Schneller zum Impftermin in München: Mit dieser App geht es ganz leicht

München - Ob Erstimpfung oder Boosterimpfung: Mit der aktuellen Coronawelle steigt bei Impfzentren und Ärzten wieder die Nachfrage nach dem Pieks. Mit der App eines Münchners kommen Impfwillige in wenigen Klicks zu ihrem Termin.
Schneller zum Impftermin kommen Münchner schon seit Mitte Mai mit einem Service, der als App verfügbar ist und auch über einen beliebigen Browser bedient werden kann. Die Applikation wertet in München (und in 22 weiteren deutschen Städten, darunter auch Nürnberg und Augsburg) die freien Impftermine aus, um den Suchenden binnen möglichst kurzer Zeit zum nächsten freien Slot zu verhelfen. Dabei ist es möglich, eine Impfstoffpräferenz anzugeben - sich etwa nur bei freien Biontech-Terminen benachrichtigen zu lassen. Alles, was es dafür technisch braucht, ist eine Registrierung beim Messenger-Dienst Telegram und in der entsprechenden Gruppe.

Software-Entwickler Ritter: "Die Nachfrage nach Impfterminen ist viel höher als das Angebot"
"Immer mehr Arztpraxen stellen ihre Termine für die Impfung online ein. Bisher mussten Leute sich durch die Onlineportale klicken und genau zum richtigen Zeitpunkt da sein, um diesen Termin zu bekommen", erklärte der App-Entwickler Max Ritter (28) im Gespräch mit der AZ im Mai. Damals wurde gerade die Impfung ohne Priorisierung für alle freigegeben. Ritter hat Softwareentwicklung studiert und danach zunächst das Start-Up Parkdepot mitgegründet.
Heute arbeitet er hauptberuflich als Berater bei einer Software-Firma und hat die App zunächst für den Eigenbedarf entwickelt. Ein Kollege habe ihm am 18. Mai (Dienstag) einen Link zu einem Onlineportal geschickt, wodurch er erst erfahren habe, dass Ärzte Impftermine online planten: "Da habe ich mich - statt tagelang immer wieder diese Seiten zu aktualisieren - abends ein paar Stunden hingesetzt und eine Software gebaut, die automatisiert die Verfügbarkeiten analysiert." Und bereits am Mittwoch (19. Mai) war Ritter geimpft.
Per Push-Nachricht zum Corona-Impftermin
Mittlerweile funktioniert seine App so: Sobald ein Arzt ein Datum einstellt, wird der Termin über den Kanal der jeweiligen Stadt direkt an die Leute kommuniziert. Die Daten erhält die Software dabei aus online zugänglichen Portalen wie etwa Jameda. "Dann bekommen beispielsweise alle Leute im Münchner Kanal eine Benachrichtigung, gehen auf den Link und können im Idealfall den Termin direkt über die Arztplattform buchen." Und dann - siegt Schnelligkeit. Denn theoretisch würde es Telegram ermöglichen, bis zu 200.000 Abonnenten zu benachrichtigen.
Seine App hat Ritter zunächst nur im Kollegenkreis an den vier Standorten seiner Firma geteilt. Dann hat er einen Hinweis in Stadt-Kanäle bei Reddit eingestellt - und binnen kürzester Zeit hatten allein in München schon mehr als 6.000 Leuten seinen Dienst abonniert. In Berlin und Norddeutschland gab es bereits ähnliche Services; in Bayern war Ritter seinen Angaben zufolge damit der erste. Mittlerweile hat der Münchner Kanal über 10.000 Abonnenten.
Beim Ablauf werden keine Daten erhoben, weswegen Max Ritter keine Angaben machen kann, wie vielen Menschen seine App schon erfolgreich zu einem Impftermin verholfen hat. Da die App über Telegram funktioniert, gelten die Regeln des Messageing-Dienstes. Während andere Plattformen zunächst Daten erheben müssen, um ein Matching nach Wohnort vorzunehmen, läuft die Zuordnung über das Benachrichtigungssystem anonym.
Impftermin-Finder: Anmeldung als anonymer Leser
Ritter bekommt keine Rückmeldung über eine Vereinbarung von Terminen. "Der Nutzer meldet sich bei Telegram mit seiner Handynummer an. Bei Telegram gehe ich davon aus, dass sie datenschutzkonform sind, weil sie in Deutschland operieren dürfen. Ich selbst habe keine Anknüpfungspunkte mit Daten, die Leute sind im Kanal als anonyme Leser angemeldet."

Impftermin per Telegram-Bot finden: Altersgruppe U-30 steht im Fokus
Die App richtet sich gezielt an eine digital erfahrene Bevölkerungsgruppe, die sich von anderen Kampagnen bislang oft als benachteiligt ansieht: "Ich würde die Zielgruppe mit unter 30 ansetzen, die das 'Aktive' gewohnt sind. Während beim Impfzentrum nach der Anmeldung passiv ein Termin zugeteilt wird, gibt es ja gerade in der jungen Generation viele Leute, die sich impfen lassen wollen, die Zeit und das Know-how haben, sich diesem Termin aktiv anzunähern. Für die hat bisher das Angebot gefehlt", sagt Max Ritter. "Daher richte ich mich eher an sie - auch in der Hoffnung, dass ältere Leute über andere Kanäle wie das Impfzentrum oder Telefon bedient werden."
Ob es Feedback von Nutzern oder Ärzten gab? Anerkennung hat er bereits bekommen: "Mich freut es, wenn Leute mir schreiben, dass sie mir einen Kasten Kölsch schicken wollen." Ein kommerzielles Projekt will er aus seiner App nicht machen: "Kaufangebote würde ich zurückweisen. Ich freue mich für jeden, bei dem es klappt - und das war meine einzige Motivation hinter der Sache. Impftermine sollen ein öffentliches Gut bleiben, Arztpraxen und Impfwillige pragmatisch zusammengebracht werden - hieraus Geld zu schlagen, fände ich schwierig." Die Nutzung der App bleibt folglich gratis.