Fotografin Bela Raba: Sie setzt die "Schönen Münchnerinnen" in Szene
München - In diesem historischen Jahr steht die AZ-Aktion "Die Schöne Münchnerin" unter besonderen Vorzeichen. Bei allen Shootings gelten strenge Hygiene- und Distanzregeln. Die Ergebnisse sind dennoch wundervoll, und das ist kein Wunder: Hinter der Kamera steht die internationale Modefotografin Bela Raba. Sie spricht in der AZ über die Arbeit mit den zehn Finalistinnen, über ihren Beruf, ihren Werdegang, über die internationale Modefotografie und die Arbeit in Zeiten von Corona.
AZ: Frau Raba, wie wirken die Finalistinnen der "Schönen Münchnerin" auf eine Fotografin, die sonst mit internationalen Top-Models shootet?
BELA RABA: Gut. Es zeigt sich natürlich, wer schon Erfahrung hat oder einfach nur attraktiv ist. Hinter der Kamera sieht man, ob sich jemand in eine Situation einfühlen kann und ein gutes Körpergefühl hat. Oft sieht man es an den Händen - weiß das Model, wohin damit? Und in der Veränderung von der einen zur nächsten Pose wird klar, ob sich jemand in die Szene hineinfallen lassen kann, ob die Bewegungen fließend sind. Wenn ein Model nur dasteht und man zehn Mal das gleiche Bild macht, bringt einen das nicht weiter. Aber das hat im Grunde nichts damit zu tun, ob jemand Profi ist - sondern eben mit Körperbewusstsein. Ich habe sehr oft Tänzerinnen fotografiert, die als Models toll waren: Sie hatten zwar keine Erfahrung mit der Kamera, wohl aber mit der Aufmerksamkeit anderer Menschen. Es geht immer darum, die eigene Persönlichkeit mit der gestellten Aufgabe in einem Moment authentisch verschmelzen zu lassen.

"GNTM"-Shootings - nicht das tägliche Geschäft
Viele bilden ihre Vorstellung vom Model-Beruf über Formate wie "Germany's Next Topmodel". Wie nahe kommt das der Realität?
Das ist eine Show. Ein realer Job kommt mit wesentlich weniger Drama aus. Ich habe einmal eine Modekampagne in Namibia auf der höchsten Sanddüne der Welt fotografiert, das hätte auch gut zu Heidi Klum gepasst. Aber das ist nicht das tägliche Geschäft. Wir können nicht jeden Tag Mädchen in die Wüste fliegen oder von Kränen springen lassen.
In manchen Fernsehformaten wird der Eindruck vermittelt, der Fotograf würde den Models vorgeben, was sie zu tun haben. Ist das wirklich so?
Ja. Es gibt aber keinen Ober und Unter. Man setzt sich vorher mit dem Kunden und dem Model hin, bespricht die Ziele des Shootings und wie man sie erreichen will. Dann gebe ich dem Model Hilfe und Anleitung, das Besprochene optimal umzusetzen - aber nicht in einem Befehlston. Um in der Kommunikation noch geschliffener zu werden, mache ich eine Ausbildung in Neurolinguistischem Programmieren. Da geht es darum, sehr bewusst mit Sprache umzugehen.
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Ich komme aus einem Künstlerhaus, mein Vater war Fotograf, ich bin so aufgewachsen. Dann kam meine Revoluzzerzeit und ich wollte nicht das Gleiche machen wie mein Vater. Aber erst einmal führte das dazu, dass ich mir eine Canon gekauft habe, weil er Nikon-Fotograf war. Meinen eigenen Stil habe ich dann über die Jahre entwickelt.
Wie sind Sie dann in den Beruf gekommen?
Ich habe zuerst eine klassische Ausbildung gemacht. Ich wollte in den Modebereich und habe dann über einige Jahre hinweg einem sehr guten Sport-Modefotografen für einen Großkunden in den USA assistiert. Da habe ich gelernt, worauf es bei der Umsetzung von groß angelegten Shootings ankommt, wie Castings ablaufen und so weiter. Ich habe das alles von der Pike auf gelernt. Ich denke, eine Assistenz ist der beste Weg in den Beruf.

Was ist in dem Beruf wichtiger: Talent oder Handwerk?
Es ist wie bei allen Dingen: Wenn man Profisportler oder Musiker werden will und auch noch das Talent dazu hat, aber nicht jeden Tag acht Stunden übt, führt das zu nichts. Aber wenn man alle anderen Kriterien erfüllt, macht Talent dann vielleicht doch das entscheidende Quäntchen aus. Andererseits gibt es auch viele Leute, die sehr geschäftssinnig sind und sich gut verkaufen können und dadurch weiter kommen als andere, die vielleicht sogar mehr Talent haben. Manche machen banale Fotos und verdienen sich damit dumm und dämlich.
Wie kann das sein, wenn der Markt so riesig ist und es viele gute Fotografen gibt? Das müsste die Preise drücken.
Ja, es drückt die Preise. Es gibt wie in jedem Berufsfeld immer einen, der es noch billiger macht. Das Problem ist, dass der Kunde oft die eigentliche Qualität eines Fotografen auf irgendwelchen Onlineplattformen nicht mehr erkennen kann. Da sieht irgendwie alles recht hübsch aus. Erst, wenn es konkret um eine Auftragsarbeit geht und man Kontinuität und Druckqualität liefern muss, trennt sich die Spreu vom Weizen.
Honorare für Top-Fotografen: 50.000 Euro
Welche Honorare bekommen extrem angesagte Fotografen?
Top-Fotografen bekommen 50.000 Euro am Tag oder mehr, dafür treten sie oft die kompletten Nutzungsrechte an den Fotos ab. Wenn ein französischer Parfümhersteller eine internationale Kampagne mit einem Top-Schauspieler macht, kann der Fotograf sogar 200.000 bis 300.000 Euro verdienen. Dafür ist der Fotograf dann möglicherweise für Konkurrenzprodukte geblockt. Deshalb schießen diese Honorare so in den Himmel.
Wie lange arbeitet der Fotograf an so einem hoch dotierten Job?
Annie Leibovitz hat einmal Wesley Snipes in einem französischen Schloss fotografiert. Da besteht das Team aus 30 Leuten, da stehen LKWs rum wie bei einer Filmproduktion. Mit Wesley Snipes hatten sie vielleicht nur eine Stunde, aber sie haben alles vorher wochenlang vorbereitet.
Die Realität fast aller Fotografen ist weniger glamourös. Inwiefern trifft die Corona-Krise die Branche?
Beim ersten Lockdown im Frühjahr konnten wir alle nicht arbeiten. Manche haben Unterstützung für die Betriebskosten bekommen. Ich bin bis jetzt ganz gut durch das Jahr gekommen, da ich sehr gute Stammkunden habe. Ich weiß aber auch von anderen Fotografen, die extreme Schwierigkeiten haben.
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