Sand bringt Bahn auf Trab

MÜNCHEN - Neue Besandungsanlagen an den Zügen sollen für weniger Verspätungen im Herbst sorgen – die S-Bahn investiert 42 Millionen Euro. Die Zusatzzüge für die S8 entfallen ab 13. September
Es klingt archaisch: 240 Gramm Quarzsand sollen die S-Bahnen schneller und zuverlässiger machen. Für 42 Millionen Euro – so viel kosten die neuen Besandungsanlagen an den Zügen. Damit will man das Schmierfilm-Problem, das die S-Bahn jeden Herbst zum unzuverlässigen Verkehrsmittel macht, endgültig aus der Welt geschaffen. Die Zusatzzüge der S8 werden aber auch diesen Herbst nicht fahren.
Blätter, Staub und Nieselregen – auf den Gleisen bildet sich daraus eine Schmierschicht, die den Bremsweg der Züge erheblich verlängert. Deshalb hat das Eisenbahnbundesamt die Züge im Herbst von 140 auf 125 oder gar 100 Stundenkilometer gedrosselt. Verspätungen sind deshalb jeden Herbst die Regel – das soll jetzt anders werden. Zu den Besandungsanlagen an Vorder- und Hinterachse, die längst Standard sind, werden an vier weiteren Achsen Sandanlagen eingebaut werden. Im Falle einer Notbremsung wird Sand in 30 Gramm Dosen gezielt auf die Schiene geschleudert. schon hat das Rad wieder Griff. In München wird das System zum ersten Mal eingesetzt.
„Für 105 von 238 Fahrzeugen haben wir den Zulassungsbescheid“, verkündet S-Bahn-Geschäftsleiter Bernhard Weisser stolz, „die Züge sind auch bereits vorgerüstet“. Das heißt: Am 13. September, wenn für die S-Bahn der Herbst beginnt, werden die umgebauten Züge auf den Linien S1, S4 und S6 mit Höchstgeschwindigkeit fahren können. Auf allen übrigen Linien müssen sich die Zugführer an die Beschränkung halten. „Verspätungen im Minutenbereich sind hier noch zu erwarten“, erklärt der S-Bahn-Chef.
Um einen Puffer auf der Stammstrecke zu bekommen, wo die Züge zu den Stoßzeiten im 2-Minuten-Takt abgefertigt werden, entfallen ab 13. September stündlich drei Verstärkerzüge der S8. Bisher konnten Pendler aus Germering und Weßling morgens und nachmittags alle 10 Minuten in die Stadt fahren. Das wird diesen Herbst nicht mehr möglich sein. „Letztes Jahr waren es allerdings noch sechs Züge pro Stunde weniger im Tunnel, weil die S7 am Hauptbahnhof wendete“ , erklärt Weisser. Aus logistischen Gründen sei es auch nicht möglich, die Zusatzzüge in Pasing wenden zu lassen. Längere Züge sollen den Pendlerstrom abfangen. Am 12. Dezember fahren die Züge dann wieder normal. Eis und Kälte beeinflussen zumindest die Bremswege nicht.
Ob bei den Nachrüstungskosten auch der Hersteller beteiligt wird, dazu wollte sich Weisser nicht äußern. So ist noch unsicher, inwieweit die Fahrgäste letztendlich mit höheren Preisen die Umrüstung bezahlen.
J. Jauernig