S4 wird nicht bis Haar verlängert – das sind die Gründe

München - Die S4 wird nicht bis Haar verlängert: Die Stadträte Hans Peter Mehling und Sebastian Schall (CSU/Freie Wähler) hatten im Sommer darauf gedrängt, alle bislang in Trudering endenden Züge der S-Bahn-Linie 4 bis Haar durchfahren zu lassen. Jetzt erreichte sie die Absage.
Mobilitätsreferat: Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) ist zuständig
Die Stadt wies darauf hin, dass das Thema nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates oder als laufende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters falle, sondern in den operativen Geschäftsbereich der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG): "Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich."
Das Mobilitätsreferat bezieht sich in seiner ausführlichen Stellungnahme auf drei Antwortschreiben. Die AZ fasst die wichtigsten Punkte in der Argumentation der BEG zusammen.
Betrieblich ist demnach eine Verlängerung der in der Regel als S4 bis Trudering verkehrenden Taktverstärkerzüge nach Haar grundsätzlich machbar: Allerdings rechtfertigt die Nachfrage des Ost-Astes der Linien S4 und S6 nach BEG-Angaben keinen ganztägigen Zehn-Minuten-Takt über Trudering hinaus.
BEG befürchtet "Präzedenzwirkung"
"Diese lag mit rund 34.000 Reisenden montags bis freitags vor Beginn der Corona-Pandemie im Mittelfeld derjenigen Linienäste, bei denen ein Zehn-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit (HVZ) angeboten wird", heißt es. Die BEG befürchtet "eine Präzedenzwirkung" und verweist angesichts der "beschränkten Verfügbarkeit von Fahrpersonal und Fahrzeugen und in Anbetracht der Finanzierungssituation" darauf hin, dass bei solchen Planungen Prioritäten gesetzt werden müssten.
Mit der geplanten Umsetzung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke werde dann das S-Bahn-Angebot in Richtung Ebersberg deutlich ausgeweitet: "Vorgesehen ist ein täglicher und ganztägiger 15-Minuten-Takt der S4 bis Zorneding. Hinzu kommt eine im 30-Minuten-Takt verkehrende Express-S-Bahn mit Halten unter anderem in Haar und Trudering."
Eine Verlängerung der bislang in Trudering endenden S-Bahn-Fahrten ist laut BEG über Trudering hinaus nach Haar "fahrplantechnisch zwar theoretisch möglich", dagegen sprechen demnach aber sowohl die fehlende verkehrliche Notwendigkeit als auch der zusätzliche Fahrzeugbedarf bei der S-Bahn München von zwei Triebwagen.
BEG: Züge mit drei Triebwagen können das Wendegleis Haar nicht nutzen
"Diese stehen gegenwärtig im Fahrzeugumlauf nicht zur Verfügung, da dann die vorgeschriebenen Wartungs- und Reinigungsintervalle im Betriebswerk München-Steinhausen nicht mehr eingehalten werden können", heißt es in der BEG-Stellungnahme.
Problem: Nur aus zwei Triebwagen gebildete S-Bahn-Vollzüge könnten in Haar wenden. Auf dem West-Ast der hauptsächlich in Trudering wendenden S4 würden allerdings des öfteren Züge mit drei Triebwagen benötigt: "Züge mit dieser Länge können das Wendegleis Haar nicht nutzen."
"Grundsätzlich bedeutet jede zusätzliche Zugfahrt Mehrkosten", argumentiert die BEG. Mit Blick auf die Beschränkungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Coronavirus haben sich die Fahrgeldeinnahmen in einem Maße reduziert, das auch nicht durch Sonderzuweisungen ausgeglichen werden kann."
BEG verweist auf schwierige Finanzsituation
Die Finanzierungssituation für die Bestellung zusätzlicher Angebote im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) beurteilt die BEG als "sehr angespannt".
Auf dem West-Ast könnten die Fahrzeiten der S4 zudem nicht ohne Weiteres geändert werden, weil die Bahnstrecke München–Geltendorf – hier stehen der S4 keine eigenen Gleise zur Verfügung – überlastet sei.