Schwammerl-Expertin Renate Zollner "Herbsttrompeten: bombastisch!"
Die Pilz-Expertin Renate Zollner wohnt in Schwandorf und kommt jeden Morgen zum Markt.
AZ: Frau Zollner, woher kommen denn Ihre Schwammerl?
RENATE ZOLLNER: Aus allen Wäldern. Die einheimischen kommen aus der Oberpfalz. Aber wir beziehen aus der ganzen Welt. Wir fangen im Frühjahr mit den ersten Morcheln aus der Türkei an, dann kommen Schwammerl aus Portugal. Und dann geht's weiter mit den Einheimschen und später vom Ostblock, zum Beispiel Rumänien. Aber der Fokus liegt auf den einheimischen Pilzen. Wir sind einer der wenigen Betriebe, die die Genehmigung haben, Pilze, die ja unter Artenschutz stehen, kaufen und verkaufen zu dürfen.
Wie alt sind die einheimischen Schwammerl am Stand jetzt?
Der Sammler kommt immer nachmittags um vier zu uns an den Hof. Wir sortieren die Schwammerl, und am nächsten Morgen liegen sie hier. Die haben sogar noch Waldgeruch.

Und wie lagere ich sie am besten?
Im Kühlschrank und ohne Plastik. Ideal wäre ein Holzgefäß. Der Pilz besteht zu 90 Prozent aus Feuchtigkeit. Holz nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie auch wieder ab. Im Plastik entsteht Kondenswasser, da faulen die Pilze ziemlich schnell.
Woran erkenne ich denn, dass meine Schwammerl nicht mehr gut sind?
Das ist Optik- und Geruchsache. Es gibt auch Schwammerl, die halten eine Woche lang. Das kommt immer drauf an, wie feucht sie sind. Die ganz normale Herbstware hält zwei bis drei Tage. Je frischer man sie isst, desto besser.
Pilze vor dem Einfrieren küchenfertig verarbeiten
Kann man Schwammerl eigentlich auch einfrieren?
Ja. Man sollte sie aber zuerst küchenfertig verarbeiten und dann in einem Plastikbeutel einfrieren. Wichtig ist, dass man sie anschließend nicht auftaut, sondern im gefrorenen Zustand direkt in die Pfanne gibt. Pfifferlinge muss man vor dem Einfrieren blanchieren, sonst werden sie bitter.
Gibt es noch andere Möglichkeiten zum Haltbarmachen?
Trocknen ist das A und O. Aber natürlich auch klassisches Konservieren durch Einkochen. Entweder im eigenen Saft, oder man kocht sie essigsauer ein, ähnlich wie Gurken. Das ist ein super Antipasti-Gericht.
Funktioniert das mit allen Sorten?
Mit fast allen. Der Kaiserling ist nicht optimal, denn den sollte man wirklich frisch essen. Auch die Morcheln sollte man frisch zubereiten. Einfrieren und trocknen kann man sie. Einkochen eher nicht. Aber grundsätzlich kann man alle Sorten einkochen. Ich habe ein Pilzbuch geschrieben, das gibt's hier am Stand (17 Euro, d. Red.) Da stehen neben Rezepten auch einige Tipps zum Einkochen drin.
Steinpilze und Pfifferlinge kennen wir alle. Haben Sie noch einen einheimischen Schwammerl-Geheimtipp?
Was ich wunderbar finde, sind zum Beispiel die Herbsttrompeten. Das ist der Trüffel der armen Leute. Unwahrscheinlich aromatisch und schnell zu machen.
Herbsttrompeten sind die Trüffel der armen Leute
Wie isst man die am besten?
Einfach ganz kurz in Butter andünsten zu Spaghetti. Wenn man sie getrocknet hat, gibt man sie gemörsert in eine Sauce für mehr Aroma. Auch eine Pilzbutter schmeckt mit der Herbsttrompete bombastisch.
Da kriegt man ja direkt Appetit. Haben Sie noch mehr Empfehlungen?
In dieser Jahreszeit sind auch unsere Pilzmischungen super. Da sind sieben bis acht verschiedene Sorten drin - was der Wald halt gerade hergibt. Die Mischung in der Pfanne mit ein bisserl Essig angemacht, ist ein typisch oberpfälzisches Arme-Leute-Gericht.

