Scheitert das Mietenstopp-Volksbegehren vor Gericht?

München - Eine Überraschung ist es nicht wirklich, die Enttäuschung bei den Initiatoren ist dennoch groß: Das bayerische Innenministerium lässt das beantragte Volksbegehren "6 Jahre Mietenstopp" nicht zu, sondern legt es dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung vor.
Mit dem Volksbegehren wollen die Initiatoren erreichen, dass ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes Mieten in 162 Kommunen des Freistaats nicht mehr erhöht werden dürfen. Das Innenministerium teilt die schon von Justizminister Georg Eisenreich (CSU) mehrmals geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorlage, wonach die Gesetzgebungskompetenz für die Materie nicht beim Land, sondern beim Bund liege.
Innenministerium: Der Bund ist zuständig
Der Bund habe im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung bereits abschließende Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch getroffen, teilte das Innenministerium am Freitag in München mit. Es bleibe kein Raum für die Festsetzung eigener landesgesetzlicher Mietpreisgrenzen. Weitergehende oder andere Regelungen der Rechtsmaterie als die im BGB dürften nicht getroffen werden.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof muss jetzt innerhalb von drei Monaten über den Zulassungsantrag des Volksbegehrens entscheiden. Das Argument, der Freistaat habe nicht die Gesetzgebungskompetenz, um den Mietenstopp zu erlassen, entkräftet der Bielefelder Verfassungsrechtsexperte Professor Franz Mayer. Sein Argument: Seit der Föderalismusreform 2006 seien die Bundesländer für das Recht des Wohnungswesens zuständig.
Mietsenkungen sind im Gesetzestext nicht vorgesehen
Mayer: "Öffentlich-rechtliche Regeln im Mietpreisrecht sind außerdem nichts Neues, die gab es erstmals im Jahr 1914. Das ist nur in Vergessenheit geraten." Durch die Notsituation auf dem Mietmarkt in Bayern dränge es sich geradezu auf, über das öffentliche Recht eine Mietpreisregulierung zu betreiben.
Zudem sei der Mietenstopp ein maßvolles Instrument, so der Verfassungsexperte weiter. Denn es ist etwa eine Erhöhungsmöglichkeit für jene Vermieter vorgesehen, die deutlich unter dem Mietspiegel vermieten. Und auch Mietsenkungen sind im Gesetzestext nicht vorgesehen.
SPD ist "bitter enttäuscht"
Mieterverein-Chefin Beatrix Zurek (SPD) findet: "Man sieht gerade aktuell in Zeiten von Corona, wie fragil unser System ist. Sobald die Menschen weniger verdienen, können sie sich ihre Miete nicht mehr leisten." "Bitter enttäuscht" ist auch der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn. Er sagt: "Die Entscheidung zeigt das fehlende Wollen der Staatsregierung."
Mietenstopp-Kampagnenleiter Matthias Weinzierl sagte, er sei trotz der Absage vom Freistaat "optimistisch, dass das Gericht im Sinne der Mieter handeln wird – und das Volksbegehren zulässt". Wenn das tatsächlich passiert, müssen zehn Prozent der bayerischen Wahlberechtigten (also etwa eine Million Menschen) innerhalb von 14 Tagen in den Rathäusern den Gesetzestext unterschreiben.
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