Schießanlage: An der Forstenrieder Allee soll im XXL-Format geballert werden

Mitten im Bannwald: Die „Schießanlage Hubertus“ plant, ihre Anlage riesengroß auszubauen. Schießen von 8 bis 20 Uhr? Die Anwohner gehen auf die Barrikaden.
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Noch wird beim Schützenverein Hubertus so geschossen – doch bald schon wird kräftig umgebaut.
Martha Schlüter Noch wird beim Schützenverein Hubertus so geschossen – doch bald schon wird kräftig umgebaut.

MÜNCHEN - Mitten im Bannwald: Die „Schießanlage Hubertus“ plant, ihre Anlage riesengroß auszubauen. Schießen von 8 bis 20 Uhr? Die Anwohner gehen auf die Barrikaden.

Der Bau hat es in sich: 260 Meter lang und 160 Meter breit soll er werden – das entspricht ungefähr der Grundfläche der Allianz Arena. Der Schutzwall soll 18 Meter aus der Erde ragen – so hoch wie ein siebenstöckiges Gebäude. Der Neubau soll zudem zwei Meter tief unter der Erde liegen, was eine gigantische Erdbewegung nötig macht. Etwa eineinhalb Jahre lang sollen bis zu 100 Lkw pro Tag die Baustelle anfahren.

Die geplante XXL-Schießstätte im Forstenrieder Park – ein Schuss vor den Bug lärmgeplagter Anwohner, die Sturm laufen gegen die massive Erweiterung der Schießanlage Hubertus. Hundert Forstenrieder protestierten vergangene Woche gegen den Mega-Plan. Die Anlage Hubertus besteht bereits seit 1924 und genießt Bestandsschutz. Bislang dürfen die Schützen an zwei Nachmittagen die Woche jeweils fünf Stunden ballern.

Der Krach an einem Tag wäre unerträglich, sagen die Anwohner.

Jetzt hat der Verein beim örtlichen Bezirksausschuss den brisanten Bauantrag gestellt: Geht es nach den Schützen, soll in unmittelbarer Nähe zur Siedlung die Großanlage entstehen. Gleichzeitig drängen die Schützen auf längere Schießzeiten: Laut Antrag soll künftig täglich von 8 bis 20 Uhr geballert werden dürfen. „Wir haben uns mit der jetzigen Anlage und den Öffnungszeiten arrangiert“, sagt Jörg Schneider, Sprecher der Anwohner-Initiative, „aber die Ausbau-Pläne sind eine einzige Katastrophe. Das hat mit Bestandsschutz rein gar nichts mehr zu tun“. Selbst wenn der Krach pro Schuss „geringfügig gesenkt würde, geht es um die gesamte Lärmmenge am Tag – und die würde unerträglich werden.“ Schneider will am 16. Juli um 19 Uhr im örtlichen Bürgersaal einen Infoabend veranstalten und eine Bürgerinitiative gründen. „Mein Telefon glüht, weil immer mehr Bürger von der Erweiterung spitz kriegen.“

Die zweifache Mutter Astrid Bauer (46) sagt: „Schon jetzt klagen meine Kinder, dass sie sich bei den Hausaufgaben nicht mehr konzentrieren können, wenn geschossen wird.“ Besonders beunruhigt die Nachbarn die Tatsache, dass die Schützen künftig in Richtung Norden zielen wollen – dort befinden sich Sport- und Reitverein sowie Kinderspielplätze. Bernhard Schweizer (66), direkter Nachbar der Anlage, ist Jäger. Deshalb weiß er auch, dass beim Tontaubenschießen nur Schrotkugeln erlaubt sind. „Aber wer garantiert denn, dass sich niemand über dieses Verbot hinwegsetzt und mit normalen Kugeln schießt?“

Der Bund Naturschutz (BN) lehnt das Projekt ebenfalls ab. Der Münchner BN-Chef Rudolf Nützel sagt: „Für den Neubau müsste der angrenzende Bannwald abgeholzt werden, der besonders wichtig für den Wasserhaushalt ist.“ Das Naherholungsgebiet werde durch den Lärm der Schießanlage systematisch kaputt gemacht. Und die Politik? Hans Jürgen Gerhards ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins: „Das Projekt ist unzumutbar für Mensch und Natur.“ Deshalb beziehe die SPD im Bezirksausschuss 19 auch als „einzige Partei eindeutig Stellung gegen die geplante Erweiterung“.

Der Schützenverein versteht die Aufregung nicht.

Nach Meinung des CSU–Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Georg Eisenreich sei das Projekt „noch nicht entscheidungsreif“. Am Montag hielt die CSU eine Bürgersprechstunde zum Thema ab – vor mehr als 70 besorgten Bürgern. Diese waren unzufrieden mit der abwartenden Haltung der CSU, es kam zu Buhrufen und Pfiffen. Am 14. Juli findet ein Runder Tisch statt mit allen Betroffenen wie Schützen, Politiker, Behörden und Bürger. Der Schützenverein versteht die Aufregung nicht. „Die Demonstranten laufen alle hirnlos rum und haben keine Ahnung“, so Präsident Ludwig Obermeier. „Erst schreien sie nach Lärmschutz und jetzt wollen sie ihn nicht mehr.“ Deshalb rief er auch die Polizei, um die Bürgerversammlung vor dem Schützenheim auflösen zu lassen.

Laut Obermeier würde die Zusammenlegung von zwei Ständen die Anlage um zwei Hektar verkleinern. Bei den Öffnungszeiten rudert der Verein bereits zurück, wie aus einem Schreiben an die CSU hervorgeht: Trotz des Antrags, täglich von 8 bis 20 Uhr schießen zu dürfen, soll angeblich nur werktags von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 18.30 Uhr geballert werden. Was Obermeier aber als nebensächlich erachtet: „Der Schutzwall halbiert den Lärm von 20 auf 10 Dezibel. Da hört man eh nichts mehr!“

Roland Müller

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