Schießlers Wiesn-Tagebuch: Der Catwalk-Biergarten

Rainer Maria Schießler ist katholischer Pfarrer - und er kellnert auf dem Oktoberfest. Auf abendzeitung.de schreibt er ein Wiesn-Tagebuch. Teil 2: Wie es der Tracht an den Pelz geht.
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Maßkrüge und Kirchtürme: Rainer Maria Schießler
az Maßkrüge und Kirchtürme: Rainer Maria Schießler

Rainer Maria Schießler ist katholischer Pfarrer - und er kellnert auf dem Oktoberfest. Auf abendzeitung.de schreibt er ein Wiesn-Tagebuch. Teil 2: Wie es der Tracht an den Pelz geht.

Es gibt bei allem Stress in so einem Biergarten auch immer wieder Momente der Ruhe und der Betrachtung. Nichts mache ich da lieber, als bei unserer Servicestation zu sitzen und die Menschen zu betrachten. Sie marschieren wie auf einem Catwalk bei einer Modenschau in Scharen an mir vorbei, junge und alte, hübsche und solche, die meinen, sie wären es, originelle Typen und ganz unauffällige Gesichter.

Natürlich fällt auch mein erster Blick auf die Mädels und ihre Trachten. Ganz grundsätzlich hat Alfons Schuhbeck Recht, wenn er meint, mittlerweile müsse man auf der Wiesn schon bald „Helau“ und „Allaf“ sagen, so würden sich die Leute zusammenrichten. Gott sei Dank ist wenigstens die Zeit des unseligen Landhausstiles mehr oder weniger vorbei! Diese unmögliche Art, sich mit zusammengeflickten Mehl- und Getreidesäcken zu bekleiden, war einfach der absolute Tiefpunkt einer ohnehin traurigen Modephase, die wir schnell vergessen müssen.

Jetzt aber geht es der eigentlichen Tracht an den Pelz. Klar, auf die Wiesn kann ich kaum mit einem Edeldirndl gehen, außer ich sitze fein und aufgeräumt in einer Prominentenbox im Zelt. Gewöhnlich stehen sie aber auf den Bänken und tanzen, da muss was Praktisches her. Aber muss „praktisch“ auch heißen „hässlich“? Es ist schier unbeschreiblich, wie sich manche da zusammenrichten: Dirndln in allen Farben, ohne Kompositionssinn, meistens viel zu kurz. So ein Gewand aber sollte auch zu meiner Persönlichkeit passen! Dies aber interessiert leider die wenigsten, die da so auffallen möchten. Auch beleibtere Damen können ruhig ein Dirndl tragen, keine Frage, aber eben nicht jedes. So manches Mädel würde ich ohne Umwege zu Manfred Schauers Schichtl schicken, um dort Miss Piggi abzulösen. Sie braucht dazu nicht einmal den Kunststoffreif drunter.

Und die Herren? Ich fasse mich kurz: Mit dem Kauf einer Lederhose sind eben nicht zwingend die dazu gehörigen notwendigen Wadeln dabei. Die sollten halt schon vorher da sein, ansonsten wirkt's eben etwas dünn das Ganze. Trotzdem: Sehr viele, vor allem junge Menschen geben sich große Mühe, kleiden sich schick, attraktiv und bewusst. Das anzusehen macht mir dann immer große Freude und darum bleibe ich noch einen Moment auf meiner Bank sitzen und suche mir diese netten Leute aus der Masse heraus. Ich will ja auch eine Freud haben und mich nicht nur ärgern! Da, schon wieder a so ein nettes Pärchen und so sauber zusammengerichtet sind sie, wirklich schön! Schauns doch auch einmal genauer hin! Sie werden staunen, was es da alles zu sehen gibt!

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