Schlagstöcke bei Gedenk-Veranstaltung: Münchner Polizei lässt ihr Vorgehen prüfen

München - Am Rande einer Gedenkveranstaltung zum zweiten Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau kam es am Samstag in München zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Gerangel bei Demozug - Demonstranten kritisieren Polizei
Etwa 600 Menschen hatten sich auf dem Königsplatz versammelt. Sie wollten der neun Menschen gedenken, die in Hanau aus rassistischen Motiven erschossen worden waren. "Eine sehr würdevolle, friedliche und ergreifende Kundgebung", sagt Mona Fuchs, Stadträtin der Grünen, "aber die Präsenz der Polizei war extrem hoch".
Im Internet hagelte es Kritik – auch zu den späteren Einsätzen am Abend. Der alternative Polizisten-Verband "Polizei Grün" forderte "gründliche Aufklärung". Die polizeiliche Taktik bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer von Hanau sei fragwürdig.
Am Dienstagabend informierte die Münchner Polizei über weitere Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen am Samstag - und nahm noch einmal konkret Stellung.
"Festnahme eines erkannten Straftäters"
Im Zusammenhang mit einer sich vom Königsplatz aus fortbewegenden Versammlung sei es zu tätlichen Angriffen gegen Polizeibeamte, polizeilichen Zwangsmaßnahmen und zu Festnahmen gekommen.
"Gegenstand der noch laufenden Nachbereitung des Einsatzes ist unter anderem ein Geschehen im Bereich der U-Bahn bei der Festnahme eines erkannten Straftäters", heißt es in der Mitteilung.
Polizeivize Dibowski: Vorkommnisse "mehr als bedauerlich"
"Bei der Versammlung wurden Einsatzkräfte mit einem Stock angegriffen, es kam zum Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray. Drei Beamte wurden verletzt. Über verletzte Versammlungsteilnehmer ist noch nichts bekannt. Einer der Tatverdächtigen konnte im Nachgang der Versammlung festgenommen werden", erklärte Polizeivizepräsident Michael Dibowski.
Es sei "mehr als bedauerlich", so Dibowski weiter, dass im Zusammenhang mit einer Gedenkveranstaltung zum rassistischen Anschlag in Hanau zu Gewalttätigkeiten gekommen sei: "Wir bereiten alle unsere Einsätze nach, so auch diesen. Gegenstand unserer Nachbereitung ist dabei neben der Einsatztaktik, auch das Vorgehen unserer Beamten. Um das Einschreiten neutral bewerten zu lassen, haben wir den Vorgang zur Prüfung an das Bayerische Landeskriminalamt abgegeben."
Mona Fuchs: "Die Demonstranten wurden in der Mitte zusammengedrängt"
Was war am Samstag passiert? Gegen 19 Uhr waren die Teilnehmer der Trauerfeier in Richtung Hauptbahnhof gezogen. Ihr Ziel die Abschlusskundgebung am Georg-Freundorfer-Platz. An einer Baustelle in der Luisenstraße wurde es eng. Links und rechts der Demo gingen Polizisten. Es kam zur Rangelei. "Die Demonstranten wurden in der Mitte zusammengedrängt, hatten keine Möglichkeit, auszuweichen", sagt Mona Fuchs, die selbst vor Ort war.
Die Polizei erklärte dazu am Sonntag, die Beamten seien von Demonstranten gegen den Bauzaun gedrückt worden. "Sie waren vom ‘schwarzen Block’ eingekeilt", so ein Polizeisprecher. Um ihnen zu helfen, setzten ihre Kollegen Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Drei Polizisten seien verletzt worden.
Polizist geschlagen? Festnahme am Hauptbahnhof
Während des Zwischenfalls in der Luisenstraße soll ein 20-Jähriger aus Augsburg einen Polizisten mit einer Knüppelfahne auf den Kopf geschlagen haben.
Der mutmaßliche Angreifer wurde später am Abend am Hauptbahnhof am Bahnsteig der U-Bahn von Polizisten wiedererkannt und sollte festgenommen werden. Seine Begleiter wollten das verhindern und versuchten den 20-Jährigen zu befreien. Auch hierbei setzten Beamte erneut ihre Schlagstöcke ein.
Von den Einsätzen rund um die Gedenkfeier kursieren Videos im Internet. Linke Aktivisten bezichtigten am Sonntag in einer Erklärung die Polizei der "Lüge". Die Beamten hätten am Bahnsteig wahllos Leute geschlagen. Sie berichten von 30 verletzten Personen und bezeichnen die Polizeiaktion als "illegal".