S-Bahn-Stammstrecke: Die zweite Röhre kommt

14 Kilometer lang und 2 Milliarden Euro teuer: Der Landtag beschließt die Entlastung der alten Stammstrecke. Im Sommer 2011 soll mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die AZ klärt alle Fragen.
von  Abendzeitung
Mit riesigen, sogenannten Schildvortriebsmaschinen werden sich die Bauarbeiter ab 2011 durch den Münchner Untergrund fräsen.
Mit riesigen, sogenannten Schildvortriebsmaschinen werden sich die Bauarbeiter ab 2011 durch den Münchner Untergrund fräsen. © dpa

14 Kilometer lang und 2 Milliarden Euro teuer: Der Landtag beschließt die Entlastung der alten Stammstrecke. Im Sommer 2011 soll mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die AZ klärt alle Fragen.

MÜNCHEN Schon oft sollte sie gebaut werden, schon mehrfach wurde die Planung verändert. Doch am Mittwoch stimmte der Landtag nach mehr als 15 Jahren Diskussion mehrheitlich für eine zweite S-Bahn-Stammstrecke in München.

Es ist ein ehrgeiziges Mega-Projekt: 14 Kilometer wird der Tunnel lang, 1,9 Millionen Kubikmeter Aushub müssen abtransportiert werden, bis zu zwei Milliarden Euro soll die Röhre kosten. Sechseinhalb Jahre wird gebaut. Bis zu den möglichen Olympischen Winterspielen 2018 soll sie fertig sein. München braucht diesen Bypass: Die Stammstrecke ist heute schon an der Kapazitätsgrenze angekommen. Und für den ungebrochenen Zuzug in die Boom-Region München muss der öffentliche Nahverkehr dringend ausgebaut werden. Die AZ klärt die wesentlichen Fragen.

Kommt der zweite Tunnel definitiv? Mit der Zustimmung des Stadtrats und dem Ja des Landtags am Mittwoch hat sich die Politik dafür entschieden. Aber das Geld fehlt noch. Das Land hat seinen Anteil im Haushalt ausgewiesen. Nun muss mit dem Bund verhandelt werden, der den Löwenanteil zahlen soll. Bis Sommer will Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) die Zusage.

Können Klagen das Projekt verhindern? Der größte Widerstand gegen das Tunnelprojekt kommt aus Haidhausen. Das ist Zündstoff. Und es gibt eine Sammelklage von Geschäftsleuten am Marienhof. Laut Bahn richten sich deren Klagen nicht grundsätzlich gegen den Tunnel, sondern gegen Baulärm, Schmutz und Erschütterungen.

Wie verläuft die Röhre? Der Tunnel beginnt an der Donnersbergerbrücke, führt unter dem Hauptbahnhof zum Stachus und am Dom vorbei zum Marienhof. Dann unterm Lehel, südlich des Landtags unter der Isar hindurch und entlang der Inneren Wiener Straße zum Orleansplatz. Vor dem Leuchtenbergring kommen die Züge nach oben.

Wo hält die S-Bahn? Es gibt nur zwei Haltestellen: Hauptbahnhof und Marienhof. Erst waren mehr vorgesehen. Zudem entsteht am Ostbahnhof in offener Bauweise ein neuer S-Bahnhof: 35 Meter unter der Erde. Dort gibt es einen Zugang zum U-Bahnhalt der U5 und zum Ostbahnhof. Am Rondell des Orleansplatz geht es nach oben.

Wie weit ist die Planung? Der 14 Kilometer lange Tunnel ist in drei Abschnitte unterteilt: Donnersbergerbrücke bis Hauptbahnhof, Hauptbahnhof bis Isar und von der Isar bis zum Ostbahnhof. Alle Pläne sind fertig, der zweite Abschnitt ist auch genehmigt.

Wie und wann wird gebaut? Im Sommer 2011 soll mit den Bauvorbereitungen begonnen werden. Sie starten am Marienhof, wenn die Archäologen dort nach alten Stadt-Spuren graben. Ebenfalls 2011 beginnen die Vorbereitungen im Gleisareal am Ostbahnhof und bei der Donnersbergerbrücke.

Der Marienhof wird der wichtigste Teil: Dort wird ein Startschacht gegraben. Ein halbes Jahr geht es dort hoch her. In der Spitzenzeit werden bis zu 200 Lkw am Tag den Aushub fortschaffen und Baumaterial herbeibringen.

Für die Großbaustelle Orleansplatz entsteht die Baustelleneinrichtung auf dem ehemaligen Bahngelände (Orleanshöfe). Der Aushub wird auf der Schiene transportiert. Der Baustellenverkehr fährt über die Berg-am-Laim-Straße.

Der Hauptbahnhof wird die komplizierteste Baustelle: Wesentliche Teile des Empfangsgebäudes müssen abgerissen werden, denn mitten in der Schalterhalle wird für den neuen S-Bahnhof in die Tiefe gegraben. Unklar ist nur, was nach dem Bau passiert: Denn die Bahn kommt mit ihren Neubauplänen für die Schalterhalle nicht voran. Mit der Röhre steigt dort die Zahl der Reisenden von 360000 auf über 420000 täglich.

2012 beginnen die eigentlichen Tunnelarbeiten: 14 Kilometer Großbaustelle. Dann graben sich vier Schildvortriebsmaschinen von der Donnersbergerbrücke und vom Ostbahnhof aufeinander zu. Der Aushub wird hauptsächlich über diese beiden Portale und über die Schiene entsorgt: 1,9 Millionen Kubikmeter. Nur am Marienhof und an den Notausstiegen (der größte ist am Hofbräukeller-Biergarten) geht das per Lkw. Willi Bock

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