Schaurig-schön: Geisterstunde am Gärtnerplatztheater

MÜNCHEN - Lina (7), Luisa (8), Filip (8) und Simon (8): Wie vier süße Kinder zu alten Hexen und blutrünstigen Vampiren werden. Zwei Maskenbildnerinnen vom haben sich in den Schminktopf schauen lassen
In der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November ist es soweit: Halloween, die Nacht der Geister und Hexen, der Monster und Ungeheuer. Da ziehen kostümierte Kinder durch die Stadt, klopfen an die Türen und betteln: „Gib Süßes oder es gibt Saures!“ Bereitwillig erhalten sie dann Süßigkeiten oder andere Präsente – und ziehen von dannen. Doch wie wird aus zumeist harmlos-süßen Kindern ein böser Geist, eine runzlige Hexe oder ein schrecklich-blutsaugendes Monster?
Lina (7), Luisa (8), Filip (8) und Simon (8) haben den aufregenden Versuch gewagt und sich in die Hände von zwei wahren Verwandlungsprofis begeben.
Melitta und Natasha sorgen normalerweise für die Maske der Herren im Theater am Gärtnerplatz. Diesmal haben sie es mit Kinderwünschen für Halloween zu tun – und die sind anspruchsvoll. Lina und Luisa wollen eine Hexe werden, Filip und Simon dürstet es als Vampire nach Blut.
Lina und Simon machen den Anfang: Bald werden sie als kleine Zauberin respektive Graf Dracula von dannen ziehen. Aber das dauert noch.
Beide erhalten erst mal eine helle Grundierung. Für Lina hat Melitta ist eine grüne Farbe ausgewählt, passend zum Kostüm, das tatsächlich an die Heldinnen in dem Film „Die Zauberer von Oz“ angelehnt ist – unterm Strich eine eher niedliche Hexe. Konsequenterweise gibt’s für Lina links und rechts ein Schwänzchen, das mit grüner Farbe aufgepeppt und ebenfalls mit einem Kamm struppig auftoupiert wird. „Das dauert schon ganz schön lange“, quengelt die 7-Jährige ein wenig. Womit sie recht hat. Aber es soll ja nach was ausschauen.
Ihr hellgrün schimmerndes Gesicht erhält grüne Falten um Nase, Mund und Augen. Die Augen dagegen werden lila geschminkt, analog zum lila Muster in dem Kostüm. Voila - fertig. Und? Lina ist begeistert: „Können wir hier jetzt immer zum Schminken hingehen?“ Kaum wieder daheim, so war zu hören, hat sie dann ihre kleine Schwester Sophie erschreckt. Für die 3-Jährige ein fast schon traumatisches Erlebnis ...
Dann ist Simon an der Reihe, den Natasha in einen Blutsauger mit riesigen Zähnen und ordentlich Blut am Kinn verwandelt- so macht er seiner Filmfigur alle Ehre. Insgesamt kommt am Ende ein gutmütiger, junggebliebener Blutsauger heraus: Groß und lang gezogen die Brauen, tiefe, mit schwarzem Konturenstift in die Wange gemalte Furchen. „Total cool“, ist der Achtjährige über sein neues Ego begeistert. Süßes ist für ihn eh nicht so wichtig. „Hauptsache: Leute erschrecken!“, sagt Simon.
Und weiter geht’s. Filip, der beste Kumpel von Simon, und Luisa sind dran. Beide mit zunächst eher skeptischer Mine. Bei Filip wird zuerst das Haar vampirgerecht zurückgegelt, dann das Gesicht hellblau grundiert. Ein alter Vampir soll er werden, und natürlich Furcht einflößend. Doch noch fragt sich der Beobachter, wie aus dem hübschen Buben ein ergrauter Transsylvanier werden soll.
Es geht. Allein die bläuliche Farbe bewirkt eine enorme Veränderung: Die Wangen wirken plötzlich hohl, Stirn- und Kinnpartie treten zurück. Anschließend nimmt sich Melitta die Augen und die Lippen vor. Die Farben bleiben brau-grau, schnell erhält Filip einen düsteren Touch. Melitta schminkt Falten und gibt dem Gesicht mit hellen und dunklen Farbaspekten Tiefe, so dass Filip unter ihren Händen Jahr um Jahr zulegt. Er ist ein echter Blutsauger, keine Frage. Als letzten Schliff erhält er aufgemalte Zähne und Blutspuren – sowie die typische dreieckige Stirnfrisur.
Das Ergebnis ist ein Traum – ein echter Halloween-Albtraum.
Auch bei Luisa ist die Verwandlung gewaltig, denn, das ist völlig klar, als Hexe soll sie ebenfalls alt und gemeingefährlich aussehen. Sie erhält ebenfalls eine blasse Grundierung. Anschließend umrandet Natasha Linas Augen großflächig dunkel, auch der Mund erhält eine farbintensiv Ummalung.
Alle Farben sind übrigens abwaschbar – bei dieser Gelegenheit ein sicher beruhigener Einwand für die manchmal besorgt dreinblickenden Vampir- und Hexen-Väter, die die Verwandlungen ihrer Süßen gebannt verfolgen.
Auch Luisa wird immer faltiger, bei ihr dominieren die Farben braun und schwarz. Wieder ist es ganz erstaunlich zu beobachten, wie wenige Striche ein so junges Gesicht altern lassen.
Ein guter Tipp: Dunkle Farben heben Gesichtskonturen hervor, helle Farben setzen zurück. Gerade für die hager wirkenden Vampir-Jünglinge ist die helle Wangenfarbe daher unerlässlich.
Für Luisa – und das ist die Krönung für eine bitterböse Hexenmeisterin – gibt es noch eine wild auftoupierte Mähne. Dafür nimmt sich Natasha einfach Strähne für Strähne vor und fährt mit dem Kamm gegen den Strich. Dann Haarspray, schon steht neben Filip, dem Vampir, Luisa, die Hexe.
Nebeneinander aufgereiht sehen die Hexen und Vampire einfach umwerfend aus. Umwerfend komisch finden die U-Bahn-Fahrgäste das Outfit der kleinen Plagegeister. 28 wurden von ihnen erschreckt. Häufigste Reaktion: „Ja, is denn heut’ schon Halloween?“
Tina Schlegel