Schläger: „Ich habe mir mein Leben versaut“

Mike B., Benji D. und Ivan Z. hatten eine kriminelle Vorgeschichte. In der Berufsschule fielen sie aber nicht mehr negativ auf, hatten Ausbildungsplätze in Aussicht – bis zur Horrornacht im Juli 2009.
von  Abendzeitung
Anwalt Christian Finke vertritt einen der Schläger
Anwalt Christian Finke vertritt einen der Schläger © Ronald Zimmermann

Mike B., Benji D. und Ivan Z. hatten eine kriminelle Vorgeschichte. In der Berufsschule fielen sie aber nicht mehr negativ auf, hatten Ausbildungsplätze in Aussicht – bis zur Horrornacht im Juli 2009.

In ihren Gesichtern regt sich nichts. Ruhig und gelassen sitzen Mike B., Benjamin Alex D. und Ivan Jan Leone Z. auf der Anklagebank. „Wie auf der Schulbank“, sagt Margarete Nötzel, Sprecherin des Gerichts, die den Prozess, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, beobachtet. „Kein einziges Wort“ sei den Schweizer Jugendlichen am zweiten Tag der Verhandlung über die Lippen gekommen. Ganz anders ihre Eltern. Die Emotionen wühlen tief in ihnen. Nötzel: „Sie stehen unter erheblichem Druck.“ In den Prozess-Pausen könnten sie mit ihren Kindern sprechen.

Seit Montag wird den Schweizer Schlägern der Prozess gemacht, wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Im vergangenen Jahr hatten sie fünf Menschen rund um das Sendlinger Tor wahllos und brutal attackiert. Geschäftsmann Wolfgang O. zertrümmerten sie mit Fußtritten das Gesicht. Außerdem attackierten sie drei Mazedonier, schlugen einen Studenten auf der Sonnenstraße zusammen. Eine Gewaltorgie, die nur 15 Minuten dauerte. Nach der Tat waren ihre Kleider von Blut befleckt.

Die Opfer Wolfgang O. und zwei der Mazedonier waren gestern anwesend und hörten die Zeugenaussagen von vier Polizisten. Die Schweizer ließen über ihre Verteidiger erklären, sie wollen von nun an keine Angaben zur Anklage machen. Auch Mike B., der als einziger der drei am Montag „Angaben zur Person machte“, will künftig schweigen.

Am Montag hatte Mike B. (17) dem Gericht noch erzählt, er sei ein „fröhlicher und lustiger Typ“, der eher nicht aggressiv sei. Laut Anklageschrift, aus der eine Schweizer Zeitung berichtet, gilt er jedoch als Haupttäter, der seine Kumpels Benji D. und Ivan Z. zu den Attacken anstachelte. Und es war nicht das erste Mal, dass er einem Menschen die Knochen brach.

2008 brach Mike B. einem Jugendlichen das Nasenbein, weil der ihn aufgefordert hatte, nicht im Zug zu rauchen. Die Strafe: Zehn Tage Sozialstunden und 150 Franken (circa 100 Euro) Entschädigung. In der Schule lachte er schwächere Mitschüler aus, erniedrigte sie. Wie etwa bei einer Klassenfahrt 2008, als er einem Mitschüler die Augenbrauen wegrasierte.

Auch Benji D. (17) hat eine kriminelle Vorgeschichte, von Lehrern wird er als labiler Typ und Mitläufer beschrieben. 2008 klaute er aus einem Supermarkt Zigaretten und Alkohol im Wert von über 2000 Euro. Er hatte sich über Nacht dort einschließen lassen. Die Strafe: Zehn Tage Sozialleistungen wegen Diebstahl und Hausfriedensbruch.

Am auffälligsten war jedoch Ivan Z. (17). Weil ihm ein Mitschüler einen iPod nicht geben wollte, brach er ihm mit einem Fußtritt das Jochbein. Wegen versuchten Raubes wurde er 2008 verurteilt, machte eine Therapie und vier Wochen Sozialstunden.

Vor der Bluttat hatte Ivan Z. eine Lehrstelle als Karosseriebauer bereits sicher. Auch Mike B. soll nach Abschluss der 10. Klasse einen Ausbildungsplatz in Aussicht gehabt haben. Trotz ihrer kriminellen Vorgeschichte – während ihrer Zeit an der Weiterbildungs- und Berufsschule sollen sie kaum negativ aufgefallen sein, berichtet ein Schweizer Polizist. „Abgesehen von Jugendtypischem war überhaupt nichts.“ Bis zu jener Horrornacht vom 29. Juni. Aus der JVA Stadelheim soll Mike nach Hause geschrieben haben: „Ich habe mir die geilste Zeit meines Lebens versaut.“

Reinhard Keck

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