Wie geht das genau?
Eigentlich wie saure Bratwürste. Man macht einen Zwiebelsud mit Essig, etwas Zitrone und Gewürzen nach Geschmack. Und statt der Würstl gibt man gemischte Pilze mit rein. Eine halbe Stunde leicht köcheln lassen, mit einer Einbrenne andicken und dann noch mal abschmecken. Dazu am besten Pellkartoffeln oder Semmelknödel servieren.
Bis wann gibt's noch einheimische Schwammerl bei Ihnen?
Das schwankt witterungsbedingt. Es kann bis Mitte November gehen. Aber das kann man nicht wirklich am Kalender festmachen. Die Herbsttrompete und der Chanterelle, der Winterling, der Semmelstoppel, das sind so die letzten Schwammerl.
Rezepte aus der AZ-Redaktion
Egerlinge: Pilz-Carpaccio

Pilze suche ich bevorzugt auf dem Wochenmarkt, im Wald finde ich immer nur die vom Wild angeknabberten oder die giftigen Arten. 500 g braune Champignons (Egerlinge) putzen und in dünne Scheiben schneiden. Vier Tomaten entkernen, in Würfelchen schneiden und anbraten. Eine Hand voll Pinienkerne (20 g) braun anrösten. Etwas Basilikum, Petersilie, Dill, Knoblauch klein schneiden, mit 100 g weicher Butter zerdrücken, Salz und Pfeffer dazu. Zwei Baguettes quer einschneiden und die Kräuterbutter in die Baguettes streichen. Anschließend für etwa zehn Minuten bei 80 Grad in den Ofen geben, bis die Butter zerläuft. Inzwischen zwei EL dunklen Balsamico, eine Prise Zucker oder Honig, Salz, Pfeffer und drei EL Olivenöl zu einer Marinade verrühren. Die Egerlinge in einer heißen Pfanne mit Butter kurz von beiden Seiten anbraten. Aus der Pfanne nehmen und auf (vorgewärmten!) Tellern anrichten. Die Tomatenwürfelchen auf den Tellern verteilen. Salz und Pfeffer dazu. Dann die Marinade über die noch warmen Schwammerl träufeln. Zum Schluss die Pinienkerne verteilen. Wer mag, noch etwas Parmesan darüber reiben oder hobeln. Dazu die Kräuterbaguettes servieren, ein Glas Weißwein oder ein Helles.
Ralph Hub
Pfifferlinge: Die besten Tagliatelle

Sie sind so schön klein und aromatisch, deshalb kommen sie bei mir immer wieder in allen Variationen auf den Teller: Pfifferlinge. Am liebsten mag ich sie mit Tagliatelle. Bei dem Rezept sind Mengenangaben nicht so wichtig. Nehmen Sie, was Sie haben. Schmecken tut's immer. Ich rechne immer grob etwa 100 Gramm Pfifferlinge pro Person. Eine kleine Zwiebel oder Schalotte fein würfeln und in einer großen Pfanne in Olivenöl andünsten. Die Temperatur hochschalten, Schwammerl dazugeben und scharf anbraten. Mit Salz, Pfeffer, Muskat und nur ein bisserl Estragon und Tabasco würzen. Mit einem Glas Weißwein ablöschen und einkochen lassen. Etwas Zitronenschale darüberreiben und abschmecken. Vielleicht mögen Sie auch etwas Zucker dazu (ich nicht). Wenn die Säure des Weins nicht reicht, noch etwas Zitronensaft dazugeben. Anschließend ein Glas Sahne einrühren und sanft köcheln lassen. Parallel dazu die Tagliatelle nach Anweisung kochen. Gegen Ende der Kochzeit eine Kelle vom gut gesalzenen Kochwasser abnehmen und zu den Schwammerln geben. Noch mal kurz einkochen und erst danach mit viel klein gehackter Petersilie vermischen. Die Tagliatelle direkt zu den Pfifferlingen in die Pfanne geben und gut durchmischen. Sofort mit Parmesan servieren.
Ruth Frömmer
Kräuterseitlinge: Eine Reise ins Piemont

Im vergangenen Sommer habe ich einige Wandertage im Piemont verbracht, was neben der umwerfenden Landschaft auch kulinarisch ein Traum war. Nicht nur frische Pasta und Wildgerichte gab es dort überall in überragender Qualität, sondern auch Polenta. Geradezu umwerfend fand ich eine Polenta concia, also eine mit Käse vermengte, cremige Polenta. Im Bergdorf gab es dazu Steinpilze, daheim habe ich eine Version mit Kräuterseitlingen nachgekocht. Sie brauchen 500 g feinen Polentagrieß, zwei Liter dünne Brühe. Rühren Sie die heiße Brühe in den Grieß ein und lassen Sie alles etwa 45 Minuten kochen. Gut umrühren. 200 g zerlassene Butter und etwas Olivenöl unterrühren. Wenn die Konsistenz gut ist, geben Sie geriebenen Käse dazu, im Aostatal nimmt man eine Mischung aus Toma und Fontina (je 200 g). Andere, würzige Kuhkäse funktionieren aber auch. Weiter gut rühren, es soll ja cremig bleiben. Für die Pilzbeilage die Kräuterseitlinge in Scheiben schneiden und in Butter anbraten. Etwas Zitronenabrieb dazu. Erst salzen, wenn die Pilze schon gebräunt sind. Dann noch etwas Pfeffer und wenn man möchte, in Butter zerlassenen Salbei darüber geben. Dazu passt ein einfacher grüner Salat!
Sophie Anfang
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