Schlagbauer-Aus: Schlammschlacht um Chef-Posten

„Unruhestifter“, „Heuchler“, „Karrierist“: Im Streit um den Chefposten im Kreisverband-Mitte fliegen verbal die Fetzen. Wer soll künftig im Stadtzentrum die CSU-Richtung vorgeben?
von  Irene Kleber
CSU-Stadtrat Hans Theiss (r.) will Georg Schlagbauers (M.) Nachfolger als Kreisverbands-Chef in der Münchner Innenstadt werden. Gegen ihn kandidiert die Juristin Nicola Mayerl (l.), Chefin im CSU-Ortsverband Westend-Schwanthalerhöhe.
CSU-Stadtrat Hans Theiss (r.) will Georg Schlagbauers (M.) Nachfolger als Kreisverbands-Chef in der Münchner Innenstadt werden. Gegen ihn kandidiert die Juristin Nicola Mayerl (l.), Chefin im CSU-Ortsverband Westend-Schwanthalerhöhe. © CSU

„Unruhestifter“, „Heuchler“, „Karrierist“: Im Streit um den Chefposten im Kreisverband-Mitte fliegen verbal die Fetzen. Wer soll künftig im Stadtzentrum die CSU-Richtung vorgeben?

München - Die Stimmung kocht bei der CSU im Münchner Stadtzentrum. Und in der Frage, wer jetzt wen unterstützt im internen Flügelkampf um die Nachfolge von Georg Schlagbauer als Kreisverbandverbands-Chef München-Mitte (AZ berichtete), wird die Wortwahl immer deftiger.

Wer also soll künftig im Stadtzentrum die CSU-Richtung vorgeben? Stadtrat und Kardiologe Hans Theiss (37), der den liberalen Großstadtkurs von Bürgermeister Josef Schmid unterstützt und deshalb auch Wunschkandidat von Bezirkschef Ludwig Spaenle ist? Oder die Juristin Nicola Mayerl (42) – vor zwei Wochen ins Rennen geschickt vom konservativen Lager um den CSU-Orts-Chef in der Maxvorstadt, Günther Westner? Dessen Flügel, dem auch  JU-Kreischef Laurenz Kiefer angehört, will sich „von der CSU-Parteiführung keinen Wunschkandidaten aufdrücken“ lassen. Schon gar keinen womöglich Schwulenehe- oder Willkommenskultur-freundlichen.

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Theiss gilt im Stadtrat als fleißiger Arbeiter, zielstrebig, liberal und vor allem: ausgleichend. Sogar die SPD-Kollegen loben den „angenehmen Umgang“ mit ihm und seine „Sachkenntnis“. „Ein absolutes politisches Talent“, urteilt Bürgermeister Schmid über Theiss.

Nicola Mayerl, die den CSU-Ortsverband Westend-Schwanthalerhöhe führt und schon zwei Mal Stadträtin werden wollte, will nach eigenem Bekunden „mehr Kommunikation und Mitspracherecht für die CSU-Basis“. Attribute, die das Westner-Lager Theiss abspricht: Der sei „praktisch nie bei Veranstaltungen der CSU-Ortsverbände“, ätzt man dort. „Was nutzt mir ein Mandatsträger, der die Themen der Basis nicht aufgreift?“, sagt Westner auf AZ-Anfrage.

"Ein Kreisverband ist kein Versuchsballon"

CSU-Stadtrat Richard Quaas, der zu den Theiss-Unterstützern gehört, spricht wiederum Mayerl echtes Interesse an der Sache ab und attestiert ihr „ungenügende“ Fähigkeiten, um den zerstrittenen Verband zu führen: „Frau Mayerl kandidiert für sehr viel – aber ein Kreisverband ist kein Versuchsballon.“

In internen Mails, die der AZ vorliegen, greifen Funktionäre aus beiden Lagern einander nun immer erbitterter an. Von „Karrieristendenken“ und „Pöstchenvergabe nach Gutsherrenart“ ist da auf der einen Seite die Rede. Von „rückwärtsgewandten Heuchlern“, „Unruhestiftern“, „falschem Ehrgeiz“ und „Schleimspuren, die sich durch das politische Leben mancher Parteifreunde“ ziehen, auf der anderen.

Dass mit derart harten Verbalattacken gekämpft wird, hat einen tieferen Hintergrund: Wer die Wahl um den Kreisvorsitz in der Innenstadt gewinnt, gilt als sicherer Kandidat fürs CSU-Landtags-Direktmandat im neuen Stimmkreis München-Mitte (der zur nächsten Landtagswahl geschaffen wird). Auf dieses lukrative Amt spechten Mehrere in der Münchner CSU.

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"Wir müssen Ruhe in den Verband bringen"

Umgekehrt gilt auch als gesichert: Wer bei der Kreischef-Wahl durchfällt, ist für den Landtagswahlkampf verbrannt.

Theiss hat seine Ambitionen für einen Einzug ins Maximilianeum in internen Gesprächen längst erklärt. Umso mehr bemüht er sich um einen ruhigen Tonfall: „Die Vorwürfe gegen mich kann ich nicht ernst nehmen. Ich habe genug Gespräche mit der Basis geführt, ich weiß, dass ich im Kreisverband breit verwurzelt bin“, sagt er, und: „Querelen wie diese gibt es immer in der Politik, die muss man aushalten.“

Vieles steht und fällt nun mit der Frage, wie schnell der Kreisverband einen Wahltermin ansetzt. Der Flügel um Günther Westner will möglichst spät wählen – nicht vor Oktober. Damit Kandidatin Nicola Mayerl (die erst zwei der neun Ortsverbände im Kreisverband Mitte hinter sich gebracht hat) Zeit gewinnt, um bei den knapp 100 Delegierten für sich zu werben. 

Hans Theiss und seine Unterstützer peilen dagegen einen Wahltermin noch im Juli an. „Wir müssen Ruhe in den Verband bringen, bevor eine Hand voll Querulanten ihn noch ruinieren“, formuliert ein Funktionär.

Für heute Abend hat Bezirks-Chef Ludwig Spaenle die neun Ortsverbands-Chefs und vier Kreisverbands-Stellvertreter (darunter Theiss) in die Bezirks-Geschäftsstelle in der Adamstraße bestellt. Es dürfte eine ungemütliche Ansprache geben. Und am Ende einen Wahltermin.

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