Schöner warten im neuen Satelliten-Terminal

Am Freitag eröffnet ein 900 Millionen Euro teures Projekt am Flughafen: der Satellit von Terminal 2. Hier können elf Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden – aber es gibt auch Kritik.
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Klappt alles: Zwei Probepassagiere testen die Abläufe im Satelliten.
dpa/Andreas Gebert 3 Klappt alles: Zwei Probepassagiere testen die Abläufe im Satelliten.
Chic: Noch sind Tische und Stühle in der Business-Class-Lounge leer.
dpa/Andreas Gebert 3 Chic: Noch sind Tische und Stühle in der Business-Class-Lounge leer.
Startbahn-Befürworter: Münchens Flughafenchef Michael Kerkloh.
dpa/Andreas Gebert 3 Startbahn-Befürworter: Münchens Flughafenchef Michael Kerkloh.

München - Lichte Glasfronten, großzügige Gänge mit hellem Granit, klare Formen – und selbst der Fluglärm ist durch die mehrfach verglasten Fenster kaum zu hören. Das neue Abfertigungsgebäude am Münchner Flughafen sieht kurz vor seiner Eröffnung nach einem Glanzstück aus.

Flughafen München: Das neue Satellitenterminal wird echt öko

Die Großbaustelle bei laufendem Flugbetrieb sei eine logistische Herausforderung gewesen, sagt Philipp Ahrens, Leiter des Projektteams Satellit. Aber: „Wir sind gut dabei.“ Während die Berliner ein Jahrzehnt nach dem Spatenstich für ihren Hauptstadtflughafen immer noch nicht wissen, wann sie von dort wirklich einmal in die Lüfte abheben können, eröffnet München am Freitag vier Jahre nach der Grundsteinlegung ein neues Gebäude. Elf Millionen Fluggäste können pro Jahr in dem neuen Bau abgefertigt werden – das entspricht der Kapazität des Kölner oder Stuttgarter Flughafens. München untermauere damit seinen Anspruch, einer der größten Flughäfen sein zu wollen, sagte Finanzminister Markus Söder (CSU) kürzlich. Flughafenchef Michael Kerkloh spricht von einem „neuen Kapitel in der Flughafengeschichte“. Es gehe darum, „die starke Wettbewerbsposition unseres Münchner Drehkreuzes“ langfristig zu sichern.

 

Terminal 2 liegt seit vier Jahren über der Auslastungsgrenze

 

Der Satellit gehört zum Terminal 2 und wird von der Flughafen München GmbH (FMG) und der Lufthansa gemeinsam finanziert. Als Grund für den 900 Millionen Euro teuren Neubau nennen die Betreiber bisherige Engpässe. Seit vier Jahren liege das Terminal 2 über seiner Auslastungsgrenze von 25 Millionen Fluggästen, sagt Ahrens. Allein 2015 waren es drei Millionen mehr. Dieses Jahr wird ein Plus von vier Prozent erwartet. Insgesamt zählte der Airport 2015 rund 41 Millionen Passagiere. Das 1992 eröffnete Terminal 1 hätte zwar noch Kapazität. Das Argument aber: Es war damals nicht als Umsteigeterminal geplant und gebaut – und ist dafür unter anderem wegen zu langer Wege nicht geeignet. Befürchtungen, das neue Gebäude könne Weichen für den umstrittenen Bau der dritten Startbahn stellen, weist der Flughafen zurück. „Diese beiden Projekte stehen völlig unabhängig voneinander“, sagt Ahrens.

Flughafengegner sind von dem Satelliten trotz dieser Beteuerung nicht begeistert. Schließlich erhöhe er die Kapazität, das schüre Begehrlichkeiten, sagt Christian Magerl, Landtagsabgeordneter der Grünen. „Insgesamt nimmt der Wunsch der FMG nach einer dritten Startbahn zu.“

Für Richard Mergner vom Bund Naturschutz ist der Neubau ein schlechtes Signal für den Klimaschutz. „Nur weil die wahren Kosten des Fliegens auf die Gesellschaft abgewälzt werden, kann sich der Flughafen diese Wachstumsstrategie leisten.“ Das neue Gebäude bietet 27 Andock-Positionen, von denen Passagiere ohne Bustransfer ins Flugzeug gelangen. Einige sind auch für zweistöckige Großraumflieger geeignet. Fluggäste müssen nun kaum noch mit dem Bus übers Rollfeld fahren. „Das ist ein Qualitätsaspekt“, sagt Ahrens.

 

Reisende empfängt eine Erlebnis- und Shopping-Welt

 

Der Satellit, gebaut auf einer Gepäcksortierhalle, ist zwar 400 Meter vom Terminal 2 entfernt. Passagiere kommen aber nach dem Einchecken in einer knappen Minute mit einer führerlosen U-Bahn zum Abfluggebäude.

Das Gebäude selbst produziert 40 Prozent weniger CO2 als die bestehenden. Eine „Doppelklimafassade“ macht es möglich, das ist ein gut vier Meter breiter Puffer zwischen äußerer und innerer Glaswand, durch den die Passagiere vom Flugzeug ins Gebäude gelangen. Dort empfängt den Reisenden eine Erlebnis- und Shopping-Welt mit Lounges, Läden, Gastronomie und einer Aquariumsäule samt Fischen. Um den Tower gruppieren sich Stände – ein „Marktplatz“, dem Viktualienmarkt nachempfunden. In der Shoppingmeile locken edle Marken. Fünf-Sterne-Airport – ein englisches Beratungsinstitut hatte dem Flughafen dieses Siegel vor einem Jahr verpasst. Der Airport wirbt mit einem „Wohlfühlcharakter zu jedem Zeitpunkt des Aufenthalts“.

Rollenspiele am Gate: Flughafen sucht Statisten

Am nächsten Freitag wird das Gebäude eröffnet, am 26. April startet der Betrieb. Seit Monaten testen Hunderte Freiwillige, ob alles klappt. In grünen Westen eilen sie durch die Hallen, checken ein, durchlaufen Bodyscanner und Kontrollen – und absolvieren virtuell Weltreisen. Steffen Schulze etwa ist – laut Test-Boardingpass – gerade aus Los Angeles gekommen und sucht den Anschluss nach Bangkok. Und Maria Anna Ammer streckt sich nach einem imaginären Übersee-Flug von New York kurz auf einem Sessel aus, bevor es nach Asien weitergeht. Gut finde sie sich zurecht, sagt die 73-Jährige, die mit einer Gruppe anderer Senioren das Fliegen probt.

So modern sich der Airport gibt – die Bahn-Anbindung ärgert weiter viele Fluggäste. Die S-Bahn braucht vom Zentrum mit zahlreichen Stopps gut 40 Minuten. Und daran wird sich so bald nichts ändern.

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