Schnelltests in München: Nasebohren für ein bisschen mehr Sicherheit

München - Dass eine gute Teststrategie der beste Weg in Richtung Öffnungen ist, davon ist Dr. Bruce Reith überzeugt. Schon im Dezember hat er im Musikclub Strom in der Lindwurmstraße ein Testzentrum eröffnet. Dort wurden Corona-Tests gegen Bezahlung angeboten. Neuerdings können Bürger mit dauerhaftem Wohnsitz in Deutschland einmal wöchentlich einen kostenlosen Antigen-Schnelltest vornehmen lassen. Vorausgesetzt, sie zeigen keine Symptome.
Nur fünf Minuten dauert der Schnelltest
Genau diesen Punkt sieht Reith als entscheidend an: "Symptomfreie, infizierte Menschen sind bisher bei den PCR-Tests häufig durch das Raster gefallen, denn getestet wurden bis jetzt meist nur Menschen, die unter Verdacht stehen, sich angesteckt zu haben."

Kostenloser Schnelltest als Bürgertest
Wer keinen nachweislichen Kontakt zu einer infizierten Person hatte, der habe sich bislang in der Regel nur testen lassen, wenn er Symptome hatte. "Mit den Schnelltests fangen wir jetzt genau die Menschen ab, die sonst gar nicht gemerkt hätten, dass sie sich infiziert haben und trotzdem ansteckend sind", erklärt Reith.

Unter meincoronaschnelltest.de oder vor Ort (mit QR-Code) kann man sich anmelden und einen Termin vereinbaren. Der kostenlose Schnelltest vor Ort (derzeit im Strom-Club in der Lindwurmstr. 88, bald im Ruby-Club am Stachus) dauert keine fünf Minuten, dann kann man sofort wieder gehen. Das Ergebnis wird etwa nach 15 bis 20 Minuten digital mitgeteilt.
Nicht alle Apotheken bieten den Bürgertest an
Dass es schon ein großes Angebot an kostenlosen Testmöglichkeiten in München gibt, ist vor allem der Eigeninitiative vieler Apotheker, Ärzte und auch privater Unternehmen zu verdanken. Viele haben digitale Terminvergabesysteme eingerichtet. Dann die Räumlichkeiten, das Personal, natürlich auch die Beschaffung der Schnelltests. Das alles kostet Zeit und Geld. Daher bieten nicht alle Apotheken den Bürgertest an.
Weniger Bürokratie würde helfen
"Ich würde mir weniger Bürokratie wünschen", sagt Claudia Prem, Inhaberin der Eugen-Apotheke in Oberföhring. Die Kunden müssen für den Bürgertest nichts bezahlen, daher müssen die Apotheken in Vorleistung gehen. Die Abrechnung, die anders als sonst über die Kassenärztliche Vereinigung läuft, ist für die Apotheken kompliziert. "Wir müssen uns in ein neues System einarbeiten und zusätzliche Gebühren bezahlen", bedauert Prem. "Das ist aufwendig."
Ihre Kunden können sich digital auf www.eugenapotheke.de für die Schnelltests anmelden. Wenn sie zum Testen kommen, müssen sie erst einmal an der Nachtglocke läuten. Dann werden sie in die separate Testkabine geführt. Das ist Vorschrift. Unmittelbar nach dem Test können die Kunden wieder gehen und werden per E-Mail oder telefonisch über das Ergebnis informiert. Ist der Schnelltest positiv, wird das Ergebnis dem Gesundheitsamt übermittelt. Die getestete Person muss sich in Quarantäne begeben. Ein PCR-Test mit Laborauswertung folgt.
Schnelltests statt Konzerte
Auch die Sani-Plus Apotheken bieten an ihren vier Standorten die kostenlosen Schnelltests an. Am Olympia-Einkaufszentrum und in Pasing wurden außerhalb der Apotheken Testzentren eingerichtet. Das Familienunternehmen hat für das digitale Anmeldungssystem die Ticket i/O GmbH beauftragt. Normalerweise bietet die Firma ein digitales Ticket-System für Veranstaltungen an. Das Unternehmen hat die Not zur Tugend gemacht und umgestellt. Auf der Internetseite für die Terminvergabe werden auch weiterhin Tickets vergeben, nur diesmal für Schnelltests.
Auch Zahnarztpraxen machen mit
Kreativität ist in diesen Zeiten besonders gefragt. Dr. Gerald Heigis begann Ende November des vergangenen Jahres damit, in seiner Zahnarztpraxis am Olympiadorf Antigen-Schnelltests anzubieten. Die Nachfrage war groß: "Wir hatten etwa 200 Personen an einem Tag hier." Schon nach drei Tagen musste Dr. Heigis die Tests einstellen, weil nicht genügend Platz vorhanden war. Da kam ihm die Idee, bei den leerstehenden gastronomischen Betrieben anzufragen, ob sie ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
"Je mehr getestet wird, desto besser"
Mittlerweile kann man in zwölf Lokalen, über ganz München verteilt, Schnelltests machen. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Bislang kostet der Test etwa 30 Euro. Inzwischen bietet Heigis auch die kostenlosen Bürgertests in seinen Teststationen an. Eine Voranmeldung braucht es dort nicht. "Je mehr getestet wird, desto besser", sagt Dr. Bruce Reith. "Es ist doch so, dass wenige Corona-Infizierte viele Menschen anstecken, die sogenannten Superspreader. Wenn wir die wenigen schnell entdecken und sofort reagieren, dann können die vielen sich wieder freier bewegen."
In Holland wird probeweise wieder gefeiert
Vielleicht, so die Idee, könnten auf diese Weise auch wieder Veranstaltungen stattfinden. In Holland wurde dazu erst kürzlich ein Forschungsprojekt durchgeführt. 1.300 Holländer feierten gemeinsam eine Nacht lang unter Beobachtung. Teil des Projekts war auch der Einsatz von Antigen-Schnelltests kurz vor der Veranstaltung. Ausgewertet ist der Versuch noch nicht. Immerhin, Anlass zur Hoffnung geben die Schnelltests auf jeden Fall.