Schuldneratlas der Stadt: Die Geldsorgen der Münchner

München - Der Ansturm auf die Schuldnerberatung bleibt riesig, die Zahl der Münchner, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, steigt. Die Corona-Krise hat etliche Familien, Geringverdiener, Studenten, Rentner, Mittelständler und Soloselbstständige in Geldnot gestürzt.
134.200 Münchner sind überschuldet oder überschuldungsgefährdet
Weil viele Betroffene sich vergangenes Jahr noch mit Rücklagen oder Hilfsgeldern über Wasser halten konnten, zeigt der jetzt veröffentlichte Schuldneratlas für München 2020 des Inkassounternehmens Creditreform die Lage noch besser, als sie ist. Demnach waren 108.200 Münchner überschuldet - mehr als jeder zwölfte Erwachsene. Als überschuldet gilt jemand, dessen Ausgaben dauerhaft höher sind als die Einnahmen. Man müsse aber davon ausgehen, "dass aktuell 26.000 Münchner mehr überschuldungsgefährdet oder schon überschuldet sind als im Vorjahr", sagt Creditreform-Geschäftsführer Philipp Ganzmüller - trotz staatlicher Hilfsmaßnahmen. Damit könnte die Zahl nun bei rund 134.200 liegen.

Jeder siebte Einwohner der Münchner Altstadt hat Geldsorgen
Dass die Probleme sich 2020 sehr unterschiedlich auf die Münchner Stadtviertel verteilt haben, zeigt die Karte oben. Am wenigsten Geldsorgen hatten demnach die Bürger in Obermenzing (1.310 Fälle, jeder 20. Einwohner). Die höchste Überschuldung war in der Altstadt zu finden (1.180 Fälle, jeder siebte Einwohner).
Männer machen mehr Schulden
Männer machen doppelt so oft Schulden wie Frauen: 2020 waren 70.400 Männer (10,86 Prozent) und 37.900 Frauen (5,64 Prozent) in München überschuldet. Am häufigsten haben Männer in der Altstadt Geldprobleme. Frauen kommen am häufigsten Am Hart nicht mit ihrem Einkommen klar. Auch ein anderer Trend zeigt sich. Über 70-Jährige verarmen immer mehr: Das hat sich schon abgezeichnet - und nimmt weiter Fahrt auf: Senioren ab 70 geraten immer häufiger in eine Schuldenspirale. Am stärksten überschuldet bleibt aber die Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen (11,15 Prozent), dahinter kommen die 50- bis 59-Jährigen (10,52 Prozent).

310.000 Haushalte verlieren viel Einkommen
Wie die Lage sich aktuell für viele Münchner anfühlt, zeigt eine Online-Umfrage von Creditreform und der "SZ" unter rund 1.600 Bürgern. Vier von zehn Haushalten haben demnach im Januar Corona-bedingt Einkommen eingebüßt - vor allem viele Geringverdiener. Hochgerechnet sind damit rund 310.000 Haushalte von Kurzarbeit, Jobverlust oder der Nichtausübung einer Selbstständigkeit betroffen.
Schlimm erwischt es geschätzt rund 36.000 Haushalte, die Corona-bedingt nur noch halb so viel Geld verdienen wie zuvor. Jeder vierte Befragte befürchtet, in den nächsten zwölf Monaten seine Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können, darunter vor allem die Miete. "Ich sehe die Entwicklung mit großer Sorge", sagt Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD). Sie appelliert an Betroffene, sich "unbedingt Rat und Unterstützung zu holen", etwa bei den Münchner Sozialbürgerhäusern.