Schwer krank und eine Mini-Rente

München - Ihre kleinen Hände sind ganz geschwollen, die Finger sind verkrümmt und steif. Mal bereiten sie Elfriede Moosmann ziehende Schmerzen, mal sind sie ganz taub. Viel anfangen kann sie auf jeden Fall nicht mehr mit ihnen.
Gicht, rheumatoide Arthritis, Glasknochenerkrankung und, und, und – die Liste der Krankheiten, die der 64-Jährigen zu schaffen machen, ist lang. Ihre Knochen sind inzwischen so fragil, dass ihre rechte Hand binnen eines Jahres 13 Mal brach. Für die nächste Fraktur würde schon reichen, dass Elfriede Moosmann mit der Faust fest auf den Tisch haut. Doch dafür ist sie ohnehin nicht der Typ.
Die stille und bescheidene Frau nimmt ihr Los klaglos an. „Man kann sich’s halt nicht aussuchen“, sagt sie. „Es ist mir halt so aufgesetzt worden.“ Vielleicht könnte man auch sagen: Sie ist daran gewöhnt, dass in ihrem Leben vieles anders läuft, als sie es sich gewünscht hätte.
Als Kind wächst sie zum großen Teil in Heimen in der Oberpfalz, Niederbayern und auch in München auf. „Ich bin praktisch umeinander geschoben worden“, erzählt sie. Ihre Mutter war an den Folgen eines Kaiserschnitts gestorben, als Elfriede Moosmann gerade mal vier Jahre alt war. Auch der Vater ist schwer krank, er kann und will sich nicht um die insgesamt zehn Kinder kümmern. Als Elfriede Vollwaise wird, ist sie 15. Die junge Frau beginnt, als Altenpflegehelferin in einem Heim im Westend zu arbeiten. Eine Aufgabe, die ihr großen Spaß bereitet. „Ich mochte ältere Menschen immer gerne“, sagt sie. „Vielleicht weil ich nie eine Mutter hatte.“
Ein paar Jahre lang bleibt sie in diesem Job – bis ein Autounfall sie arbeitsunfähig macht. Als Mitfahrerin im Fond des Wagens wird sie dabei so schwer verletzt, dass sie ihren rechten Arm bis heute nicht richtig bewegen kann. An eine Pflege-Tätigkeit ist nach dem Unglück nicht mehr zu denken. Auch den Beruf, den sie später ergreift, kann sie nur für ein paar Jahre ausüben. Frau Moosmann ist Aufseherin in der Alten Pinakothek, als sie an Tuberkulose erkrankt. Viele, viele Monate im Sanatorium und auf Kur folgen.
Mit all dem kann Elfriede Moosmann schon irgendwie umgehen. Aus der Bahn wirft sie etwas anderes: der Tod ihrer erstgeborenen Tochter Monika im Jahr 1999. Das Mädchen war mit einem Gehirnschaden auf die Welt gekommen. „Sie war vom Wesen her ein liebes Mädel“, erzählt die Mutter. Trotz ihrer Behinderung habe sie wunderbar aufgeholt.
Monika ist 31 Jahre alt, als sie völlig überraschend stirbt. Wegen eines blutenden Magengeschwürs ist sie zur Behandlung in einer Landsberger Klinik. Eines Morgens liegt sie tot im Bett. Einfach so, obwohl es ihr scheinbar schon wieder besser ging. Eine Obduktion ergibt: In ihrem Blut ist eine 400-fach über der Norm liegende Dosis Promethazin – ein Stoff, der beruhigend wirkt. Wie kam es zu dieser Arzneimittelvergiftung?
Der Fall, über den damals auch diverse Zeitungen berichtet haben, ist nie aufgeklärt worden. Er bleibt mysteriös. Elfriede Moosmann erleidet nach dem Tod ihrer Tochter einen Nervenzusammenbruch. „Mir ist es wirklich arg schlecht gegangen“, erinnert sie sich. Über ihrem Bett hängt ein Foto von Monikas Grabstein.
Elfriede Moosmann erfährt in ihrem Leben aber auch viel Hilfe. Hilfe, die sie gerne zurückgeben möchte. Ehrenamtliche Arbeit war schon immer das ihre. Früher half sie bei der Teestube, brachte Obdachlosen Kaffee und Brote. Zuletzt hat die 64-Jährige 40 Euro angespart, um sich ein Seminar der Inneren Mission leisten zu können. Dort lernt sie derzeit, demenzkranke Menschen zu begleiten und zu fördern. „Warum soll ich daheim sitzen, so lange ich mich noch rühren kann?“, fragt sie.
Wenn da nur nicht der Winter wäre. Sobald es glatt wird, traut sie sich kaum mehr aus dem Haus. Mit ihren empfindlichen Knochen darf sie nicht riskieren, zu stürzen. Ihre eingeschränkte Mobilität und ihr chronischer Geldmangel hindern sie übrigens auch daran, sich einen neuen Hund anzuschaffen. 2007 ist ihr „Blacky“, ein Dackel-Malteser-Mix, gestorben. Als sie über ihn spricht, lächelt sie. „Er war zwar als Hund ein Chaot, aber als Mensch unentbehrlich.“ Auch ein Foto von Blacky hat einen Ehrenplatz über Frau Moosmanns Bett. Wegen ihrer vielen Krankheiten ist Elfriede Moosmann zu 100 Prozent behindert. Erst im vorigen Frühjahr hatte sie einen Schlaganfall. Zusätzlich zu ihrer kleinen Rente von knapp 500 Euro erhält die Münchnerin Hilfe vom Staat. Mit dem Geld, das sie zur Verfügung hat, kommt sie mehr schlecht als recht über die Runden. Sie hätte Lust, mal ins Kino gehen, oder in ein Konzert – wo sie doch Mozart so gerne mag. „Aber da gibt’s koa Möglichkeit“, stellt die Rentnerin nüchtern fest. Was ihr Leben sehr erleichtert, ist, dass sie mehrmals in der Woche auswärts essen gehen kann. Im Alten-Service-Zentrum kostet das Gericht vier Euro, im städtischen Unterkunftsheim für Männer in der Pilgersheimer Straße sind es bloß 2,60 Euro. Und im Hofbräukeller wird ihr und anderen bedürftigen Senioren einmal wöchentlich ein kostenloses warmes Mittagessen serviert. Kochen kann sie mit ihren kaputten Händen ohnehin nicht mehr. „Dabei haben früher alle von meinem Essen geschwärmt.“ Ihre Feinmotorik ist hin. Das Teilen von Tabletten muss ein Pflegedienst erledigen und selbst das Greifen von Tassen oder Tellern fällt ihr schwer.
Deshalb ist es auch ein Problem, dass vor einem Vierteljahr der Geschirrspüler den Geist aufgab. Sie braucht dringend einen neuen, denn derzeit muss sie immer die Hilfe anderer beanspruchen, um sauberes Geschirr zu haben. Die 64-Jährige selbst schafft es nicht mehr, mit ihren kranken Fingern zu spülen.
Auch neues Bettzeug wäre eigentlich mal nötig. Leisten kann sich Frau Moosmann solche Anschaffungen aber nicht.
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