Schulterbruch im Bus nach Vollbremsung: Wer zahlt?

OLG-Prozess: Es geht um 120.000 Euro. Ein Fahrgast verletzt sich, weil der Fahrer bremst.
John Schneider |
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Wer in den Bus steigt, sollte darauf achten, sich immer gut festzuhalten.
Daniel von Loeper Wer in den Bus steigt, sollte darauf achten, sich immer gut festzuhalten.

München - Wer haftet, wenn ein Fahrgast in einem Linienbus stürzt und sich verletzt? Eine Frage, die alle ÖPNV-Nutzer angeht und die jetzt vor dem Oberlandesgericht (OLG) verhandelt wird.

Hintergrund ist ein alter Fall aus dem Jahre 2012. In einem Ingolstädter Linienbus war ein 41-jähriger Fahrgast nach einer Vollbremsung des Busfahrers durch den Bus geschleudert worden. Mit schweren Folgen. Der 41-Jährige brach sich die Schulter und zog sich in der Folge eine Nekrose zu, die die Einsetzung einer künstlichen Schulter notwendig machte.

Die Versicherung des Mannes sieht den Busfahrer und die Verkehrsbetriebe in der Pflicht, verlangt 120.000 Euro. Unter anderem wird die Klage damit begründet, dass sich der Busfahrer falsch verhalten haben soll.

Video aus Bus: Hielt sich der Passagier korrekt fest?

Die Begründung: Nachdem ein Fußgänger in der Fahrbahnmitte stehengeblieben sei, hätte der Fahrer nicht darauf vertrauen dürfen, dass dieser tatsächlich dort auch stehenbleibe. Er habe aber weder ein Warnsignal abgegeben noch sich in anderer Weise versichert, dass der Fußgänger nicht weitergehe. Der alkoholisierte Fußgänger lief vor den Bus, der Fahrer stieg aufs Bremspedal.

Der 41-Jährige sei in diesem Moment dabei gewesen, eine Fahrkarte zu kaufen und habe sich deshalb nicht richtig festhalten können. Das Landgericht sah dies in der ersten Instanz anders. Der Mann sei am Sturz selbst schuld. In einem Video aus dem Bus, das am Freitag in der Verhandlung abgespielt wurde, ist zu sehen, wie der Mann sich nach dem Entwerten seiner Fahrkarte in der Mitte des Busses gegen den Automaten lehnt. Er blickte entgegen der Fahrtrichtung, so dass er nicht sah, was in seinem Rücken passiert.

Auch der OLG-Senat unter dem Vorsitz von Franz Tischler sieht das kritisch. Es sei durchaus möglich, führt Tischler aus, dass man sich mit einer Hand festhält und mit der anderen einen Fahrschein zieht oder entwertet. Damit trage der Fahrgast mindestens 50 Prozent der Verantwortung an dem Sturz.

Die Angaben des Busfahrers widersprechen sich teilweise

In der Verhandlung kam am Freitag zur Sprache, dass sich die Angaben des Busfahrers teilweise widersprechen. Vor allem, dass er sein Fahrzeug in einer Skizze auf der Gegenfahrbahn einzeichnete, weckt Zweifel an seiner Darstellung.

War die Vollbremsung vermeidbar? Inwieweit der Busfahrer Fehler gemacht hat, müsste ein teures Gutachten feststellen. Der Senat schlägt daher einen Vergleich vor. Ein Viertel der Schuld und damit der Kosten (etwa 30.000 Euro) für die Behandlung des Unfallopfers würden demnach Busfahrer und Verkehrsbetriebe tragen. Der Kläger-Anwalt pocht allerdings auf mindestens 30 Prozent.

Kommt der Vergleich nicht zustande, wird der Senat am 14. September seine Entscheidung verkünden.

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