Eine Woche lang ist sie jetzt zur stellvertretenden Leiterin der neurologischen Station am Klinikum Bogenhausen aufgestiegen. Und darf sich beweisen.
An der sogenannten Schulstation läuft heuer ein Pilotprojekt: Sieben Tage lang übernehmen 22 Pflegeschüler aus dem ersten und dritten Ausbildungsjahr eine komplette Station im Klinikum. Ein absolutes Novum.
Als Sophia am Morgen auf Station 36 kommt, schlüpft sie zunächst in ihre strahlend weißen Arbeitsklamotten und bindet ihre blonden Haare zu einem festen Zopf nach hinten. Jetzt kann es losgehen. Der Frühdienst der 22-Jährigen beginnt mit der Übergabe im Schwesternzimmer. Ihre beiden Kollegen aus der Nachtschicht berichten nun der Frühschicht, ob es besondere Vorkommnisse gab, wie's um den gesundheitlichen Zustand der Patienten steht und ob welche Medikamente notwendig sind. Dabei dürfen sich die Azubis Zeit lassen – die normale Hektik des Krankenhaus-Alltags soll auf der Schulstation so gut wie möglich vermieden werden. Immerhin.
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Pflegeschülerin Sophia: Kaum Zeit zum Ausruhen
Dann teilen Sophia und die Pflegeschülerin Chiara, die die neurologische Station diese Woche leitet, den anderen Azubis "ihre" Patienten für die Schicht zu. Die Pflegeschüler aus dem dritten Jahr erhalten zudem einen Tandem-Partner aus dem ersten Lehrjahr, den sie anlernen sollen.
Sophia und Chiara absolvieren den dualen Bachelorstudiengang Pflege an der Akademie des Städtischen Klinikums, absolvieren also die normale Pflegeausbildung und ein Studium an der Hochschule. Dort studieren sie unter anderem Pflege- und Gesundheitswissenschaften, Anatomie und Psychologie.
Nach der Übergabe der Nachtschicht: Erster Rundgang durch die Station. Mit einem Pflegewagen geht Sophia zu den Patienten "Wie war die Nacht?", fragt sie, misst die Vitalwerte, wie etwa Körpertemperatur und Blutdruck und erkundigt sich nach Schmerzen. 7.30 Uhr: Frühstück auf dem Zimmer – das übernehmen Sophias Kollegen, die 22-Jährige kann direkt mal ein paar Minuten mal durchschnaufen.
Aber auch wenn unverhältnismäßig viele Pfleger auf der Schulstation arbeiten, viel Zeit zum Ausruhen bleibt nicht für die junge Frau: Bevor die Arztvisite beginnt, hilft Sophia den Patienten bei der Körperpflege – und wechselt Verbände. Dabei können auch die Schüler aus dem ersten Lehrjahr schon ein bisserl mithelfen.

Pflegeschülerin Sophia: Und dann noch die Krankenakten
Nach der Visite bringt Sophia ihre Patienten zu Untersuchungen und plant für andere die Entlassungen aus dem Krankenhaus. Einer ihrer Patienten benötigt eine Inhalationstherapie – er hat starken Husten. Sophia setzt ihm die Atemmaske auf und startet die Therapie. In der Krankenakte wird dann alles vermerkt.
Auf dem Stationsflur trifft sie David Vierson, der in der Zentralen Praxisanleitung arbeitet, also für die praktische Pflegeausbildung verantwortlich ist. Auf der Schulstation unterstützt er die Azubis und hat stets ein wachsames Auge. "Na, hat alles geklappt?", fragt er Sophia und erkundigt sich nach dem Gesundheitszustand des Inhalationspatienten.
Gegen 12 Uhr gibt es Mittagessen für die Patienten. Sophia kümmert sich währenddessen darum, die Medikamentendispenser mit den Arzneimitteln für ihre Patienten aufzufüllen. Auch das dokumentiert sie akribisch in den Krankenakten.
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Pflegeschülerin Sophia: "Arbeit nicht mit nach Hause nehmen"
Als sich eine Kollegin für den Rest der Woche krankmeldet, hat Chiara das nächste Problem. Die Lücke im Dienstplan muss natürlich umgehend gestopft werden. Gar nicht einfach, so auf die Schnelle. Um 13.48 Uhr kommen die Kollegen zu Spätschicht. Die nächste Übergabe – diesmal in den Zimmern der Patienten. "So bekommen sie alles mit, und sie können Fragen stellen", sagt Sophia.
Als die 22-Jährige um 14.43 Uhr Feierabend hat, ist sie müde, Rücken und Beine tun ihr weh. "Körperlich ist diese Arbeit sehr anstrengend", gibt sie zu. "Wir bekommen wenig Schlaf, und die Belastung ist schon sehr hoch."
Trotzdem ist die 22-Jährige zufrieden. "Am meisten Spaß macht mir der Umgang mit den Patienten und den Angehörigen", sagt sie. "Das Zwischenmenschliche gefällt mir besonders."
Und die Schwierigkeiten? "Der Umgang mit Tod oder mit psychischen Erkrankungen sind nicht einfach", sagt die junge Frau. "Man muss eben seinen Bereich finden – und sollte die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen."
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