Schließt die Raucherclubs!
MÜNCHEN - In gut 100 Tagen seit Inkrafttreten des Rauchverbotes sind in München 700 Raucherclubs entstanden - eine "klare Umgehung des Gesetzes", sagt KVR-Chef Blume-Beyerle und fordert nun ein Aus für die Clubs.
Da war einmal die Vision von rauchfreien Kneipen und Restaurants in Bayern. Doch die Realität sieht in München anders aus. Bei der Überprüfung von rund 2000 Kneipen stellte das KVR fest: Es gibt schon 700 Raucherclubs - mit in der Regel fadenscheinigen Begründungen. Tendenz steigend. Weil das niemand überprüfen und den Nichtraucherschutz durchsetzen könne, verlangt der KVR-Chef: Schafft die Raucherclubs ab!
Kritik an den Kontrollen
Jetzt qualmen die Köpfe, denn Gesundheitsminister Otmar Bernhard fordert umgekehrt: „Dann greift konsequent durch und verhängt Bußgelder!“
Das Kreisverwaltungsreferat steht in der Kritik, nicht intensiv genug gegen die Verstöße vorzugehen. Doch KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle weist das zurück: „Der Gesetzgeber ging nicht von einer dauerhaften Kontrolle oder sogar einer Raucherpolizei aus.“ Das Problem der Raucherclubs sei erst später entstanden. Er sieht die größte Not in den „weit gefassten und nebulösen“ Vollzugsbestimmungen des Gesetzes.
Das Problem sei erst dadurch geschaffen worden, dass Rauchen in „geschlossenen Gesellschaften“ erlaubt worden ist. „Da werden Großraum-Discos mit tausenden Jugendlichen ab 23 Uhr zum Raucherclub. Das ist doch ein Witz, da fühlt man sich auf den Arm genommen.“
"Raucherclubs waren nicht vorgesehen"
Dabei habe selbst der CSU-Fraktionschef im Landtag, Georg Schmid, der das Gesetz durchgesetzt hat, erklärt: „Raucherclubs waren nicht vorgesehen.“ Das KVR habe nicht das Personal und die Möglichkeiten, vor Ort zu überprüfen, ob diese vorgeschobenen „Vereine“ wirklich Vereine sind. In Wahrheit handle es sich weder um echte geschlossene Gesellschaften, noch um echte Clubs. Sie hätten vielmehr eine „lockere Mitgliederstruktur und keinen erkennbaren Vereinszweck“.
Blume–Beyerle: „Da reicht es schon, nur der Begleiter eines Vereinsmitglieds zu sein. Wer will das noch kontrollieren?“
Bislang laufen in München gegen mehr als 20 Wirte Untersuchungen, um ein Bußgeld zu verhängen – weil sich Nichtraucher beschwert haben. Freising und Ingolstadt gehen dagegen offensiv vor. Die beiden Städte haben die Gaststätten aufgefordert, die Raucherclubschilder zu entfernen. Blume-Beyerle: „Der Weg ist spektakulär und für mich sympathisch.“ Aber er sei juristisch wohl nicht erfolgreich.
Deshalb appelliert der KVR-Chef an den bayerischen Gesundheitsminister: Verbietet die Umgehungsvereine. Denn: „Das Gesetz ist nicht vollziehbar.“ Im Kreisverwaltungsauschuss des Stadtrats bekam er am Dienstag Rückhalt. Aber niemand geht davon aus, dass vor der Landtagswahl im September etwas geändert wird.
Auch die Rathaus-CSU ist skeptisch. Dabei hatten deren Fraktionschefs Seppi Schmid und Hans Podiuk vorher frech gefragt: „Lässt das KVR den Amtsschimmel gegen Raucher wiehern?“ Umwelt- und Gesundheitsminister Otmar Bernhard (CSU) weist die Attacke aus dem Rathaus zurück. Zur AZ sagte er: „Die Vollzugshinweise des Gesetzes sind völlig ausreichend, es ist nur notwendig, sie konsequent zu vollziehen.“
"Nicht im Sinne des Gesetzes"
Wenn es Missbrauch gebe, dann müsse durchgegriffen und müssten Bußgelder verhängt werden. Bernhard: „Wenn Gaststätten öffentlich zugänglich sind und die Kriterien an geschlossene Gesellschaften an diese Raucherclubs nicht erfüllen, dann ist es die Aufgabe des Kreisverwaltungsreferenten, durchzugreifen, denn das ist nicht im Sinne des Gesetzes.“ Nur „nicht öffentlich zugängliche“ Räume wären außerhalb der Reichweite des Gesetzes.
Willi Bock