Sandra (9): Todessturz in der Kletterhalle
MÜNCHEN - Tödliches Ende eines Ferien-Spaßes: Beim Sturz von einer Kletterwand ist ein neunjähriges Mädchen in München ums Leben gekommen. Der Vater einer Freundin hatte das Kind gesichert. Die Unglücksursache ist unklar.
Sandra hatte sich so auf diesen Ferien-Tag Freude: Am Dienstagnachmittag fuhr sie mit ihrer Freundin und deren Vater in die Kletterhalle „Heavens Gate“ am Ostbahnhof. Dort wollten die Mädchen herumkraxeln und spielen – Spaß eben, ein Osterausflug. Doch Sandra starb an diesem Tag. Sie war neun Jahre alt.
Gegen 17.15 Uhr kletterte Sandra die 30 Meter hohe Kletterwand hinauf. Unten wartete ihre gleichaltrige Freundin, wohl eine Klassenkameradin, und deren Vater (41) auf sie. Der sicherte das Mädchen aus Untersendling mit einem Seil. Er hatte beide zu dem Ausflug mitgenommen. Als Sandra wieder auf 20 Meter hinuntergestiegen war, rutschte sie ab. Sie fiel zwei Meter, schrie – und hing in der Luft.
Plötzlich fiel sie ein zweites Mal
Der Vater ihrer Freundin hielt sie am Seil fest. Plötzlich fiel Sandra ein zweites Mal – diesmal ganz nach unten, 18 Meter tief. Ihr kleiner Körper prallte auf die Matten am Fuß der 30 Meter hohen Kletterwand. Sandra brach sich mehrere Knochen, erlitt ein offenes Schädel-Hirn- Trauma. Der Kindernotarzt konnte sie wiederbeleben und brachte sie in die Klinik – vergebens:
Die Kleine starb wenig später an ihren schweren Verletzungen. Sandra ist der erste Mensch, der in München beim Klettern in einer Halle gestorben ist. Aber warum?
Gutachten soll Ursache klären
Ein Materialfehler war es laut ersten Untersuchungen der Polizei nicht. Spezialisten der Alpinen Einsatztruppe Rosenheim untersuchten am Mittwoch die Halle – sie fanden nichts. Auch der Betreiber von Heavens Gate, Andreas Feile, beteuert: „Haken, Seil und Gurt sind nicht kaputt gegangen.“ Ein Gutachten soll diese Fragen endgültig klären.
Es gibt zwei weitere Szenarien. Das erste: Der Familienvater ließ das Seil los. Das zweite: Der Knoten, der das Sicherungsseil mit Sandras Klettergurt verband, ging auf. „Als sie am Boden lag, hing das Seil nicht am Gurt“, sagt Andreas Feile dazu. Er war in der Halle als einer der ersten bei Sandra. Mehr will er dazu nicht sagen. Seine Halle war am Mittwoch geschlossen.
Kenntnisse nicht vorausgesetzt
Starb Sandra durch menschliches Versagen? Laut dem Sicherheitsexperten des Deutschen Alpenvereins, Christian Semmel, passieren „99,5 Prozent“ aller Kletterunfälle aus diesem Grund. Was wirklich geschah, weiß wohl der 41-Jährige am besten. Die Polizei konnte ihn noch nicht vernehmen. Er wird wie Sandras Eltern psychologisch betreut. Niemand weiß, ob er Klettererfahrung hat.
Bei Heavens Gate muss man kein Können nachweisen – wie in den meisten Kletterhallen. Jeder klettert auf eigene Gefahr. Einweisungen oder Kontrollen der Kunden gibt es bei Heavens Gate laut Andreas Feile ebenfalls nicht. Und das wird wohl auch so bleiben: „Wir wissen nicht, was der Grund für diesen tragischen Unfall war“, sagt Feile. Am Donnerstag soll die Kletterhalle wieder öffnen.
Thomas Gautier
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