Schluck mit schlimmen Folgen: Münchnerin in Restaurant verätzt

München - Sybille V. kann nur sehr leise und gepresst von dem erzählen, was sie durchlebt: „Ich habe immer Schmerzen, besonders beim Schlucken. Ich bin müde, schlafe viel und friere leicht. Vermutlich, weil ich kaum etwas zu mir nehmen kann.“
Am Mittwochabend war die Zahnärztin mit einer Freundin im indischen Restaurant Swagat am Prinzregentenplatz – wie so oft. Ihr Mann Graziano V. (39) erzählt die Geschichte, weil Sybille V. das Sprechen schwerfällt. „Das ist eigentlich ein gutes Lokal, wir waren da schon oft.“ Zum Essen bestellt sie sich eine Flasche stilles Wasser. Der Kellner bringt Acqua Panna von S. Pellegrino, das von Nestlé hergestellt wird. Sybille V. öffnet die Flasche, schenkt sich ein Glas ein und trinkt.
Ihr Mann schildert es so: „Sie hat sofort einen starken Schmerz gespürt, dachte zuerst, das Glas sei kaputt und sie habe sich geschnitten. Sie hat deshalb zum Nachspülen einen Schluck aus der Flasche genommen.“ Obwohl Sybille V. die ätzende Flüssigkeit, die sich in der Flasche befunden hat, ausspuckt und im Bad ausspült, schwellen Mundraum und Zunge an.
Der Vorfall hätte auch tödlich ausgehen können
Graziano V. erzählt, wie bestürzt die Rettungskräfte über den Zustand seiner Frau waren: „Sie haben noch einen zweiten Notarzt gerufen, weil nicht abzuschätzen war, wie weit Zunge und Mundraum noch anschwellen würden.“ Sybille V. hat unerträgliche Schmerzen und wird auf die Intensivstation des Klinikums Bogenhausen gebracht. Speiseröhre, Mundraum und Lippen sind verätzt.
„Wäre die Speiseröhre durchlöchert gewesen, hätte sie sterben können“, sagt Graziano V. Zwei Tage muss Sybille V. auf der Intensivstation bleiben, mittlerweile ist sie wieder zu Hause. Ihr Mann, der Hoteldirektor ist, hat sich freigenommen und kümmert sich liebevoll um seine schwer verletzte Frau. Vom Restaurant hat das Paar bisher noch nichts gehört.
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Swagat-Geschäftsführer Har Vijay Kumar tut der Vorfall leid, zur AZ sagt er: „Wir haben uns bisher noch nicht persönlich bei der Frau entschuldigt, weil wir sie am Wochenende nicht stören wollten. Wir haben das intern nachvollzogen: Die Flasche Wasser kam geschlossen aus unserem Kühlschrank. Deshalb glauben wir an einen Fehler des Herstellers.“ Bis auf weiteres werden sie das Wasser nicht mehr verkaufen und haben die Lieferungen abbestellt.
Die Polizei prüft, ob sie wegen fahrlässiger Körperverletzung ermitteln soll. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) bestätigt den Vorfall. Die Flasche samt Inhalt ist beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen und wird dort untersucht. Ein Ergebnis wird Mitte der Woche erwartet.
Das KVR geht nicht von einem Verschulden des Restaurants aus
Johannes Mayer vom KVR äußert sich in der AZ zum aktuellen Stand der Ermittlungen: „Nach unseren Informationen war die Wasserflasche verschlossen und wurde am Tisch geöffnet. Deshalb gehen wir derzeit nicht von einem Verschulden des Restaurantbetreibers aus.“ In 20 Jahren sei das indische Restaurant laut Mayer nie negativ aufgefallen.
Der Hersteller Nestlé betont, dass kein endgültiges Ergebnis aus dem Labor vorliege und es bisher keinen ähnlichen Fall gegeben habe: „Das ist ein mysteriöser Einzelfall. Wir haben daraufhin aber natürlich Produktproben aus dem Abfüllungszeitraum genommen und nichts gefunden, was zu beanstanden ist.“
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Sybille V. ist langsam auf dem Weg der Besserung. Statt alle vier Stunden nimmt sie alle sechs Stunden starke Schmerzmittel – und vor dem Essen. „Ich schmecke und fühle derzeit nichts. Ich kann nicht einmal unterscheiden, ob ich Milchreis oder Hühnerbrühe esse“, sagt Sybille V. leise.
Ob sie bleibende Schäden davontragen wird, zeigt eine Untersuchung in der kommenden Woche.