Schadenersatz in Millionenhöhe wegen Ärztefehlern
MÜNCHEN - AOK: Jeder siebte Verdachtsfall erhärtet sich – doch freie Gutachter gibt es kaum
Die Summe ist gewaltig: Rund 40 Millionen Euro hat die AOK-Bayern in den vergangenen zehn Jahren als Entschädigung bekommen. Bezahlt wurde diese Summe von Ärzten und Kliniken, denen Behandlungsfehler nachgewiesen werden konnten.
Und damit nicht genug: Weitere 40 Millionen Euro wurden bei Pfusch-Medizinern eingefordert, schätzt die AOK nach einer aktuellen Bilanz, die am Donnerstag in München vorgestellt wurde. Erstritten haben sich das die Patienten selbst vor Gericht, indem sie auf Schadenersatz und Schmerzensgeld klagten. Die Prüfung wird dabei immer besser, betont Helmut Platzer, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse: Die Quote der Fälle, in denen sich ein anfänglicher Verdacht auf einen Behandlungsfehler schließlich erhärtet, sei „sehr hoch“.
Vor mittlerweile zehn Jahren hat die AOK-Bayern ein System eingeführt, bei dem Behandlungsfehler entdeckt und eingeklagt werden können. Seitdem seien 3130 Fehlbehandlungen – sowohl bei niedergelassenen Ärzten als auch bei Krankenhäusern – nachgewiesen worden, sagte Platzer gestern. Umgerechnet sei rund das jeder siebte der etwa 21 400 Verdachtsfälle, die Patienten der AOK Bayern gemeldet haben.
Die Kasse unterstützt die Patienten mit dem Fehlermanagement-System unter anderem, indem sie kostenlose Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Auftrag gibt. So können die Behandlungsfehler nachgewiesen werden.
Die Münchner Ärztin und Rechtsanwältin Monika Günther-Aschenbrenner beklagt aber gleichzeitig, dass Patienten weiterhin große Probleme hätten, solche unabhängigen Gutachter zu finden. Von den Ärzten, die Gutachten erstellen, haben ihrer Einschätzung nach „die Hälfte bis zwei Drittel nicht die notwendige Objektivität“ – der Pfusch bleibt unentdeckt oder wird vertuscht.
Der AOK-Verwaltungsrats-Vorsitzende Fritz Schösser forderte von Ärzten und Kliniken jetzt eine „neue Fehlerkultur“. Es habe sich zwar schon vieles gebessert, sagte Schösser. Doch die Strategien, damit Fehler möglichst gar nicht erst passieren, könnten noch ausgebaut werden.
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